SPOX: Wenn Sie sich die Kader der anderen Mannschaften anschauen, wie schätzen sie das Kräfteverhältnis ein?
Krueger: Für mich gibt es eine Fünfergruppe mit den Topfavoriten Kanada, Russland, Schweden, Finnland und USA. Danach kommt eine Dreiergruppe mit Tschechien, der Slowakei und der Schweiz. In diese Gruppe gehört die Schweiz inzwischen hinein, aufgrund ihrer NHL-Spieler, vor allem der starken Goalies, und auch aufgrund ihres Selbstbewusstseins nach der Silbermedaille bei der WM. Diese acht Teams sind alle gefährlich und werden die Medaillen unter sich ausmachen. Wir haben in Vancouver gesehen, dass immer eine Überraschung möglich ist, damals sind die Slowaken ins Halbfinale gerutscht sind. Das kann die Schweiz auch.
SPOX: Für uns in Deutschland ist es so wahnsinnig bitter, dass das DEB-Team in Sotschi nicht dabei ist.
Krueger: Ja, es ist bitter und tut weh. Aber es ist jetzt auch eine riesige Chance, aus diesem Schmerz der verpassten Olympia-Teilnahme heraus die Kraft zu finden, um auf ein neues Level zu kommen. Die Voraussetzungen sind gut. Die DEL ist eine ausgezeichnete Liga, spannend, ausgeglichen, mit großem Fan-Support. Und mit Pat Cortina ist bei der Nationalmannschaft auch genau der richtige Mann am Werk. Der 9. Platz bei der letzten WM war ein erster Schritt, ich bin überzeugt, dass Deutschland bei der nächsten WM auch mal wieder das Viertelfinale erreichen kann und bei Olympia 2018 wieder dabei sein wird.
SPOX: Sie haben schon einige Winterspiele erlebt. Worauf freuen Sie sich eigentlich am meisten?
Krueger: Olympia ist einfach viel größer als jede Sportart selbst. Das alles noch einmal mitzumachen, noch einmal auf dieses Niveau zu steigen und dann noch mit Team Canada - es wird sicher wieder etwas ganz Besonderes. Dazu kommt die besondere Faszination der Olympischen Spiele, die für mich immer wieder einzigartig ist. Sportler aus aller Welt kommen zusammen, in so vielen verschiedenen Disziplinen. Ich bin dankbar, das noch einmal miterleben zu dürfen.
SPOX: Und nach Olympia steht ein spektakulärer Sportarten-Wechsel an.
Krueger: Das ist richtig. Ich werde in die englische Premier League zu Southampton gehen und dort als Vorstandsmitglied einsteigen. Meine Aufgabe ist noch nicht genau definiert, das wird sich erst nach Sotschi entwickeln. Aber ich werde unter anderem für Führungsstrukturen zuständig sein.
SPOX: Wie kam denn der Kontakt zu den Saints überhaupt zustande?
Krueger: Katharina Liebherr, die Besitzerin der Saints, bat mich schon seit einer Weile einzusteigen. Sie ist eine tolle Frau und vertritt eine tolle Philosophie, ich komme wirklich sehr gut mit ihr aus. Ich habe mir die Entscheidung gut überlegt und dann zugesagt. Es ist für mich eine unglaubliche Möglichkeit, wieder auf höchstmöglicher Ebene im Führungsbereich zu arbeiten und daran wieder zu wachsen. Und das in der besten Sportliga der Welt. Es ist eine spannende Geschichte. Ich schlage damit in meinem Leben einen neuen Kurs ein, es ist eine Art Lebenschance. Und mein erstes Spiel haben wir dann am 1. März gleich gegen Liverpool, das ist auch nicht schlecht. (lacht)
SPOX: Aber Eishockey wird Ihnen fehlen, oder?
Krueger: Ich liebe Eishockey, das wird immer so bleiben. Aber ich hatte jetzt mit 54 Jahren das Gefühl, dass ich noch einmal eine andere Führungsrolle einnehmen will. Als ich drei Tage in Southampton vor Ort war, hat mich alles sofort überzeugt, es fühlte sich sofort richtig an. Southamptons Philosophie ist es, viele einheimische Spieler in die Mannschaft einzubauen. Es gibt bereits eine einzigartige Fußball-Academy. Ich habe Lust, diesen Weg mitzugehen und meine Erfahrung aus dem Eishockey einzubringen. Über Fußball muss ich nicht viel wissen. Dafür haben wir einen großartigen Coach und einen großartigen Sportchef. Wichtig sind für mich die Bereiche Führung, Organisation und Kommunikation. Aber jetzt zählt erst mal Sotschi, danach fokussiere ich mich dann auf Southampton.