Nach der bitteren Liftfahrt im Windchaos von Lahti wähnte sich Andreas Wellinger verblasen und verschaukelt. "Wenn es sich im Sprung anfühlt, als würde es mit dem Fahrstuhl nach unten gehen, da frage ich mich schon, wo da 16 Minuspunkte herkommen", sagte der Skisprung-Olympiasieger nach seinem siebten Platz von Lahti im ZDF und haderte mit den Abzügen.
Weil die aber regelkonform waren, blieb Wellinger nichts anderes übrig, als sich mit dem beim Tagessieg des Österreichers Jan Hörl unglücklich verpassten zwölften Podestplatz der Saison schnell abzufinden: "Die Sprünge waren okay, man sollte das nicht überbewerten."
Und auch Bundestrainer Stefan Horngacher meinte: "Den Wind können wir nicht beeinflussen, nur unsere Leistung - und die war gut."
Wellinger, der mit dem deutschen Team am Samstag Platz drei im Mannschafts-Wettbewerb belegt hatte, sprang auf 126,5 und 126,0 m (246,4 Punkte), zum Podest fehlten ihm rund vier Meter. Hörl lag bei seinem dritten Weltcupsieg mit Flügen auf 124,0 und 134,5 m (266,1) vor dem Slowenen Peter Prevc (Slowenien/264,2) und Alexander Zniszczol aus Polen (254,2).
Direkt hinter Wellinger kam Weltcup-Spitzenreiter Stefan Kraft (Österreich) auf Rang acht, der im Weltcup zweitplatzierte Ryoyu Kobayashi (Japan) wurde vor Wellinger Fünfter. Zweitbester Deutscher war Pius Paschke (Kiefersfelden) als Neunter. Im Gesamtweltcup bleibt Wellinger bei maximal noch 800 zu vergebenden Punkten vor der Raw-Air-Tour ab Freitag mit 1296 Zählern Dritter hinter Kraft (1578) und Kobayashi (1382).
An Freitag wartet der nächste Kraftakt dieser langen Saison: In Norwegen stehen binnen zehn Tagen sechs Wettkämpfe und ebenso viele Qualifikationen in Oslo, Trondheim und Vikersund an. "Da freue ich mich extrem drauf, auch wenn es hart wird", sagte Wellinger.
Den dritten Platz im Teamspringen - wie schon in den bisherigen beiden Mannschafts-Bewerben in Zakopane (Weltcup) und am Kulm (Flug-WM) - fasste Wellinger knapp wie treffend zusammen: "Gut, aber nicht sehr gut." Zu groß ist derzeit der Abstand in der Breite zu den Topnationen wie Norwegen und Österreich, die am Samstag vor den DSV-Adlern lagen.
Nicht gut und nicht gut genug war in Lahti Karl Geiger: Im Einzel Rang 27 am Freitag und ausgeschieden am Sonntag (39.), dazu war erstmals seit sechs Jahren für den fünfmaligen Weltmeister kein Platz im deutschen Team bei einem Mannschaftswettbewerb.
Geiger ist mit seinen 31 Jahren ein Routinier - Noriaki Kasai gute 20 Jahre älter. Der japanische "Flugsaurier" bestritt in Lahti seine ersten Europa-Weltcups seit 2019 und sah dabei nicht schlecht aus: Fünfter wurde "Nori" mit Japans Team, am Sonntag gab es Platz 28 - und damit Weltcuppunkte für den bald 52-Jährigen.
Es war ein Besuch aus der Vergangenheit: 1989 hatte Kasai in Lahti sein WM-Debüt gefeiert. Jens Weißflog holte damals Gold und Silber für die DDR.