NBA

Band of Brothers

Von SPOX
Marcus Morris unterschrieb gemeinsam mit Bruder Markieff einen neuen Vierjahresvertrag in Phoenix
© getty

Die Phoenix Suns haben in der Offseason bewiesen, dass sie an ihren jetzigen Kern glauben. Statt sich um namhafte Free Agents zu bemühen, hielten die Suns ihren jungen Kader vorerst zusammen und verstärkten ihn punktuell, um organisch den nächsten Schritt zu machen. Für eventuelle weitere Moves hält GM Ryan McDonough dennoch jede Menge Assets.

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"Ich habe etwas getan, das ich noch nie zuvor gemacht habe", gesteht Lon Babby, President of Basketball Operations bei den Suns. "Als wir uns auf eine Summe geeinigt hatten, habe ich ihnen gesagt, sie sollen sich selbst einteilen, wer davon wie viel bekommt."

"Sie", das sind Marcus und Markieff Morris, Zwillinge in Diensten der Phoenix Suns. "Jeder von beiden hat vor allem die Interessen des anderen im Sinn", erklärt Babby. "Ich wollte diese Dynamik nicht kaputt machen, also habe ich ihnen eine Chance gegeben. Und sie haben eine gute Lösung gefunden."

Die Lösung wurde sogar ziemlich schnell gefunden. Markieff bekommt 8 Millionen Dollar pro Jahr, Bruder Marcus kriegt 5. Beide sind damit bis 2019 unter Vertrag in Arizona. Ein mehr als ungewöhnlicher Deal, der aber irgendwie perfekt zu den Suns passt.

"Ungewöhnlich" trifft nämlich generell ziemlich gut auf das Gebaren, das die Franchise unter der Ägide von Babby, GM Ryan McDonough und Coach Jeff Hornacek auszeichnet.

Point Guard, Point Guard, Point Guard

Vor der letzten Saison etwa hatte niemand den neuen Suns mit ihrem Point-Guard-Tandem Goran Dragic und Eric Bledsoe auch nur das Geringste zugetraut, doch Phoenix verbesserte sich in nahezu allen Kategorien signifikant, stellte eine der besseren Offensiven der Liga und verpasste mit 48 Siegen haarscharf die Playoffs.

Bledsoe und Dragic funktionierten zusammen besser, als irgendjemand gedacht hätte. Waren beide fit, stellte Phoenix sogar einen der besten Backcourts der Liga. Vor diesem Hintergrund erschienen die ersten Moves der Suns in diesem Sommer abermals, nun, ungewöhnlich.

Kurz nach dem Beginn der Free Agency holten die Suns Isaiah Thomas aus Sacramento, einen weiteren Point Guard. Im Draft kam mit Tyler Ennis dann sogar noch einer hinzu. Zwischenzeitlich lehnte Restricted Free Agent Bledsoe ein Vertragsangebot über vier Jahre und 48 Millionen ab.

Horny: "Wer gut drauf ist, wird spielen"

Wer hier jedoch schon fest mit einem Abgang des 24-Jährigen gerechnet hatte, wurde letztendlich doch eines Besseren belehrt. Es war zwar eine der Hängepartien des Sommers, im September konnten sich die Parteien aber doch noch auf einen Mehrjahresdeal einigen.

Damit entsteht ein Stau im Backcourt, würden viele sagen. In der Tat haben die Suns nun stolze acht Guards unter Vertrag, die drei bestbezahlten Spieler in der kommenden Saison heißen Bledsoe, Dragic und Thomas. Für Hornacek stellt sich die Situation jedoch anders dar.

"Wer gut drauf ist, wird spielen", freut sich der Coach über die neue Flexibilität, "es wird Spiele geben, in denen der eine mehr spielt als der andere, und in anderen wird das Gegenteil der Fall sein. Sie müssen sich einfach alle gegenseitig unterstützen."

Bei den Forward-Positionen verhält es sich ähnlich. P.J. Tucker, Gerald Green, Rookie und Scoring-Maschine T.J. Warren, die Morris-Brüder, Anthony Tolliver, Shavlik Randolph - sie alle wollen spielen, und Hornacek wird viel damit beschäftigt sein, die einzelnen Charaktere zufrieden zu stellen.

Dragic im letzten Vertragsjahr

Die Minutenverteilung sei durchaus Thema gewesen, bevor Thomas geholt wurde, gibt Hornacek zu, erklärt aber: "Wir haben einfach das Gefühl, dass er uns eine weitere Waffe gibt, falls Eric oder Goran etwas passiert."

