Nachdem sich Djokovic im Schnelldurchgang den ersten Satz gesichert hatte, steigerte Murray sein Spiel und gestaltete die Sätze zwei und drei zeitweise völlig offen. Allerdings wusste der Schotte das konstante Spiel seines Gegners nur zeitweise zu kontern und streute immer wieder zu viele Fehler ein. 65 waren es am Ende, nur 41 dagegen beim Serben.
Mit einem Ass machte der 28-jährige Djokovic seinen Sieg perfekt und küsste anschließend den blauen Untergrund der Rod Laver Arena. Mit seinem sechsten Erfolg Down Under egalisierte er die Bestmarke von Roy Emerson - und zog mit seinem insgesamt elften Grand-Slam-Sieg mit Björn Borg und Rod Laver gleich. Seinen Trainer Boris Becker (6 Grand-Slam-Siege), für den es nach dem Triumph eine innige Umarmung gab, hat Djokovic ohnehin schon lange überflügelt. Vor ihm rangieren in der ewigen Bestenliste nur noch Roger Federer (17), Pete Sampras, Rafael Nadal (je 14) und Roy Emerson (12).
Damit wird der Djoker auch als haushoher Favorit nach Roland Garros (22. Mai - 5. Juni) reisen. Die French Open sind das einzige Major-Turnier, das er noch nicht gewinnen konnte.
Die Reaktionen
Andy Murray: "Es kommt mir so vor, als wäre ich schon einmal in dieser Situation gewesen. Gratulation an Novak. Sechs Titel hier sind unglaublich. Good Job an ihn und sein Team. Sorry an mein Team, ich habe es leider nicht geschafft. Die letzten Wochen waren abseits des Courts sehr hart für mich. Danke für eure Unterstützung. An alle Ex-Spieler die hier sind: Danke, dass ihr gekommen seid, das macht es für uns Spieler ganz besonders."
... an seine hochschwangere Frau Kim: "Du warst in den letzten zwei Wochen legendär, danke für deine Unterstützung. Ich werde im nächsten Flieger nach Hause sitzen."
Novak Djokovic: "Ich habe großen Respekt vor Andy, du bist ein großer Champion und guter Freund. Du wirst noch einige Möglichkeiten haben, diese Trophäe zu gewinnen, da bin ich sicher. Vielen Dank an die Zuschauer, das Turnier wird nicht umsonst 'Happy Slam' genannt. Danke an mein Team: Ein Grand Slam ist einzigartig, da muss man als Einheit mit nur einem Ziel funktionieren. Roy Emerson, es ist ein Vorrecht, mit ihrem Rekord von sechs Titeln hier gleichzuziehen."
Der Spielfilm
Satz 1
Behäbiger Beginn des Djokers, der nach 30:0 drei Fehler in Folge macht, den Breakball aber per Crosscourt-Winner abwehrt. Er hält mit Mühe, erspielt sich im Gegenzug aber direkte Breakchancen - und Murray gibt per Doppelfehler ab. Danach folgt eine Viertelstunde, in der dem Schotten nichts gelingt. Djokovic muss kein überirdisches Niveau gehen, um schnell 5:0 zu führen. Murray hadert mit seinem Spiel, bringt aber noch einmal seinen Aufschlag durch. Trotzdem ist der Satz nach einer halben Stunde weg, der Herausforderer jetzt aber etwas besser im Spiel.
Satz 2
Eine Marathon-Angelegenheit! Murray hält jetzt mit, riskiert bei seinen Schlägen mehr, auch sein Aufschlag verschafft ihm leichte Punkte. Immer noch zu viele Fehler, aber bei 1:1 wehrt er gleich vier Breakbälle ab. Trotzdem schimpft er nach jedem Unforced Error wie ein Rohrspatz in Richtung seiner Box. Das zieht dann irgendwann auch den Djoker runter, der bei 2:3 und 15:30 zum ersten Mal Frust erkennen lässt. Die Rallys werden immer länger, beide kämpfen - aber es ist fast immer Murray, der irgendwann die Geduld verliert und zum Winner oder Fehler ausholt.
EXKLUSIVNick Bollettieri: "Kerber ist eine Inspiration"
Die Nummer Eins spielt das eher passiv mit jetzt, lässt Murray laufen, aber ohne das ganz große Risiko. Mit dem Break zum 4:3 scheint es sich auszuzahlen, aber zur Freude der Zuschauer schafft der prompt das Rebreak, weil die Rückhand als Gewinnschlag immer besser kommt. Bei 5:5 und 40:0 hat der Schotte fast den Tiebreak sicher, aber Nole kommt noch einmal, schafft mit einer 36-Schläge-Rally Einstand. Mit dem Fehler gibt Murray ab und kann nach zwei Doppelfehlern des Serben einen letzten Breakball nicht nutzen. Nach 80 Minuten ist der zweite Satz durch - natürlich durch einen Fehler von Murray.
