Welche deutschen Sportler gehen an den Start?
Auch wenn der sportliche Wert im Schwimmen und in der Leichtathletik nicht auf Weltniveau anzusiedeln ist, geht beim Tischtennis die Post ab. Für Deutschland treten Superstar Timo Boll und Champions-League-Sieger Dimitrij Ovtcharov an. International stehen mit Marcos Freitas (Portugal) und Vladimir Samsonov (Weißrussland) zwei weitere Top-10-Akteure an der Platte.
Gleiches gilt für Volleyball: Dort misst sich das DVV-Team mit den europäischen Topnationen aus Russland, Serbien und Italien. Das Team von Viktor Heynen vertraut auf sein bewährtes Personal und geht mit Spitzenspielern wie Denis Kaliberda und Jochen Schöps ans Netz. Bei den Damen steht Lenka Dürr im Fokus. Sie ist in Baku zu Hause und spielt für Azeryol Baku.
Mit Ex-Olympiasiegerin Britta Heidemann im Degenfechten und Ex-Weltmeister Fabian Hambüchen als Fahnenträger hat der DOSB zwei weitere prominente Gesichter vor Ort. Weltmeister Raphael Holzdeppe nimmt an einem Showkampf im Stabhochsprung teil. Bei den Sportschützen und Kampfsportarten hat das Turnier Weltcup-Charakter, beim Beachvolleyball hingegen werden deutschen Profis fehlen, da die Wettbewerbe keine Quali-Relevanz für Rio 2016 haben. Insgesamt entsendet der DOSB 265 Sportler (124 Frauen und 141 Männer) nach Baku, was dem viertgrößten Aufgebot nach Russland, Italien und Gastgeber Aserbaidschan entspricht.
Was wird die Athleten in Baku erwarten?
In Aserbaidschan treffen zwei Welten aufeinander. Am deutlichsten wird dies in der Hauptstadt Baku. Die architektonisch-innovative Millionen-Metropole mit prachtvoller Skyline auf der einen Seite, die Old Town mit traditionellem Reichtum auf der anderen. Muslimische Kultur trifft hier auf alte Relikte langjähriger sowjetischer Herrschaft. Die Menschen im Land sprechen Aserbaidschani und Russisch. Englisch gibt es zusätzlich als Verkehrssprache, wird hierfür aber nur in der Öl- und Kapitalwirtschaft verwendet - dem neuen und modernen Baku.
Die totalitäre Politik von Staatspräsident Ilham Aliyew, der 2003 das Amt seines Vaters übernommen hatte, ist jedoch international sehr umstritten. Mangelnde Pressefreiheit, eingeschränkte Menschenrechte und politische Gefangene sind die Vorwürfe an die Regierung in Aserbaidschan. Auch der DOSB forderte jüngst, Regimekritiker freizulassen.
Trotz dieser Vorwürfe heimste Baku sportliche Großereignisse wie den Formel-1-GP ab 2016 in Baku und mehrere Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2020 ein. Während im eigenen Land Gegner der Regierung unterdrückt werden, will man sich international, ähnlich wie auch China und Katar, als Big Player der Sportszene etablieren.
Davon zeugen zum Beispiel zwei gescheiterte Olympia-Bewerbungen und die für die European Games gebauten Arenen: Das Baku National Stadium, mit 68.700 Plätzen Hauptaustragungsort der Spiele (Kostenfaktor: ca. 700 Millionen Euro) und die Crystal Hall, die beide weltweiten Ansprüchen genügen dürften. Die Gesamtausgaben der Spiele liegen angeblich bei sechs Milliarden Euro.
Aserbaidschan am Rande Europas erhofft sich durch die Spiele vor allem Aufmerksamkeit und Anerkennung, nicht zuletzt durch medial perfekt inszenierte Spiele. Europa soll dabei nur der Anfang sein. Olympia ist das große Ziel. Die European Games sind also der große Testlauf. Angesicht der hohen Ausgaben und langen Vorbereitungen allerdings ein Testlauf der Superlative.