Vor allem in Bezug auf Bledsoe ist dieses "etwas passieren" ein durchaus realistisches Szenario, schließlich verpasste er in seiner ersten Saison als Starter jüngst 39 Spiele. Thomas' Verpflichtung ergibt aber auch in der Hinsicht Sinn, dass noch nicht feststeht, ob Dragic noch lange in der Wüste bleiben wird.

Der amtierende "Most Improved Player" geht in sein letztes Vertragsjahr und dürfte aufgrund seiner Leistungsexplosion aus der Vorsaison - ebenso wie Bledsoe - einen ordentlichen Zahltag erwarten. Ob die Suns ihm diesen geben wollen oder nicht - durch die Tiefe auf der Eins haben sich McDonough und Co. in eine wesentlich entspanntere Verhandlungsposition gebracht.

Vor wenigen Tagen verpflichteten die Suns zudem Gorans Bruder Zoran, womöglich auch mit dem Hintergedanken, dass dies die Kompromissbereitschaft des "Drachen" bei einem eigenen Deal verstärken könnte.

Viele Assets, keine Superstars

Die Situation von (Goran) Dragic lässt sich dabei gewissermaßen auf das gesamte Team übertragen. Phoenix steht vor einer ziemlich speziellen Saison: Einerseits strotzt der Kader vor Jugend und Talent und könnte auch im brutalen Westen jetzt schon Playoff-reif sein. Andererseits kommt man beim Blick auf das Roster fast zwangsläufig auf den Gedanken, dass hier in naher Zukunft noch weitere Moves anstehen.

Phoenix erinnert ein wenig an die Houston Rockets vor einigen Jahren: Das Team ist voll mit Assets, ein Spieler mit Superstar-Potenzial findet sich dagegen nicht, auch wenn sowohl Bledsoe als auch Dragic durchaus das Zeug zum All-Star-Kandidaten haben.

Zudem findet sich auf den kleinen Positionen viel mehr Qualität UND Quantität als auf den großen. Gut möglich, dass hier früher oder später per Trade etwas mehr Balance hergestellt wird. Die Tiefe erlaubt es McDonough, opportunistisch zu sein, wenn sich eine Möglichkeit auftut.

Center-Position dünn besetzt

Den größten Bedarf haben die Suns ohne Frage auf der Center-Position. Markieff Morris kann in extrem kleinen Line-Ups aushelfen, mit Miles Plumlee und Alex Len finden sich aber nur zwei echte Pivoten im Kader, die zudem nicht gerade zur Elite auf der Fünf zählen.

Plumlee erlebte in Phoenix zwar eine unerwartet starke Saison, der 25-Jährige ist jedoch nicht der mobilste und stellt als Scorer nahezu keine Gefahr für den gegnerischen Korb dar. Solang es sich nicht gerade um Alley-Oops handelt. Im Sommer soll er vor allem am Post-Game gearbeitet und sich einen Hakenwurf angeeignet haben.

Fragezeichen Len

Der zweite Center ist Alex Len. Der 5. Pick des 2013er Drafts erlebte ein von Verletzungen geplagtes Rookie-Jahr und hofft nun auf einen Neustart. Im Sommer hat er - gemeinsam mit den Morris-Zwillingen und Plumlee - jede Menge Zeit im Kraftraum investiert und mit den Suns-Coaches an seinem Spiel gearbeitet.

Geht es nach dem GM, ist im zweiten Jahr deshalb wesentlich mehr zu erwarten: "Die größte Verbesserung sehe ich bei uns auf der Center-Position", so McDonough zu "FoxSports910". "Wenn ich Miles und Alex ansehe, sehe ich andere Spieler als noch im April. Die beiden haben individuell große Schritte gemacht."

Dennoch muss vor allem Len beweisen, dass er einer ist, auf den Phoenix in der Zukunft bauen kann. Er steht unter Beobachtung, und er ist im kommenden Jahr bei weitem nicht der einzige in Arizona.

"Es geht uns um Stabilität"

Für Marcus Morris ist klar, wer sonst kommen müsste. "Die Dragic' sind Brüder. Ich und Markieff sind Zwillinge. Hier geht etwas Einzigartiges vor. Wir müssen als nächstes Mason Plumlee holen", witzelte der Forward beim Media Day der Suns.

In aller Ernsthaftigkeit kann sich Phoenix aber den Luxus leisten, sich bei der Evaluierung seiner Spieler Zeit zu lassen. "Unser Kern ist jung", erklärt McDonough, "wir können mit der Zeit zusammen wachsen. Es geht uns um Stabilität. Wir wollen nicht eins dieser Teams sein, die jedes Jahr ihren Kader umkrempeln, vor allem dann, wenn es nicht nötig ist."

Und wenn es dann doch mal nötig wird, verfügt Phoenix über jede Menge Pokerchips.

Die Phoenix Suns im Überblick