Rebekka Haase raste mit dem Sprint ihres Lebens dem Wunder von Eugene entgegen, Gina Lückenkemper schrie ihre Staffelfreundin wild hüpfend in Richtung Ziel: Mit einem überraschenden Bronze-Coup hat die famose Frauenstaffel das deutsche Team erlöst und für die erste Medaille bei dieser bislang so enttäuschenden WM gesorgt.
"Es ist unglaublich, ich bin unfassbar stolz auf uns alle", sagte Schlussläuferin Haase, die mit einem Traumrennen am Ende packender 4x100 m nach Vorarbeit von Tatjana Pinto, Alexandra Burghardt und Gina Lückenkemper die heranstürmende Konkurrenz auf Distanz hielt: "Ich wusste, was mein Job ist - schepper' das Ding einfach runter."
Und wie die Sächsin das Tat: "Das sah so geil aus", sagte Lückenkemper, nachdem Haase das DLV-Quartett nach 42,03 Sekunden hinter den USA (41,14) und Jamaika (41,18) in den Heimathafen gelaufen hatte: "Als ich Becki den Stab in Hand gedrückt habe, wusste ich, was möglich ist. Ich habe so einen Adrenalinschub bekommen, dass ich am liebsten Hand in Hand mit ihr weiter gestürmt wäre."
Eigentlich war die deutsche Medaillenchance für den fixen Vierer nicht die allergrößte gewesen. Auch wenn Auftaktläuferin Pinto nach dem Rennen meinte: "Als ich am Start stand, war das für mich klar. Wir waren mental auf diese Bronzemedaille vorbereitet."
"Das ist ein Erfolg, den wir nur zusammen erreichen konnten"
Dass die USA und Topfavorit Jamaika den Sieg unter sich ausmachen würden, schien in Stein gemeißelt. Dahinter war aber Großbritannien um Ex-Weltmeisterin Dinah Asher-Smith der erste Bronzekandidat - doch Asher-Smith verletzte sich an Position drei, die Britinnen kamen nur als Sechste ins Ziel. Die Tür war offen für die Deutschen - und sie stürmten hindurch.
"Ich habe zugeschaut. Ich freue mich mega für die Mädels", sagte Speerwerfer Julian Weber, der eigentlich der größte deutsche Medaillenanwärter war und parallel seinen Wettkampf bestritt, in dem er unglücklicher Vierter wurde: "Das hat mich eigentlich auch gepusht, aber ich konnte die Energie leider nicht mitnehmen."
Reichlich Energie hatten dafür die vier deutschen Sprinterinnen, die mit ihren dicken Medaillen um den Hals stolz durch die Mixed Zone tollten. "Wir haben uns endlich belohnt", sagte Burghardt.
Zuletzt hatte eine Frauen-Staffel 2009 bei der Heim-WM in Berlin eine Medaille geholt (ebenfalls Bronze), da war noch keine der vier Eugene-Sprinterinnen dabei. In den vergangenen sieben Jahren bildete diese aber das jetzige Erfolgsteam - vor allem Pinto (30), Haase (29) und Burghardt (28) mussten bis ins reife Sprintalter auf den erlösenden Erfolg warten, Lückenkemper (25) war schon als Teenager dabei. "Das ist ein Erfolg, den wir nur zusammen erreichen konnten", sagte Lückenkemper.