NBA

Miami holt Linsanity auf die Erde zurück

Von Florian Regelmann
LeBron James und die Miami Heat besiegten Jeremy Lins New York Knicks
© Getty

Die Miami Heat (27-7) feiern einen klaren 102:88-Sieg gegen die New York Knicks (17-18) und bauen ihre Siegesserie damit auf acht Spiele aus, alle acht Spiele hat Miami mit mindestens zwölf Punkten Vorsprung gewonnen. Jeremy Lin erlebt einen Abend zum Vergessen.

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Spike Lee, Floyd Mayweather und Chad Ochocino waren da, US-Präsident Barack Obama ("In einem anderen Leben würde ich in Miami bleiben, um das Heat-Knicks-Spiel zu sehen") wäre gerne da gewesen - jeder wollte sehen, wie die Geschichte des Phänomens Jeremy Lin in Miami weitergeht.

Die Antwort: Sie erlebte ihr erstes düsteres Kapitel. Lin traf gegen eine exzellente Heat-Defense nur 1 seiner 11 Würfe aus dem Feld, leistete sich 8 Turnover und beendete das Spiel mit 8 Punkten und 3 Assists. Sein mit Abstand schlechtestes Spiel, seitdem er in der Rotation ist.

Topscorer der Knicks waren Carmelo Anthony mit 19 Punkten (7/20) und J.R. Smith mit 14 Zählern. Amare Stoudemire kam auf 13 Zähler, Steve Novak steuerte 12 Punkte (4/5 Dreier) bei.

Bei Miami waren die Big Three nicht zu stoppen. Chris Bosh erzielte 25 Punkte (11/17) und 8 Rebounds, Dwyane Wade verbuchte 22 Punkte (10/22), 5 Rebounds und 5 Assists - und LeBron James lieferte 20 Zähler (7/16), 9 Rebounds, 8 Assists, 5 Steals und 2 Blocks. Zum ersten Mal in dieser Saison machten James, Wade und Bosh alle mindestens 20 Punkte in einem Spiel.

Reaktionen:

Jeremy Lin (New York): "Es ist eine Erfahrung, aus der ich lernen muss. Eine bittere Erfahrung. Ich werde aber jetzt nicht meinen Kopf hängen lassen. Ich weiß, dass ich alles gegeben habe. Man kann nicht alle Spiele gewinnen. Und man kann nicht immer gut spielen. Gleichzeitig muss ich mich aber hinterfragen: 'Okay, was habe ich falsch gemacht? Wie kann ich mich verbessern?' Das wird spannend für mich."

Mike D'Antoni (Trainer New York): "Die Heat-Defense hat die Herausforderung angenommen und einen großartigen Job gemacht. Es ist hart, jeden Tag Peter Pan zu sein."

Dwyane Wade (Miami): "Ich möchte zuerst sagen, dass er all die Anerkennung, die er bekommen hat, verdient. Wir wussten, dass es eine schwierige Aufgabe für uns sein würde, ihn im High-Pick-and-Roll zu verteidigen, aber unsere Point Guards haben einen guten Job gemacht. Er ist ein guter Spieler, aber wir haben ihn sehr unter Druck gesetzt und waren erfolgreich damit."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Beide Teams mit den erwarteten Starting Fives. Die Heat beginnen wie gewohnt mit Chalmers, Wade, James, Bosh und Anthony. Die Knicks mit Lin, Fields, Anthony, Stoudemire und Chandler. New York muss auf Shumpert verzichten. Der Rookie hat Knieprobleme.

3.: Elektrisierend! Die American Airlines Arena steht jetzt schon kopf. Erst klaut Chalmers Lin den Ball und stopft das Ding rein. Dann James mit dem Block gegen Chandler und Wade mit dem Driving-Layup. Dann James mit dem Steal und wieder scort Wade. 8:0-Run der Heat. 10:4. Timeout Knicks.