Satz 3
Das Momentum liegt beim Djoker, während die Nummer Zwei die Schultern hängen lässt. Er gibt sofort Breakbälle her, mit einem wahren Zauberschlag geht sein Gegner in Führung und geht auf 2:0 weg. Aber der nun befreiter aufspielende Murray schraubt die Fehlerzahl zurück, baut seine Punkte jetzt konsequenter auf. Bei 2:3 aus seiner Sicht erspielt er sich zwei Breakbälle, den zweiten prügelt Nole hinter die Grundlinie - und ist kurz davor, seinen Schläger wegzufeuern. Murray ballt die Faust, alles in der Reihe. Es bleibt ein ausgeglichenes Match, zeitweise ohne die ganz großen Höhepunkte - der Tiebreak muss entscheiden.
Da war es dann schnell vorbei: Zwei Doppelfehler von Murray und weitere unnötige Fehler brachten Djokovic sechs Matchbälle ein, den dritten verwandelte er bei eigenem Aufschlag standesgemäß mit einem Ass!
STORIFY Stimmen und Reaktionen zu Kerbers Triumph: JAAAAAAAAAAAA!
Schlag des Spiels
Djokovics Return. Zwölf Asse schlug Murray, doch wenn Novak an den Ball kam, dann war er eigentlich immer sofort im Spiel. Jeden dritten Punkt machte er gegen das erste Service seines Gegners, doch vor allem gegen den zweiten Aufschlag war er bärenstark. Nur 35 Prozent aller Punkte konnte Murray über den zweiten Auschlag verbuchen - Djokovic gilt nicht umsonst als bester Returnierer der Welt. Vielleicht sogar aller Zeiten.
Ballwechsel des Spiels
Bei Breakball Djokovic zu Beginn des dritten Satzes attackierte Murray mit gutem erstem Aufschlag und schickte den Serben mit einer kurzen Vorhand inside-out ganz weit aus dem Feld. Der Djoker erreichte den Ball und brachte ihn aus dem Rutschen mit der kurz geblockten Rückhand longline zurück - und wie. Über den Netzpfosten kratzte der Ball noch die äußere Seitenlinie. Murray nahm zwar noch die Challenge, ging aber schon zu seinem Stuhl: Der Ball war drauf.
Das fiel auf
- Über die Jahre waren die Duelle zwischen Djokovic und Murray oft Marathonmatches, bedingt durch ihr ähnliches Spiel. Keiner der beiden konnte sich entscheidend abheben. Dass zehn der letzten Duelle an den Weltranglistenersten gingen, hat vor allem zwei Gründe. Der erste ist die mentale Stärke des Djokers. Während Murray immer wieder vor sich hin schimpfte, mürrisch in seine Box blickte und sich so eben nicht nur aufbaute, sondern auch herunter zog, hat Djokovic mittlerweile einen unglaublichen Fokus entwickelt. Er strahlt nicht nur eine fast unerschütterliche Ruhe aus - er hat sie auch.
- Außerdem bewies der Serbe, dass er es wie kein Zweiter versteht, aus der Defensive in die Offensive zu wechseln. In Sachen Laufbereitschaft steht ihm Murray zwar in Nichts nach, aber da er auch auf Hardcourt ausrutschen kann wie andere nur auf Sand, ist er in seinen Richtungswechseln noch schneller. Mit tiefem Körperschwerpunkt und kaum Misshits ist es so fast unmöglich, ihn konsequent auszuspielen.
- Es mag der fehlende freie Tag gewesen sein - Murray spielte am Freitag, Djokovic am Donnerstag -, die Sorge um seine hochschwangere Frau Kim, die gesundheitlichen Probleme seines Schwiegervaters oder auch das Doppelfinale seines Bruders Jamie, das er sich am Tag zuvor noch im Stadion angeschaut hatte. Aber Murray wirkte in einigen Momenten nicht zu einhundert Prozent fit. Gerade in den schnellen Richtungswechseln geriet er ab und an kaum merklich ins Stolpern oder fegte die tiefen Bälle ins Netz, weil er nicht perfekt zum Ball stand. Wenn er zu spät zum Ball kam, resultierte das auch mal in einem unsauber getroffenen Ball. Da tut ihm der Vergleich mit Djokovic aber auch Unrecht - an dessen Spiel kommt ja derzeit niemand heran.
Die Weltrangliste der Herren im Überblick