Dass dieser Podcast so große Wellen schlagen würde, damit hatte Dennis Schröder nicht gerechnet. Mittlerweile jedoch ist das Chaos bei der deutschen Basketball-Nationalmannschaft perfekt: Fünf Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaft in Asien zog der von Schröder öffentlich angeprangerte NBA-Star Maxi Kleber seine Teilnahme zurück, selbst ein vom Verband hastig einberufener Friedensgipfel konnte daran nichts ändern.Und nun prasselt die öffentliche Kritik auf Schröder ein.
Der 29-Jährige, der in der kommenden NBA-Saison für die Toronto Raptors spielen wird, ist sich aber keiner Schuld bewusst. Schuld sei vielmehr das Zündeln der Medien auf der Jagd nach Klicks, betonte er.
Doch damit liegt Schröder - selbst bei wohlwollendster Betrachtung - weit daneben. Der amtierende DBB-Kapitän hat nicht mit dem Inhalt, sondern auch mit der Art und Weise seiner Kritik einen klassischen Airball fabriziert.
Dennis Schröder: Einsatz und Teamgeist stehen außer Frage
Fangen wir mit dem Positiven an: An Dennis Schröders Einsatzbereitschaft für die deutsche Nationalmannschaft ist absolut nicht zu rütteln. Dafür, wie er sich in einem Sommer nach dem anderen für das DBB-Team ins Zeug legt, im Wissen darum, dass es ihn im schlimmsten Fall in der NBA Millionen kosten könnte, gebührt ihm riesiger Respekt, genau wie seinen Teamkollegen. Wie er sich bei der Heim-EM 2022 präsentierte und Deutschland sensationell zu Bronze führte, war grandios.
Seine Rolle als Kapitän nimmt er offensichtlich sehr ernst. Dabei hat er nicht nur die übrigen deutschen NBA-Stars im Blick, sondern auch die "Kleinen", die in Deutschland und Europa ihre Brötchen verdienen. Sie waren es, für die er im "Got Nexxt"-Podcast Partei ergriff. Dass er sich in seiner Funktion nicht davor scheut, auch mal Kritik zu üben, mal etwas Unpopuläres zu sagen, ist ebenfalls vollkommen in Ordnung. Ebenso wie die Tatsache, dass er nicht nur über vorgefertigte PR-Statements kommuniziert - hoffentlich ändert sich daran auch nichts.
Was das "Commitment" für die Nationalmannschaft angeht, über mehrere Sommer hinaus: Das ist nicht unüblich im Basketball. Bestes Beispiel sind die USA, die nach peinlichen Fehlschlägen vor den Olympischen Spielen 2008 langfristige Zusagen von den Mitgliedern des "Redeem Teams" einforderten - so sollte sich niemand die Rosinen herauspicken, nur kurz zu Olympia reinschneien und dann wieder regelmäßig absagen. Eine Praxis, die sich bewährt hat. Es ist nur recht und billig, dass Ähnliches auch im deutschen Team erwartet wird. Der Mannschaftaspekt ist Schröder hierbei sogar wichtiger als ein potenziell kurzfristiger sportlicher Erfolg - Chapeau!
(Bevor wir zur Kritik kommen: Hier geht es zur ursprünglichen Meldung, hier geht es zum Podcast mit den Original-Aussagen - leider hinter einer Bezahlschranke. Und hier zu Schröders Antwort-Video auf seinem YouTube-Kanal. Hier soll weder "gestreut" noch "Feuer gelegt" werden ...)
Dennis Schröder: Bei Kritik an Maxi Kleber derb verdribbelt
Was Maxi Kleber angeht, hat sich Schröder allerdings derb verdribbelt. Selbst wenn man mit seiner Erklärung mitgeht, dass seine ursprüngliche Aussage "Er hat kein Game" nicht im Sinne von "Kleber kann nix!", sondern als "Er ist ein Rollenspieler mit klar definiertem Profil" zu verstehen ist. Dass Kleber selbst das auch so interpretiert, ist zumindest fraglich.
