"Wenn wir heute zurückblicken, können wir sagen, dass die Wiedervereinigung im Sport strukturell und auch emotional vollzogen ist", betonte Hörmann. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sei in seiner jetzigen Form das Resultat aller organisatorischen Zusammenschlüsse aus Ost und West. "Pauschal würde ich sagen: Sportdeutschland basiert heute auf einem gesamtdeutschen Sportsystem", meinte der Nachfolger von Thomas Bach an der Spitze des DOSB.
Wie der DOSB-Präsident weiter erklärte, habe der deutsche Sport mit seinen 27 Millionen Mitgliedern wesentlichen Anteil daran gehabt, dass in Deutschland eine friedliche und erfolgreiche Wiedervereinigung gelungen ist.
"Gerade der Sport hat ja den Vorteil, dass es keinen Ost-Elfmeter oder kein West-Foul gibt, sondern dass er nach einheitlichen Regeln funktioniert", betonte Hörmann. Das "gemeinsame Sport-Erleben" habe von Beginn an dazu geführt, dass "neben den faktischen auch die psychologischen Grenzen relativ zügig beseitigt wurden".
Nach wie vor ungeklärt ist die Unterstützung der Doping-Opfer des Sports, die zum größten Teil ein Vermächtnis der DDR sind. Nach zwei Einmalzahlungen forderte der Doping-Opfer-Hilfe-Verein zuletzt von Sport und Politik die Ausstattung eines Akutfonds von bis zu 32 Millionen Euro. "Wir haben auch in den vergangenen Monaten wieder intensiv mit dem Doping-Opfer-Hilfeverein gesprochen, wie wir eine klare und vernünftige Lösung finden", so Hörmann.
Tendenz Einmalzahlung
Auf einen Zeitpunkt der Einigung wollte sich der DOSB-Chef jedoch nicht festlegen lassen. "An dieser Stelle ist es wichtiger, eine tragfähige Lösung zu finden, als schnell irgendeine plakative Antwort zu geben", meinte der frühere deutsche Ski-Präsident. Zu einer dauerhaften Rentenzahlung für die rund 700 Dopingopfer kommt es jedoch wohl nicht. Die Tendenz "geht eher in Richtung Einmalzahlung", sagte der 55-Jährige.
25 Jahre nach der Wiedervereinigung muss der deutsche Sport auch weiterhin Stasi-Fälle bewerten. Hörmann verteidigte die Geiger-Kommission des DOSB, die den in die Kritik geratenen thüringischen LSB-Präsidenten Rolf Beilschmidt freisprach. "Der aktuelle Fall ist wie zahlreiche andere anhand aller Unterlagen sorgfältig geprüft worden", erklärte Hörmann.
Angeblich gingen Hörmann die vielen Negativ-Schlagzeilen nicht nahe, die ihm der Fall Beilschmidt in der Öffentlichkeit eingebracht hatte: "Unsere Aufgabe ist es gerade in solchen Fällen nicht, Emotionen wie Ärger oder Freude zu entwickeln. Diese Vorgänge sind, wie z.B. auch Dopingfälle, sachgerecht und professionell zu bearbeiten."
Auch für die Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 mit Hamburg spiele die Wiedervereinigung immer noch eine Rolle. Ein solch nationales Zukunftsprojekt wie Olympia könne auch eine Generation nach dem Zusammenschluss die Antwort auf die Frage geben, "was eint uns denn im gesamten Deutschland für die nächste Dekade?"
Bokel übernimmt Kuratorium
Derzeit sei die Arbeit um die Bewerbung noch stark auf den 29. November ausgerichtet, wenn die Bürger in Hamburg und Kiel darüber entscheiden, ob sie Olympia wollen. Im Anschluss folge, so Hörmann, die Ausweitung der Arbeit auf die internationale Ebene.
Um dort die notwendige Strahlkraft zu entfalten, will der frühere deutsche Ski-Präsident weitere prominente Personen an Bord holen: "International bekannte Stars wie Dirk Nowitzki sind dabei jederzeit willkommene Botschafter für die Olympia-Bewerbung."
Für die notwendige internationale Vernetzung der Bewerbung soll das sogenannte Kuratorium sorgen, das neben Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat installiert wurde.
Geleitet werden soll das Gremium von IOC-Athletensprecherin Claudia Bokel, die auf internationale Ebene Kontakte zu Wirtschaft, Politik oder Kultur knüpfen soll. Hörmann: "Als weltweit ranghöchste Athletensprecherin weiß sie, wie man die internationale Sportfamilie ansprechen muss."