Nach dem Sieg im Viererkajak krönte sich die viermalige Olympiasiegerin Wagner-Augustin über 500 Meter auch zum Champion als Solistin und trug entscheidend zur starken deutschen Gesamtbilanz von fünf Titeln und vier Silbermedaillen bei. Sechs Wochen vor den Rennen von London wurden dabei vier der fünf Siege in olympischen Bootsklassen gesichert.
Den Triumph der "Mama" verschlief nur das elfmonatige Söhnchen Emil, der im von einer Deutschland-Fahne umwickelten Kinderwagen während des Finals und der Siegerehrung sanft auf der Tribüne schlummerte.
Nach ihrem EM-Titel Nummer 13 holte sich die 34-Jährige innige Küsse als Belohnung von Ehemann und Babysitter Lars Augustin ab. "Ich musste nicht einmal Vollgas geben, ich war entspannt und es lief super gut", sagte die Potsdamerin.
"Erfolge nicht gepachtet"
Ganz so gelassen war die sportliche Leitung nicht, schließlich gab es außer den weiteren Siegen von Canadier Sebastian Brendel (Potsdam) und Kajakfahrer Max Hoff (Essen) über 1.000 Meter sowie von Franziska Weber/Tina Dietze (Potsdam/Leipzig) im nichtolympischen Zweierkajak-Sprint auch Enttäuschungen.
Der Männer-Viererkajak oder eben auch Weber/Dietze gingen als Vierte in olympischen Bootsklassen beispielsweise leer aus.
"Man sieht, wir haben die Erfolge nicht gepachtet. Ich hoffe, dass die Ergebnisse die Athleten anstacheln", sagte Cheftrainer Reiner Kießler. Und Sportdirektor Jens Kahl erklärte: "Es gibt keinen Grund abzuheben."
Silke Hörmann gewinnt Silber
Allerdings hatte die neuerdings "weiße Flotte" mit pinkfarbenem Streifen keine spezielle EM-Vorbereitung absolviert, das wirkte sich vor allem in den Mannschaftsbooten aus.
Zweite Plätze belegten der Zweierkajak Martin Hollstein/Andreas Ihle (Neubrandenburg/Magdeburg) und der Zweiercanadier Peter Kretschmer/Kurt Kuschela (Potsdam) über einen Kilometer sowie der Sprint-Zweierkajak Ronald Rauhe/Jonas Ems (Potsdam/Essen).
Die einzige der silbernen Plaketten in einem nichtolympischen Boot holte Silke Hörmann (Karlsruhe), die im Einerkajak über 1.000 Meter Zweite wurde.
Kurzfristiger Bootswechsel
Besonders die Vorstellung von Wagner-Augustin nach der Babypause überzeugte. Die zehnmalige Weltmeisterin setzte sich am Sonntagvormittag mit über einer halben Sekunde Vorsprung auf die Ungarin Danuta Kozak durch und untermauerte ihre Ansprüche auf einen Start als Solistin in London.
Dabei hatte sie wegen der vielen Schlingpflanzen im Wasser noch kurzfristig ein anderes und lange nicht gefahrenes Boot gewählt.
"Der Fokus liegt aber auf dem Vierer", sagte Wagner-Augustin mit Blick auf London. Dort will sie mit Carolin Leonhardt (Mannheim), Franziska Weber (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) über die 500 Meter ihren fünften Olympiasieg einfahren. Bei der "Generalprobe" waren Weißrussland und Ungarn schon mal chancenlos.