DAZN: Herr Klaasen, bei Ihrer ersten Premier-League-Teilnahme 2009 landeten Sie auf dem neunten Platz. In der laufenden Saison liegen Sie mit drei Punkten auf dem zehnten Platz, am Donnerstag treffen Sie in Rotterdam auf James Wade. Wie sehen Sie Ihre Chancen in dieser Saison?
Jelle Klaasen: Als Erstes will ich den Top acht bleiben und nach der Judgement Night nicht ausscheiden. Danach versuche ich natürlich, das Halbfinale zu erreichen. Ich glaube, ich spiele gut genug, um das auch zu schaffen.
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DAZN: Naturgemäß ist in der Premier League die Qualität enorm hoch. Wer ist in Ihren Augen der Favorit?
Klaasen: Michael van Gerwen natürlich. Er ist bei jedem Turnier der Favorit. Keiner kann sich diese Konstanz richtig erklären. Es ist unglaublich, wie er auf diesem Niveau immer weiter macht.
DAZN: Für den früheren Dominator Phil Taylor ist es die letzte Saison in der Premier League. Was dachten Sie, als Sie von seinem bevorstehenden Karriereende erfuhren?
Klaasen: Er hat Darts groß gemacht und es ist schon komisch, dass er aufhört. Wir können uns alle bei ihm bedanken, dass wir davon leben können. Aber es ist nicht zwangsweise schlecht: Legenden kommen und gehen, in jeder Sportart müssen die Legenden irgendwann abtreten. Ich glaube, dass Taylor noch zehn Jahre an der Spitze stehen könnte, aber wenn er nicht mehr will, soll er auch aufhören. Man muss tun, was man selbst will: Jetzt bekommt er wieder ein Leben. In diesem Jahr kann er noch etwas mehr relaxen und nur die Turniere spielen, die er will. Die letzten 20 bis 25 Jahre hat er sein Leben dem Darts gewidmet und hat nichts anderes gemacht, als Darts zu spielen. Deshalb war das eine gute Entscheidung für ihn.
DAZN: War er anfangs auch Ihr Idol?
Klaasen: Zu dem Zeitpunkt, als ich angefangen habe, kannte ich ihn gar nicht. Aber für alle Spieler aus Großbritannien, die in den letzten 25 Jahren begonnen haben, ist er das Vorbild. Da Michael in den letzten drei, vier Jahren alle Turniere gewonnen hat, ist er für viele junge Spieler vielleicht das Idol.
DAZN: Sie selbst haben sich mittlerweile in der Spitze etabliert und liegen derzeit auf dem neunten Platz der Order of Merit. Haben Sie sich einen Karriereplan zurechtgelegt?
Klaasen: Für mich geht es im Darts immer darum, sich stetig zu verbessern. Ich habe vor einigen Jahren schon gut gespielt, aber dann habe ich eine Zeit lang schrecklich gespielt. Danach habe ich meinen Wurfstil verändert und mich verbessert. Jetzt spiele ich besser als je zuvor. Und ich weiß, dass ich noch besser werden kann.
DAZN: Worin müssen Sie sich noch verbessern?
Klaasen: Wenn ich verliere, liegt das am Fokus. Teilweise denke ich im ersten Leg eines Matches daran, wo ich am Abend essen gehen werde. Es kann vorkommen, dass ich während des Spiels an alles auf der Welt denke - das ist meine Schwäche. Daran arbeite ich und es wird besser.
DAZN: Gibt es auch Bereiche Ihres Jobs, die Sie belasten?
Klaasen: Das Herumreisen ist ermüdend. Man reist jede Woche, speziell für die Spieler, die nicht aus Großbritannien kommen, ist das ein großer Stress. Die Spieler aus Großbritannien haben zumindest bei den Pro-Tour-Events eine kürzeren Anreiseweg, die Spieler aus den Niederlanden oder auch Deutschland müssen hingegen jedes Wochenende fliegen. Der Flug selbst ist nicht so schlimm, der dauert nur eine Stunde. Aber damit ist es ja nicht getan: Anreise zum Flughafen, dort auf den Flug warten und anschließend zum Hotel fahren. Man verbringt viel Zeit mit warten. Ich versuche, die Zeit mit Musik und Filmen zu überbrücken. Das macht keinen Spaß und kann wirklich nerven. Aber ich will nicht jammern: Es ist ein toller Job.
DAZN: Darts wird immer populärer. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Sportart?
Klaasen: Ich denke, Darts ist jetzt professioneller aufgestellt. Das Level steigt stetig, die Spieler werden immer besser und die Veranstalter perfektionieren die Vermarktung. Es gibt viele unterschiedliche Charaktere und jeder Fan kann sich selbst einen Lieblingsspieler herauspicken. Dadurch ist es ein toller Sport zum Anschauen und auch schlechte Matches haben immer einen Reiz. Es kann aus dem Nichts ein High-Finish geben und für die Spieler besteht immer der Druck, kein Break zu kassieren.
DAZN: Worin liegt sonst noch der Reiz des Darts?
Klaasen: Es gibt nicht viele Sportarten, bei denen man seinem Idol so nah kommen kann. Außerdem kann jeder zu Darts-Veranstaltungen gehen, weil es nicht zu teuer ist. Und natürlich herrscht in der Halle eine tolle Atmosphäre.
DAZN: Wie haben Sie die deutschen Fans bisher kennengelernt?
Klaasen: Ich liebe das deutsche Publikum. Im Moment ist Darts in Deutschland am größten, ich glaube, es ist größer als in England und Holland. Es ist unglaublich. Wir haben so viele European-Tour-Events in Deutschland und die Zuschauer sind jedes Mal fantastisch. Ich liebe die Turniere in Deutschland.
DAZN: Trotz der rasanten Entwicklung gibt es immer noch Stimmen, die meinen, dass Darts kein wirklicher Sport sei. Wie geht man als Profi damit um?
Klaasen: Mir ist es egal, was irgendjemand anderes behauptet: Ich weiß, dass es ein Sport ist. Vielleicht ist es nicht so ein physischer Sport wie Tennis, aber vergleichbar mit Snooker. Es geht immer darum, den Fokus zu behalten und die Konzentration hoch zu halten. In meinen Augen ist es schon ziemlich beeindruckend, wenn Spieler drei Pfeile in so ein kleines Feld werfen können. Wenn jemand also sagt, dass es kein Sport wäre, soll er es selbst versuchen.