Tadej Pogacar legte seine Maske in den Siegerpokal, reckte die Trophäe in den sonnigen Pariser Abendhimmel und sang im Gelben Trikot voll Stolz die slowenische Nationalhymne. 301 Tage nach seinem ersten Sensations-Coup stand der 22-Jährige als jüngster Zweifach-Champion der Tour-Geschichte erneut ganz oben auf dem Podest der Frankreich-Rundfahrt.
"Danke an alle, die uns unterstützt haben, an alle Franzosen und Radsport-Fans in der Welt", sagte Pogacar am Sonntag im Schatten des Arc de Triomphe: "Ich werde nicht weinen. Es war ein schwieriges Jahr mit der Pandemie. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr ohne Maske hier sein können."
Zweifel an seiner erfolgreichen Titelverteidigung waren spätestens seit den Alpen vor zwei Wochen kaum noch zu vernehmen. Zu dominant, zu überlegen agierte der Jungstar des Teams UAE Emirates. Am Ende gewann er auch das Bergtrikot sowie das Weiße Trikot des besten Jungprofis. Der junge Däne Vingegaard (Jumbo-Visma/+5:20) und Richard Carapaz (Ineos/+7:03) aus Ecuador komplettierten das Podest.
Bevor Pogacar dort alle überstrahlte, rasten die Sprinter ein letztes Mal ins Rampenlicht. Dabei verpasste der Mark Cavendish Denkwürdiges. Der Brite vom Team Deceuninck-Quick Step wurde hinter den Belgiern Wout van Aert (Jumbo-Visma) und Jasper Philipsen (Alpecin-Fenix) Dritter.
Tour de France: Cavendish verpasst Rekord
Mit einem Sieg wäre "Cav" zum alleinigen Rekord-Etappensieger aufgestiegen. Den Bestwert teilt er sich nun weiter mit Belgiens Rad-Ikone Eddy Merckx (beide 34 Siege). Der 39-jährige Andre Greipel (Israel Start-up Nation) beendete seine Tour-Laufbahn mit einem starken fünften Platz.
Pogacar rollte dahinter locker und als verdienter Gesamtsieger über die Ziellinie. Er attackierte in den Alpen, überwand eine minimale Schwäche am Mont Ventoux und ließ in der Hitze der Pyrenäen nichts mehr anbrennen. Zudem blieb Pogacar - anders als seine im Vorfeld hoch gehandelten Rivalen Geraint Thomas und Primoz Roglic - von schweren Stürzen verschont.
"Es ist unglaublich. Ich genieße den Moment", sagte Pogacar vor seiner "Tour d'Honneur" in Frankreichs Hauptstadt. Das Maillot jaune wurde dabei traditionell nicht mehr attackiert. Er posierte mit seinen Teamkollegen für die Kameras, dann fuhr er an der Seite der weiteren slowenischen Fahrer. Dabei hielten Pogacar sowie der zweimalige Etappensieger Matej Mohoric die Startnummer "11" des in den Alpen ausgestiegenen Mitfavoriten Primoz Roglic in die Höhe.
Im vorentscheidenden Einzelzeitfahren am Samstag war Pogacars Gesamtsieg nicht mehr in Gefahr geraten. Dem Radsport-Wunderkind genügte auf den 30,8 km nach Saint-Emilion eine Fahrt ohne volles Risiko. Pogacar wurde beim Tageserfolg von Allrounder van Aert, der auch die Bergetappe am Mont Ventoux gewonnen hatte, Achter und verteidigte seinen Vorsprung damit ohne Mühe.
Greipel beendet seine Karriere
Den Gang auf das Podest hatte sich auch Cavendish mit seinem zweiten Gewinn des Grünen Trikots verdient. Dass er am Sonntag am alleinigen Etappenrekord vorbeiraste, änderte nichts an einer für ihn erfolgreichen Großen Schleife. Cavendish kam auf insgesamt vier Etappensiege.
Am Sonntag geschah auf den letzten der insgesamt 3414,4 Tour-Kilometer zunächst wenig. Als die verbliebenen 147 Fahrer Paris erreichten, war das Rennen um den Sprintsieg eröffnet. Auf dem abschließenden Rundkurs parierten die Sprinterteams zunächst vereinzelte Ausreißerversuche, ehe es zum erwarteten Massensprint kam.
Dort mischte auch Greipel noch einmal mit. Mit insgesamt elf Etappensiegen seit 2011 ist Greipel der zweiterfolgreichste Deutsche. Ein weiterer wird nicht hinzukommen. Der 39-Jährige, der 2015 und 2016 auf dem Paris Prachtboulevard triumphiert hatte, beendet am Saisonende seine Karriere.
"Es ist ein schönes Gefühl. Es hat Spaß gemacht, hier nochmal zu fahren. Es waren harte Wochen, aber schöne Wochen", sagte Greipel, der sich ein kühles Bier gönnte: "Platz fünf ist nicht das, was ich mir erhofft habe. Aber wir können froh sein, dass wir über die Berge gekommen sind."
Tour de France 2021: Gesamtwertung nach 21 Etappen
Platz | Fahrer | Team | Zeit |
1 | Tadej Pogacar | UAE Team Emirates (UAD) | 82:56:36 |
2 | Jonas Vingegaard | Jumbo-Visma (TJV) | +5:20 |
3 | Richard Carapaz | Team Ineos Grenadiers (INS) | +7:03 |
4 | Ben O'Connor | AG2R Citroen Team (ACT) | +10:12 |
5 | Wilco Keldermann | Bora-Hansgrohe (BOH) | +10:13 |
6 | Enric Mas Nicolau | Movistar (MOV) | +11:43 |
7 | Alexey Lutsenko | Astana-Premier Tech (AST) | +12:23 |
8 | Guillaume Martin | Cofidis (COF) | +15:33 |
9 | Peio Bilbao | Bahrain Victorius (BAH) | +16:04 |
10 | Rigoberto Uran | EF Education-Nippo (EFN) | +18:34 |