Zunächst einmal: Dieser Sieg des DBB über die USA ist keine Sensation, das würde der deutschen Mannschaft nicht gerecht werden. Ja, die USA waren Favorit, aber vor diesem Spiel dürfte jedem Beobachter klar gewesen sein, dass Deutschland in dieser Form und bei dieser WM durchaus in der Lage sein würde, den USA mindestens Paroli zu bieten - und genau das tat die Mannschaft in einer Art und Weise, wie wir es noch nie von einem deutschen Nationalteam gesehen haben - auch nicht in den Nowitzki-Jahren.
Es gibt gegen die USA gewisse Regeln, wie man sie bespielt. Tempo rausnehmen, die Sets laufen, die Amis rotieren lassen, bis sie Fehler machen - und auf gar keinen Ball die USA ins Laufen kommen lassen. Und was machte Deutschland? Sie drückten aufs Tempo, ballerten bei der erstbesten Gelegenheit los und ließen sich wie schon vor drei Wochen auf einen Shootout ein.
Und warum? Weil dieses es Team kann. Weil es auf Augenhöhe agiert. Ja, die USA trat hier nicht in Bestbesetzung an und hätte den DBB mit allen Hochkarätern sicherlich geschlagen. Newsflash: Das wäre auch gegen jede andere Nation auf dieser Welt der Fall. Das Entscheidende war, mit welcher Selbstverständlichkeit Deutschland im WM-Halbfinale aufgetreten ist.
DBB-Sieg über die USA: Diese Mannschaft erwartete einen Sieg
Wir diktieren das Tempo, wir drücken unseren Stil durch. Nicht Deutschland, sondern die USA reagierten zuerst. Sie passten sich an, weil sie auf die Länge der Deutschen keine Antwort hatten. Ein Jalen Brunson wurde in Halbzeit eins wie auch der amtierenden Verteidiger des Jahres Jaren Jackson Jr. quasi vom Feld gespielt. Zumindest setzte sie Head Coach Steve Kerr für eine halbe Ewigkeit nicht ein, insbesondere bei JJJ vermutlich ein Fehler.
Die USA kamen nur mit ihrer individuellen Klasse (Anthony Edwards) zurück, das klar bessere Team war Deutschland, das wie aus einem Guss spielte und dem bis dahin besten Defensiv-Team dieses Turniers satte 113 (!) Punkte einschenkte (Fun Fact: Nur der Südsudan und Libanon kassierten in einem Spiel dieser WM mehr!). Und anders als Litauen in der Zwischenrunde gelang das nicht nur mit heißen Shooting von draußen (13/30 Dreier), sondern eben durch schnelle Abschlüsse, kluge Setplays und natürlich Andi Obst, von dem die Amerikaner wohl noch lange schlecht träumen werden.
Es spricht auch Bände, dass Spieler wie Franz Wagner nach dem Spiel sogar noch Haare in der Suppe (Defense) fanden oder dass Coach Gordon Herbert im Interview nur minimale Anzeichen von Emotion zeigte. Diese Mannschaft glaubte an einen Sieg, ja, sie erwartete bei einer Top-Leistung sogar einen solchen.
Es ist auch kein Sieg des Glücks, die USA gehen hier mit 58 Prozent aus dem Feld und 48 Prozent Dreier ins Spiel um Platz 3 - es war ein hochwertiger Schlagabtausch auf dem allerhöchsten Niveau, noch nie fielen in einem WM-Halbfinale mehr Punkte. Es war ein Niveau, welches wir in Deutschland in Sachen Basketball noch nicht gesehen haben. Nicht beim sensationellen EM-Sieg 1993 und auch nicht in den großen Nowitzki-Jahren, als es ebenfalls zwei Medaillen gab.
DBB im Finale: Das beste Spiel der Geschichte
Diese Mannschaft spielt modernen, attraktiven Basketball, der auch international große Anerkennung findet. Dennis Schröder mag der Leader des Teams sein, Franz Wagner der junge Hochbegabte, aber am Ende kommt man immer auf das Team zurück, welches so gut zusammengestellt ist, dass man meinen könnte, hier einer Vereinsmannschaft zuzuschauen.
Nun wartet aber genau solch eine Vereinsmannschaft im Finale - die Serben mit Coaching-Legende Svetislav Pesic - der 1993 die Deutschen zum EM-Triumph führte. Auch sie stehen für tollen Offensiv-Basketball, auch sie sind ein verschworener Haufen und eine funktionierende Einheit. Es ist das Aufeinandertreffen der beiden klar besten Teams dieses Turniers.
Und egal wie es am Sonntag ausgeht: Der DBB hat schon jetzt gewonnen. Dieses Halbfinale war ein Klassiker, ein Spiel mit der Tragkraft des Welp-Winners 1993 oder dem Nowitzki-Jumper 2005 über Jorge Garbajosa gegen Spanien im Halbfinale der EuroBasket. Schaut Euch diese Spiele an und vergleicht sie mit dem heutigen. Aus diesem wird der Obst-Dreier hängenbleiben, letztlich war es aber eine Offensiv-Gala sondergleichen über 40 Minuten. Es kann daran keine Zweifel geben: Das war das beste Spiel, an welchem der DBB jemals beteiligt war (und das auch noch siegreich).
Deutschland - USA 113:111
Beste Werfer: Obst (24), F. Wagner (22), Theis (21) für Deutschland - Edwards (23), Reaves (21) und Bridges (15) für die USA
Basketball WM 2023 | 1. Viertel | 2. Viertel | 3. Viertel | 4. Viertel | Gesamt |
Deutschland | 33 | 26 | 35 | 19 | 113 |
USA | 31 | 29 | 24 | 27 | 111 |