Doch zwischen dem Bayern-Profi und dem Slalom-Ass, die beide 1984 geboren sind, ist über die Jahre eine Freundschaft gewachsen. Bevor Neureuther, der inzwischen mit der Biathletin Miriam Gössner liiert ist, in der kommenden Woche in Sotschi um Olympia-Gold fährt, hat ihn sein Kumpel Schweinsteiger für den "SID" interviewt.
Bastian Schweinsteiger: "Servus Felix! Ich habe drei Fragen an dich. Die erste Frage ist: Mit welcher Athletin oder welchem Athleten würdest du dir in Sotschi im Olympischen Dorf am liebsten das Zimmer teilen?"
Felix Neureuther: "Eigentlich mit dir, Basti. Weil es ziemlich cool gewesen wäre, wenn du vielleicht auch noch weiter Ski gefahren wärst und wir zusammen hätten Sotschi unsicher machen können. Die Athletin kann man sich ja denken, wer's ist."
Schweinsteiger: "Die zweite Frage: Glaubst du eigentlich, wenn ich weiterhin Ski gefahren wäre, dass du noch eine Chance gehabt hättest, gegen mich zu gewinnen?"
Neureuther: "Absolut. Du wärst immer hinter mir gewesen, bei jedem Rennen, hättest absolut keine Chance mehr gehabt. Aber du warst gut, wirklich gut, mein größter Konkurrent. Aber es wäre schwierig für dich gewesen. Basti, du hast die richtige Entscheidung getroffen, Fußballer zu werden. Da kannst du bei den Gegenspielern einfädeln, nicht bei den Torstangen. Das ist vielleicht weniger schmerzhaft. Bleib' beim Fußball. Glaub' mir: Das kannst du besser als Ski fahren."
Schweinsteiger: "Und, dritte Frage: Wer hat das letzte Rennen von uns beiden gewonnen? Kannst du dich vielleicht noch erinnern, wo das war und wie die Platzierungen waren?"
Neureuther: "Du Pfeife, ich habe genau gewusst, dass diese blöde Frage kommt, weil ich das jedes Mal höre, wenn wir uns sehen. Das letzte Rennen war in Brixen, das größte Kinderrennen der Welt, Alberto Tomba war Schirmherr. Ich hatte, glaube ich, Startnummer 1579, der Basti 1582, es waren sehr viele Kinder am Start. Und du, Basti, hast dieses Rennen tatsächlich gewonnen."
SID: "Wie denn das?"
Neureuther: "Da hat sein Papa, der Fred, sicher Wunderwachs ausgepackt, von dem ein kleines Döschen 5000 Euro kostet. Und mein Vater hat mir noch schön Honig auf den Ski geschmiert, dass ich ja nicht zu schnell bin, damit der Herr Schweinsteiger auch mal ein Rennen gewinnen darf. Basti, Respekt und Anerkennung, du bist der beste Skifahrer in Deutschland!"
SID: "Herr Schweinsteiger, waren Sie wirklich so gut?"
Schweinsteiger: "Slalom und Riesenslalom waren meine Spezialitäten, für den Super-G war ich leider zu leicht. Mit zehn Jahren haben wir uns auf der Piste kennengelernt. Bis ich 14 Jahre alt war, sind wir gegeneinander gefahren."
SID: "Herr Neureuther, wer hat denn das letzte Fußballspiel zwischen Ihnen beiden gewonnen?"
Neureuther: "Das letzte Fußballspiel habe ganz klar ich gewonnen. Eins gegen eins, ich gegen den Basti, ich habe 10:0 gewonnen. Nein, Schmarrn. Wir haben eigentlich nie so richtig gegeneinander Fußball gespielt."
SID: "Wie hat sich denn Ihre Freundschaft entwickelt?"
Neureuther: "Wir hatten uns ein bisschen aus den Augen verloren, durch ein gemeinsames Interview aber wiedergefunden. Jetzt sind wir wirklich sehr, sehr gut befreundet. Der Basti ist ein Riesenmensch für mich, einer der größten Sportler, die wir in Deutschland jemals hatten und haben. Es ist ziemlich cool, dass sich so was wieder verbunden hat."
Schweinsteiger: "Wir schreiben uns fast jeden Tag eine SMS oder telefonieren. Ich besuche ihn mindestens einmal im Jahr in Garmisch-Partenkirchen, daheim bei seiner Familie, zum Essen. Er ist einfach ein guter Kerl, null arrogant oder eingebildet, sehr lustig. Er hat einen klaren Kopf, schaut auch über den Tellerrand hinaus. Er ist einfach eine große Persönlichkeit mit einem sehr guten Herzen."
SID: "Was trauen Sie ihm denn in Sotschi zu?"
Schweinsteiger: "Ich traue ihm sehr viel zu. Ich hoffe einfach nur, dass er so Ski fährt, wie er es schon getan hat, sich nicht verkrampft. Aber er ist mental stärker geworden, setzt sich selber nicht mehr so sehr unter Druck und versucht, es mehr zu genießen. Diese Lockerheit, gepaart mit einer gewissen Seriösität, bringt zusammen mit seinem unglaublichen Talent als Skifahrer diese Resultate."
Neureuther: "Ich will versuchen, die Spiele auch zu genießen, das Flair mitzunehmen. Aber wenn der Druck am größten ist, entstehen die größtmöglichen Emotionen - und das gibt einem den größtmöglichen Kick. Ich musste erst lernen, solche Situationen genießen zu können. Jetzt weiß ich: Wenn ich das mache, was ich am besten kann, einfach meine Leistung bringe, wird es sehr schwer für die anderen, schneller zu sein als ich."
SID: "Herr Schweinsteiger, was wünschen Sie Ihrem Freund für Olympia?"
Schweinsteiger: "Felix, ich wünsche dir ganz viel Glück, Erfolg und Spaß in Sotschi. Leider wird's für mich ein bisschen schwierig, dahin zu kommen, ich bin ja sozusagen dein persönlicher Glücksbringer. Aber: Die Willis stehen schon bereit..."
SID: "Willis?"
Neureuther: "Der Basti ist (zum Slalom am 24. Januar, d.Red.) nach Kitzbühel gekommen. Das hat mich total gefreut. Dann habe ich auch noch das Rennen gewonnen - so wie in München beim Parallelslalom (am 1. Januar 2013, d.Red.), wo er auch da war. Er hat eine Quote von hundert Prozent. In Kitzbühel haben wir uns danach noch getroffen, da war eine überragende Stimmung, und ohne den Kerle wäre es sicher nur halb so lustig geworden. Irgendwann ist dann ein Kellner mit einem riesigen Tablett Williams Birne gekommen..."
SID: "Äh, ja. Haben Sie denn noch einen Abschiedsgruß für Herrn Schweinsteiger, Herr Neureuther?"
Neureuther: "Lieber Basti, ich hoffe, dass du wieder richtig fit wirst. Die Bayern brauchen dich! Der Müller (Bayern-Stürmer Thomas Müller, d.Red.) - du weißt es selber: Ohne dich funktioniert der nicht so gut. Deswegen: Come on, Burschi, come on, come on, come on! Die Willis warten nämlich auch auf dich!"