Baumann will Anti-Doping-Revolution

SID
Dieter Baumann will den Kampf gegen Doping reformieren
© getty

Leichtathletik-Olympiasieger Dieter Baumann fordert eine weitreichende Reform im Kampf gegen Doping und will diesen aus dem Sport auslagern.

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"Aus meiner Sicht kann es nur einen Ausweg geben: Man muss dem Sport den kompletten Anti-Doping-Kampf entziehen, weil der Sport jegliches Vertrauen verspielt hat und völlig unglaubwürdig ist", sagte der 51 Jahre alte Tübinger den Stuttgarter Nachrichten.

"Es gibt unter den Protagonisten niemanden mehr, dem man trauen könnte. Von den Kontrolleuren über die Anti-Doping-Agenturen und Sportfunktionäre bis, so denke ich, bis zu den Schiedsgerichten - überall gibt es ganz offensichtlich die Möglichkeit, Leute zu kaufen", sagte Baumann, der 1992 in Barcelona Olympia-Gold über 5000 m geholt hatte.

Und Baumann weiter: "Überall sitzen Lobbyisten aus den Sportverbänden und der Politik, die Einfluss nehmen, und das oft nicht im Sinne eines fairen, sauberen Sports."

Kritik am Staat, nicht den Sportlern

Baumann kritisierte, dass "man die Athleten in der Rechtsfindung einem solch korrupten System" überlasse: "Der Gang vor ein ordentliches Gericht muss gewährleistet sein. Andererseits laufen Leute herum, die - ohne mit der Wimper zu zucken - Millionen von Euro an der Gesellschaft vorbei irgendwo hinschaffen. In diesen Bereichen passiert so gut wie nichts, der Schaden ist weit höher. Das passt nicht zusammen. Wir müssten über Doping viel sachlicher diskutieren, ohne diese Stigmatisierung."

Im Falle der russischen Leichtathletik, der nach massiven Doping- und Manipulationsvergehen der Olympia-Ausschluss droht, zeigte sich Baumann mit den Sportlern solidarisch: "Das russische System des Staatsdopings gehört an den Pranger, aber nicht der Athlet. Weil sie im russischen System des Staatsdopings keine Möglichkeit haben, nicht mitzumachen. Sonst sind sie draußen. Ohne Förderung. Ohne Wettkämpfe. Der Druck auf die Athleten in einem Land mit einer Staatsform wie in Russland ist enorm groß. Sie sind das schwächste Glied."

Baumann geht davon aus, "dass wir zwar russische Sportler in Rio sehen werden, aber vermutlich keine Leichtathleten. Das Tor in diese Richtung ist doch schon lange auf, und das wäre auch eine diplomatische Entscheidung, die Thomas Bach seinem russischen Freund Wladimir Putin gut verkaufen könnte."

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