Darts-WM - Favoritencheck mit Paulke: MvG, Anderson oder John McEnroe?

Michael van Gerwen (l.) und Gary Anderson haben gute Chancen auf den Titel.
© getty

Das Warten hat endlich ein Ende. Heute starte im Londoner Ally Pally die Darts-WM 2019 (alle Sessions live auf DAZN). Wie weit geht es für Max Hopp nach seinen Erfolgen in diesem Jahr? Ist Mensur Suljovic der größte Herausforderer für Michael van Gerwen und Gary Anderson? SPOX und Elmar Paulke machen den Favoritencheck.

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Die deutschen Teilnehmer

Max Hopp (PDC Order of Merit: 32)

Max Hopp geht zum ersten Mal als gesetzter Spieler in eine WM. Diese Entwicklung hätte der 22-Jährige vor einem Jahr wohl selbst nicht erwartet. Aber im Lauf des Jahres 2018 hat es bei Hopp Klick gemacht. Der überraschende Turniersieg bei der German Darts Open in Saarbrücken war für seine Karriere ein Meilenstein. Vor allem die Art und Weise, wie Hopp dort nacheinander Peter Wright, Rob Cross und im Finale Michael Smith schlug, jeweils nach Rückständen, war beeindruckend und hat dafür gesorgt, dass Hopp mit einem völlig neuen Selbstverständnis auf der Bühne steht. Der zweite Turniersieg als Profi Ende September bei der Players Championship 19 in Dublin war so nur eine logische Folge - und der Halbfinal-Einzug bei der European Championship in Dortmund trotz der unglücklichen 10:11-Pleite gegen James Wade ein weiteres Ausrufezeichen.

Hopps Problem ist ganz klar die Auslosung. In Runde 3 würde im Normalfall Michael van Gerwen warten, aber schlimmer: Die Frage ist, ob Hopp überhaupt dorthin kommt. Denn der wahrscheinliche Zweitrundengegner ist mit Danny Noppert ein Mann der Kategorie brandgefährlich. Noppert stand 2017 im BDO-WM-Finale und machte zuletzt mit dem Halbfinal-Einzug bei den Players Championship Finals auf sich aufmerksam.

Elmar Paulke: "Max hat eine tolle Ruhe bekommen auf der Bühne und wirkt sehr aufgeräumt. Er wird auch nicht hektisch, wenn er mal zurückliegt. Es ist erstaunlich, wie sich die Aura eines Spielers mit Erfolgen verändert, auch Max strahlt jetzt etwas ganz anderes aus als im Katastrophen-Jahr 2017. Er hat aus dem Nichts überragende Erfolge gefeiert und mit den Top 32 ein großes Ziel erreicht. Dass der Lohn dafür möglicherweise ein Duell mit MvG ist, ist natürlich nicht so prickelnd, aber das nimmt Max gerne in Kauf. Zu den gesetzten 32 Spielern zu gehören, ist ein Statement. Sollte er Noppert schlagen, kann er völlig frei ins Match gegen van Gerwen gehen - dann bekommen wir hoffentlich unser erstes großes Highlight der WM."

Martin Schindler (PDC Order of Merit: 46)

Zuletzt setzte es für Schindler mit der Niederlage im Youth World Championship Finale gegen Dimitri van den Bergh zwar eine kleine Enttäuschung, dennoch war das Jahr 2018 für den 22-Jährigen ein erfolgreiches. So stand Schindler unter anderem zweimal im Halbfinale eines Players Championship Events. Schindler hat den nächsten Schritt gemacht und will es bei seinem zweiten Auftritt nun auch im Ally Pally besser machen als im vergangenen Jahr bei der Auftaktniederlage gegen Simon Whitlock.

Bemerkenswert bei Schindler: Er ist vielleicht der Deutsche, der schon am meisten bewiesen hat, welches Niveau er spielen kann, wenn er einmal heiß läuft. Bei der Niederlage gegen van Gerwen beim World Cup spielte Schindler einen 110er Average und das war beileibe nicht das einzige Match mit einem Average weit über 100. Sollte Schindler dieses Level auf die große Bühne bringen können, ist einiges drin. Schindler würde bei einem Sieg zum Auftakt gegen den Neuseeländer Cody Harris auf den an 28 gesetzten Waliser und letztjährigen Sensations-Halbfinalisten Jamie Lewis treffen, danach wäre mit Daryl Gurney der erste ganz große Name möglich.