9.: Smith steckt durch zu Chandler, Slam-Dunk! Der Knicks-Center zeigt den Refs demonstrativ an, dass er gefoult wurde und bekommt ein Technisches Foul. Auch D'Antoni verpassen die Refs ein Technical. Extrem alberne Entscheidung. Dann zieht Lin zum ersten Mal energisch zum Korb und zeigt seine Finisher-Qualitäten. Nur noch 17:15 Heat.

15.: Die Dreier-Maschine namens Steve Novak ist schon wieder on fire! Novak trifft innerhalb von 30 Sekunden zweimal von Downtown, jetzt 3/3 von der Dreierlinie, 9 Punkte, und NY ist vorne. 28:26 Knicks.

18.: Stoudemire geht mit einem Dribble links an der Baseline an Bosh vorbei und hämmert den Ball in den Korb! In der Aktion war mal richtig Feuer dahinter. Geht viel über Amare bei NY. 36:34 Knicks.

24.: Unglaubliche Minuten vor der Pause mit einem irren Tempo. Die Highlights: Wade kommt für einen spektakulären Follow-up-Dunk angeflogen, in der Defense blockt Joel Anthony Melo brutal weg. Dann läuft LeBron den Fastbreak und schließt mit einem Two-handed-Monster-Slam ab. Dann noch mal Wade mit dem Steal und dem feinen Layup. Und kurz vor der Pause treffen Chalmers (Step-Back-Dreier) und Anthony (mit dem Buzzer) noch wichtige Jumper. 51:47 Heat.

27.: Gleiches Bild wie in Halbzeit eins. Miami sammelt Steals und Blocks. Anthony räumt mit seinem 4. Block der Partie Chandler ab, Wade netzt den Jumper. 59:51 Heat. D'Antoni muss wieder eine frühe Auszeit nehmen.

36.: James trifft in der letzten Sekunde des dritten Viertels noch einen Fadeaway-Jumper. Totale Dominanz der Heat, die Quote der Knicks sinkt immer weiter. 80:66 Miami.

39.: Die Knicks leben noch. Novak mit seinem vierten Dreier des Spiels, dann Smith mit zwei starken Aktionen in Folge. J.R. for three und schon sind die Knicks wieder auf 8 dran. 84:76 Heat. Spoelstra reagiert, Timeout.

41.: Die Knicks durften nur kurz glauben, dass sie hier eine Chance auf den Sieg haben. Miami schlägt nach dem kleinen NY-Run sofort zurück. Bosh mit dem Jumper, Cole mit dem Layup - und dann schnappt sich Wade nach einem Battier-Fehlwurf den Offensiv-Rebound und scort. Schon sind es wieder 14 Punkte Vorsprung. 90:76 Heat.

47.: Bosh blockt Anthony weg, Wade auf James, rumms! Das war der passende Schlusspunkt! 100:88 Heat.

Der Star des Spiels: LeBron James. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass LeBron die beste Saison seiner Karriere absolviert und der klare Favorit für den MVP-Award ist. Und nicht nur das: Auch für den Defensive Player of the Year Award ist James ein Top-Kandidat. Die Stats, die James auflegt, sind einfach bemerkenswert. Gegen New York waren es am Ende 20 Punkte, 9 Rebounds, 8 Assists, 5 Steals und 2 Blocks. LeBron ist damit der erste Spieler mit solch einer Stat-Line seit 2008. Wie hieß der Spieler wohl damals? Na klar, James. Er war voller Energie, er war irgendwie an jedem Pass der Knicks dran und sorgte natürlich auch wieder für echte Highlight-Slams. Es wirkt schon ein wenig kurios, dass James in der gesamten Saison noch kein einziges Triple-Double geschafft hat. Denn gefühlt macht James praktisch nur Triple-Doubles. Er hatte gegen die Knicks aber auch wieder die Unterstützung seiner ebenfalls starken "Big-Three"-Kollegen Wade und Bosh.

