Darts - Gabriel Clemens im Interview: Hass-Nachrichten? "Ich hatte das Bedürfnis, darauf aufmerksam zu machen"

Gabriel Clemens ist Deutschlands größte Darts-Hoffnung bei der WM.
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Wer an die letzte WM denkt, denkt natürlich an Ihre dramatische Niederlage im Achtelfinale gegen Krzysztof Ratajski.

Clemens: (lacht) Also ich denke gar nicht mehr daran.

Wirklich nicht?

Clemens: Nein, ehrlich nicht. Das mag sich komisch anhören, aber ich bin einfach ein sehr pragmatisch veranlagter Typ. Das Match gegen Ratajski war ein Match, bei dem beide wahnsinnig viele Chancen auf den Sieg hatten und einer von beiden hat am Ende getroffen. Für mich war die Niederlage schon nach dem Rückflug abgehakt. Genauso ist es aber auch bei Erfolgen. Sobald das Match vorbei ist, schaue ich nach vorne und fokussiere mich auf das nächste Duell, egal wie dramatisch, positiv oder negativ es war. So bin ich einfach.

Was aber interessant ist: Seit Ende August haben Sie in Decidern einen enorm starken Average von 104.27, in allen anderen Legs steht der Average bei 91.95. Kein Spieler auf der Tour hat so eine enorme Verbesserung in solchen Drucksituationen zu verzeichnen.

Clemens: (lacht) Das war mir gar nicht bewusst. Aber es zeigt vielleicht auch hier, dass sich meine Arbeit mit meinen Mentalcoaches auszahlt und ich es dadurch geschafft habe, in entscheidenden Momenten cool zu bleiben und sogar noch einen Tick besser zu spielen. Wobei es mir auch recht wäre, wenn ich den Decider öfters vermeiden würde, so wie zuletzt bei den Players Championship Finals gegen Steve Beaton. Da muss ich einfach den Sack früher zumachen, daran muss ich auf jeden Fall auch arbeiten.

Sie stehen jetzt konstant in den Top 32. Wo soll es 2022 hingehen?

Clemens: Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit meiner Entwicklung. Der Weg geht weiter Schritt für Schritt nach oben, ich bin jetzt ein gutes Jahr konstant in den Top 32 und habe meine Position gefestigt. Das erste Ziel ist erstmal, dass das so bleibt. Ich sage jetzt nicht: Aber nächstes Jahr muss ich die Top 16 knacken. Ich bin zufrieden mit dem, was ich bisher erreicht habe. Das heißt aber überhaupt nicht, dass ich mich darauf ausruhe. Ich arbeite weiter sehr hart an meinem Spiel und dann bin ich selbst gespannt, wie weit es noch für mich nach oben geht.

Clemens: "Hass-Nachrichten sind zur Gewohnheit geworden"

Für Darts-Deutschland geht es auf jeden Fall konstant nach oben. Mit Fabian Schmutzler haben wir jetzt völlig überraschend einen 16-Jährigen bei der WM dabei.

Clemens: Mit 16 habe ich noch nicht mal Darts gespielt. Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn man mich als 16-Jährigen in den Ally Pally geschickt hätte. Das wäre interessant geworden. Es ist eine ganz tolle Leistung von dem Jungen, dass er sich für die WM qualifiziert hat. Vor allem, dass er es an nur einem Wochenende geschafft hat, weil er vorher noch keine 16 war und gar nicht mitspielen durfte. Jetzt bin ich gespannt, wie er sich im Ally Pally schlägt. Aber sein Beispiel zeigt einfach, wie wir uns in Darts-Deutschland immer weiterentwickeln. Es gibt immer mehr Jugendliche, die nachkommen und auf der Development Tour spielen. Dazu haben wir einen Flo Hempel, der als Neuling auf der Tour schon so stark aufspielt. Martin Schindler spielt auch fantastisch, seitdem er sich die Tourcard zurückgeholt hat. Die Entwicklung ist super, Darts-Deutschland ist weiter im Kommen - das kann man klar so festhalten.

Abschließend: Sie haben letztens auf Instagram öffentlich gemacht, dass Sie auch Hass-Nachrichten bekommen. Was hat Sie dazu bewogen, sich zu wehren und es öffentlich zu machen?

Clemens: Ich muss vorneweg sagen, dass es nur ein kleiner Teil ist. Da darf kein falscher Eindruck entstehen. Ich bekomme ganz viele tolle Nachrichten und tollen Support. Aber genauso ist es leider die Wahrheit, dass Hass-Nachrichten inzwischen zur Gewohnheit geworden sind.

Was steht in diesen Nachrichten drin?

Clemens: Es geht vor allem in die Richtung, dass meiner Familie und mir Krebs oder andere Krankheiten gewünscht werden. Gerade wenn es gegen die Familie geht, hört für mich der Spaß auf. Vor allem, wenn es in der Familie vielleicht schon Krankheitsgeschichten gibt. Und dann bekommt solche Nachrichten. Das macht einen fassungslos und traurig, zumal das ja leider heutzutage wohl in jeder Sportart vorkommt. Ich fühle mich jetzt nicht bedroht. Aber ich hatte das Bedürfnis, darauf aufmerksam zu machen, dass auch in meinem Leben als Darts-Profi nicht immer alles nur eitel Sonnenschein ist. Ich finde es wichtig, das auch mal nach außen zu transportieren.

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