SPOX: Die zweite Runde im Super-Six-Turnier gegen Andre Dirrell naht. Es ist Ihr mittlerweile 31. Profikampf. Wie nervös sind Sie noch vor dem Kampf?
Arthur Abraham: Ich bin zwar nervös, aber nicht den ganzen Tag. Es gibt auch Momente, in denen ich mich entspannen kann. Vor allem schlafe ich nachts sehr gut.
SPOX: Der Kampf wurde zweimal verschoben und einmal verlegt. Wie sehr beeinträchtigt das Ihre Vorbereitung?
Abraham: An sich stört es mich nicht. So hatte ich mehr Zeit, mich vorzubereiten. Ich komme eigentlich immer besser in Form und bin zu hundert Prozent bereit für den Kampf.
SPOX: Der Kampf findet nun in Dirrells Heimatstaat Michigan statt. Ist das ein Vorteil für ihn?
Abraham: Ich war anfangs sehr traurig darüber, dass der Kampf nun in Detroit stattfindet. In Palm Springs gibt es eine große armenische Gemeinde, die nun nicht dabei sein kann. Aber auch in Detroit wird es Armenier geben, die mich anfeuern. Ich werde dort nicht alleine sein. In Detroit hat Dirrell natürlich Heimvorteil und bekommt viel Unterstützung. Aber im Ring sind wir nur zu zweit. Der Rest ist egal.
SPOX: Dirrell ist ein unheimlich schneller Boxer. Ist das ein Problem für Sie?
Abraham: Generell ist jeder Gegner ein Problem, denn jeder hat seine Stärken. Bei Dirrell ist es eben die Schnelligkeit. Ulli Wegner und ich haben uns schon eine Taktik zurechtgelegt. Die werde ich versuchen umzusetzen. Wir wissen, wie wir ihn stoppen können.
SPOX: Gegen Ihren ersten Gegner ist Ihre Taktik aufgegangen. Jermain Taylor ging K.o. und ist anschließend aus dem Turnier ausgestiegen. War das die richtige Entscheidung?
Abraham: Ich habe ihm eine sehr schwere Niederlage zugefügt, von daher ist es die richtige Entscheidung. Er hat einen harten Schlag abbekommen und lag danach mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus. Die Gesundheit geht in diesem Fall vor. Nichts auf dieser Welt ist wertvoller als die Gesundheit. Ich selbst würde in so einer Situation dieselbe Entscheidung treffen.
SPOX: Bisher läuft es für Sie aber rund. Nun haben Sie sich mit Sven Ottke (hier geht's zum Interview mit Sven Ottke) als Sparringspartner vorbereitet. Wie fit ist er denn noch?
Abraham: Für sein Alter ist er sehr fit. Vor allem ist er noch sehr beweglich. Ich möchte mit 60 auch noch so fit sein (lacht).
SPOX: Sie waren früher mal der Sparringspartner von Ottke. Jetzt ist es umgekehrt...
Abraham: Ja, und das ist eine schöne Sache. Für uns beide ist es kein Problem. Er hilft mir durch seine Schnelligkeit sehr in der Vorbereitung auf Dirrell.
SPOX: Möglicherweise auch, was den Trainingsfleiß angeht. Sven Ottke galt immer als Wegners Musterschüler. Sie hingegen brauchen ab und zu mal einen Tritt in den Hintern. Wie oft musste Ulli Wegner Sie in den letzten Wochen treten?
Abraham: (lacht) Das ist eine Angewohnheit von ihm. In seinen Augen bin ich immer faul. Wenn er morgens aufsteht, fängt er schon an zu schimpfen. Egal, was man macht, er schimpft. Ich weiß auch nicht, warum. Aber nach einer Stunde ist es meistens gut. Dann kann man wieder vernünftig mit ihm reden, und auch das Training läuft ohne Probleme ab.
SPOX: Sie haben schon so viel erreicht. Fehlt es Ihnen vielleicht deshalb manchmal an Motivation?
Abraham: Nein, es gibt schon noch so Einiges, was ich erreichen möchte. Es wäre eine große Herausforderung, in den USA noch ein paar große Kämpfe zu machen. Zum Beispiel gegen Kelly Pavlik und Oscar de la Hoya.
SPOX: Es gibt Gerüchte, Sie würden Ihre Karriere im Falle eines Turniersieges beenden.
Abraham: Nein, das werde ich nicht. Nach dem Super-Six-Turnier fängt meine Karriere erst richtig an. Das Turnier ist eine große Werbung für mich und ein guter Start.
SPOX: Was reizt Sie denn mehr am Gewinn des Turnieres? Die Titel, die Sie erringen können, der Ruhm, oder das Geld?
Abraham: An erster Stelle steht ganz klar der Ruhm. Das ist wichtiger als das Geld. Das Geld kommt automatisch, wenn man Erfolg hat und gute Leistungen bringt. Natürlich ist es wichtig, Geld zu verdienen, aber der Spaß und die Freude stehen bei mir im Vordergrund.
SPOX: Was würden Sie sich denn von dem Geld leisten?
Abraham: Ich habe eigentlich schon fast alles gekauft. Aber mein Ziel ist es, irgendwann in Armenien ein Haus zu kaufen und daraus eine Art Wohnheim für Obdachlose zu machen. Und gleich daneben eine Fabrik, in der die Menschen arbeiten können. Ich wünsche mir, dass kein Mensch mehr auf der Straße leben muss.
SPOX: Armenien liegt Ihnen sehr am Herzen und doch zieht es Sie in die USA. Wie wichtig ist es für Sie, sich dort einen Namen zu machen?
Abraham: Natürlich bin ich im Moment in Deutschland noch bekannter und werde auch häufiger auf der Straße angesprochen. Aber inzwischen passiert mir das auch in den USA. Vor allem, seit ich 2008 Edison Miranda in Florida besiegt habe. Ich möchte in Zukunft öfters in den USA kämpfen, denn alle großen Namen haben in Amerika geboxt. Es ist mein Ziel, dort eine Legende zu werden.