Der Flop des Spiels: Jeremy Lin. Miami hatte genug vom Jeremy-Lin-Hype. Der Game-Plan der Heat war deshalb vollkommen klar: Sich auf Lin fokussieren, ihm keine Luft zum Atmen geben und ihn frustrieren. Es ist ihnen perfekt gelungen. Der Knicks-Point-Guard bekam eine Defense zu sehen, mit der er es in seiner Karriere noch nicht zu tun bekommen hatte. Zu viel Druck, zu viel Speed, Double-Teams, Traps - einfach zu viel für Lin. In seinem magischen Run hat Lin knapp 24 Punkte pro Spiel gemacht, über 9 Assists verteilt und 50 Prozent aus dem Feld geschossen. In Miami: 1 von 11 aus dem Feld, 3 Assists, 8 Turnover. 18 Mal hat in dieser Saison ein Spieler mindestens 8 Turnover gehabt, 4 dieser 18 Fälle gehen auf Lins Konto. Ein mieser Abend für Lin. Aber ein mieser Abend, aus dem er lernen wird. Das Point-Guard-Play der Knicks war abgesehen davon insgesamt grauenvoll: Lin und Backup Baron Davis brachten es gemeinsam auf eine Quote von 1/18!

Die Analyse: Die Heat begannen mit einer enormen Intensität in der Defense. Miami forcierte haufenweise Ballverluste der Knicks, blockte zahlreiche Würfe und schaltete in typischer Heat-Manier wahnsinnig schnell von Defense auf Offense um. Es war ein richtiger Sturm, der am Anfang über die Knicks herein brach.

LeBron James war in der Defense überall zu finden und füllte das Boxscore schon nach einem Viertel mit 6 Punkten, 4 Steals, 3 Assists und 2 Blocks. Die Knicks leisteten sich alleine in den ersten zwölf Minuten 9 Turnover, dennoch überstanden sie den Sturm und lagen nach dem ersten Viertel nur mit 4 hinten (20:24). Grund hierfür war die starke Rebounding-Arbeit, vor allem am offensiven Brett (6:1-Offensiv-Rebounds).

Bis zur Pause sollte sich dieser Trend fortsetzen. Die Knicks waren dank ihrer Rebound-Überlegenheit und dank X-Faktor Steve Novak voll im Spiel (47:51), obwohl sie astronomische 15 Mal den Ball weggeschmissen hatten. Jeremy Lin und Amare Stoudemire hatten zur Halbzeit beide schon 6 Turnover zu Buche stehen. Wenn es bei Lin in seinen letzten Sensationswochen eine Schwäche gegeben hat, dann waren es die vielen Ballverluste.

Genau das bestätigte sich jetzt in Miami. Lin war überfordert von der extrem aggressiven Pick-and-Roll-Defense der Heat, fand als Folge auch überhaupt nicht zu seinem Spiel, nahm sich einige schlechte Würfe (1/5 FG zur Pause) und konnte seine eigentliche Point-Guard-Rolle nicht erfüllen (nur 2 Assists).

Daran sollte sich auch nichts mehr ändern. Nach der Halbzeit übernahmen die Heat in einem einseitigen dritten Viertel (29:19), in dem James, Wade und Bosh 25 der 29 Punkte erzielten, endgültig das Kommando - der Sieg geriet nie mehr wirklich in Gefahr. Bei den Knicks tauchte Stoudemire nach guten Momenten in der ersten Halbzeit jetzt komplett ab. Ohne das von Miami neutralisierte Pick-and-Roll-Play war die Knicks-Offense ohne jeden Fluss.

In Sachen Rebounding (14:14-Offensiv-Rebounds) und Turnovers (19:16 Knicks) war es am Ende zwar sogar recht ausgeglichen, die eigentliche Überlegenheit der Heat zeigte sich vor allem in der Trefferquote (49 Prozent Heat zu 39 Prozent der Knicks), den Fastbreak-Punkten (19:5) und den Points in the Paint (48:32).

Miami verbuchte außerdem als Team 12 Steals und 10 Blocks (5 von Joel Anthony). Acht Siege in Folge, alle mit mindestens 12 Punkten Vorsprung (der Rekord steht bei 9/LeBrons Cavaliers 2007-08) - es war das nächste Statement der Heat. Und es war ein klares Statement in Richtung Knicks.

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