Schröders Vorwurf jedoch, der Maverick und langjährige Mitspieler von Dirk Nowitzki habe aus fadenscheinigen Gründen abgesagt und sich nicht zum DBB-Team verpflichten wollen, ist hammerhart. "Das ist eine Heim-EM in Deutschland. Was Cooleres gibt es als Sportler fast gar nicht", hatte Kleber vor der Heim-EM 2022 noch betont. Nach einem Playoff-Run bis in die Western Finals mit den Mavs zog er dann kurzfristig zurück. Damals verwies er auf eine "mental und physisch" nötige Pause, in seinem neuen Statement erklärte er zusätzlich, er habe eine Verletzung auskurieren müssen, mit der er in der Postseason gespielt hatte.
Schröder wirft ihm also implizit eine Lüge vor - wenn auch vielleicht unabsichtlich. Die Krux ist allerdings, dass er mit seinen Vorwürfen viel zu leichtfertig zur Hand ist. "Die Stories, die ich gehört habe, waren nur, dass er an seinem Game arbeiten will (ab 2:32 in seinem Video)." Dass er das irgendwo gehört haben wird, soll hier nicht bestritten werden, aber Hörensagen allein ist in einem solchen Fall nicht genug, um verbal so reinzugrätschen.
Zumal er ja selbst betonte, dass es keinen Sinn ergibt. Deshalb hätte er sich selbst die Frage stellen sollen: "Würde ein Maxi Kleber die einmalige Chance auf eine Heim-EM sausen lassen, weil er sich in der Offseason zum Ballhandler im Pick-and-Roll oder zum Post-Up-Spezialisten mausern will? Oder sind die Stories, die ich gehört habe, vielleicht nicht vollständig?"
Dennis Schröder: Als Kapitän auch mal auf die Zunge beißen
Selbst wenn es für Schröder gut begründete Zweifel an Klebers "Commitment" zur Nationalmannschaft geben sollte - was von dieser Stelle nicht beurteilt werden kann: Auch als "Straight Shooter", der sich nicht verstellen will, muss er diese Kritik intern äußern. Er muss zunächst den persönlichen Kontakt zu Kleber suchen, oder zumindest nach der "Explosion" in den Medien direkt mit ihm sprechen, um eventuelle Missverständnisse aufzuklären. Zu einem persönlichen Gespräch kam es aber auch vor Schröders Antwort-Video nicht. Er habe Kleber "Bescheid gegeben", sagt er dort, die wirkliche Aussprache kam erst durch den DBB zustande.
Das muss er als Kapitän einfach cleverer angehen. So hat er dem Team geschadet, selbst wenn er persönlich Kleber nicht vermissen sollte. Von der öffentlichen Schelte an Bundestrainer Gordon Herbert ganz zu schweigen, schließlich kritisierte er auch dessen Nominierungen.
Dass sich Kleber bei der Nationalmannschaft nicht mehr "uneingeschränkt willkommen" fühlt, ist verständlich - selbst wenn es schade ist, dass er nach Schröders Entschuldigung nicht über seinen Schatten springen und seine Absage zurücknehmen konnte. Dieses Feuer haben die Medien ganz sicher nicht gelegt.
Zu einer Führungsrolle gehört, sich selbst im Zweifelsfall zurückzunehmen. Sich auch einmal auf die Zunge zu beißen, im Sinne der Mannschaft. Teamchemie sei ihm als Kapitän wichtig, betont Schröder in seinem Video. Da gibt es jetzt bis zum WM-Start einiges zu reparieren.
Basketball-WM: Die Sieger der vergangenen Jahre
Jahr | Sieger | Zweitplatzierter | Finalergebnis |
2019 | Spanien | Argentinien | 95:75 |
2014 | USA | Serbien | 129:92 |
2010 | USA | Türkei | 81:64 |
2006 | Spanien | Griechenland | 70:47 |
2002 | Jugoslawien | Argentinien | (4:77 |