Elmar Paulke: "Ich finde Martins Entwicklung sehr gesund. Er spielt sich Schritt für Schritt nach oben und gibt sich die Zeit, die er braucht. Wir haben bei Mensur Suljovic schön gesehen, dass es gut ist, wenn die Erfolge nicht zu schnell kommen, sondern eine kontinuierliche Weiterentwicklung stattfindet. Ich habe es eine Zeit lang vermisst, dass wir einen Deutschen haben, der mit ganz hohen Averages andeutet, was er draufhat. Martin hat das in diesem Jahr geschafft. Allerdings mache ich mir etwas Sorgen für die erste Runde. Cody Harris klingt so ein wenig nach Freilos und Martin geht als Favorit ins Spiel, aber dieser Harris ist gefährlich. Der Junge beißt. Ich glaube nicht, dass er den so einfach wegmachen wird."

Gabriel Clemens (PDC Order of Merit: 66)

Clemens ist ein faszinierender Fall. Wer mit ihm spricht, lernt einen sehr sympathischen, zurückhaltenden, ruhigen, etwas wortkargen Industriemechaniker kennen, der im Alter von 35 Jahren so langsam richtig zu spüren scheint, dass er im Darts zu Großem fähig ist. Der vielleicht nicht noch drei Tage in der Woche normal zur Arbeit gehen, sondern alles auf die Karte Darts setzen sollte.

Denn das Potenzial ist unbestritten. Clemens hat im Jahr 2018 von allen Deutschen im Schnitt den besten Average (94.16) gespielt, er liegt insgesamt gesehen sogar nur knapp außerhalb der Top 20. Bei einem Players Championship Turnier erreichte Clemens nach Siegen über Peter Wright und James Wade das Halbfinale, bei einem anderen hatte er im Finale gegen keinen Geringeren als Gary Anderson zwei Matchdarts. Auch bei den Players Championship Finals deutete Clemens mit seinem Achtelfinal-Einzug seine gute Form an, auch wenn die Niederlage gegen Steve Lennon nach klarer Führung bitter war. Es wäre nicht überraschend, wenn Clemens bei der WM Aden Kirk und John Henderson schlagen und in Runde drei auf Michael Smith treffen würde.

Elmar Paulke: "Clemens fühlt sich auf den großen Bühnen noch nicht richtig wohl. Er spielt auf einem extrem hohen Niveau auf der Pro Tour, aber er tut sich noch schwer, das auf die große Bühne zu übertragen. Und jetzt kommt er zum ersten Mal in den Ally Pally, der einfach nochmal eine ganz andere Hausnummer ist. Selbst Mensur hat immer noch einen gewaltigen Respekt vor dem Ally Pally. Wir hatten immer diese Spieler, wie zum Beispiel Terry Jenkins, die auf der Pro Tour sogar Taylor geschlagen, es aber nie bei einem Major geschafft haben. Das ist das große Fragezeichen bei Clemens, der einfach auch ein introvertierter Typ ist. Aber wenn es ihm gelingt, sein Potenzial auch im Ally Pally abzurufen, traue ich ihm viel zu."

Darts-WM: Die Erstrunden-Matches der Deutschen

Deutscher SpielerGegner
Max HoppDanny Noppert (Niederlande)/Royden Lam (China)
Martin SchindlerCody Harris (Neuseeland)
Robert MarijanovicRichard North (England)
Gabriel ClemensAden Kirk (England)

Robert Marijanovic (PDC Order of Merit: 95)

Marijanovic hätte die Qualifikation fast über die Pro Tour geschafft, musste aber dann doch den Umweg über die Super League Darts Germany nehmen. Sein 10:6 im Finale gegen Dragutin Horvat sicherte dem 38-Jährigen das dritte WM-Ticket seiner Karriere. Zweimal war er bereits für Kroatien am Start, nun tritt der Robstar zum ersten Mal unter deutscher Flagge im Ally Pally an.

In der ersten Runde wartet mit Richard North ein Gegner, der einen Schritt weiter ist als Marijanovic. Der mehr Erfahrung auf der großen Bühne besitzt und schon große Namen geschlagen hat. Marijanovic wird als leichter Außenseiter in die Partie gehen, aber er kann North packen.

Elmar Paulke: "Ich habe Robert zuletzt als Co-Kommentator an meiner Seite gehabt und erst dabei so richtig gemerkt, was er für ein Darts-Nerd ist. Er war einer der Jungs, die sich in den 90er Jahren Video-Kassetten schicken ließen von irgendwelchen Szenen, er lebt gerade seinen großen Traum. Er hat es geschafft, Darts mit seinem Beruf als Abteilungsleiter einer Maschinenfabrik für Solarenergie gut zu kombinieren und nimmt es sehr ernst. Er ist sehr fleißig. Und sehr neugierig. Er hat Spaß, auf der Tour zu sein und scheut sich auch nicht davor, jeden anzuquatschen. Sogar mit Phil Taylor hat er sich schon unterhalten. Robert ist ein klasse Typ."

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