Die Atlanta Hawks lieben den Dreier. Gern bauen sie ihre Offense um den gewinnbringendsten aller Würfe auf. Und das zu Recht. Immerhin trafen während der Regular Season lediglich die Warriors sicherer von draußen (39,8 Prozent 3FG gegenüber 38 3FG). Zudem wissen die Hawks einen gewissen Kyle Korver in ihren Reihen - und damit einen Shooting Guard, der in der Regular Season beinahe die Hälfte seiner Würfe von draußen traf (49,2 Prozent 3FG).
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Grundsätzlich ist Atlantas Liebe zum Dreier also nachvollziehbar. Grundsätzlich ist auch nachvollziehbar, dass Coach Mike Budenholzer immer wieder Spielzüge für seinen Shooter laufen lässt. Es hat schließlich funktioniert. Nun funktioniert es allerdings nicht mehr ganz so gut. Denn sowohl Brooklyn in Runde eins als auch Washington, nun in Runde zwei, verstehen es blendend, Korver das Leben schwer zu machen.
So rutschten die Quoten des 34-Jährigen von draußen in den Playoffs auf ganz menschliche 37,5 Prozent. Zu sagen, Korver träfe nicht mehr, führte sicherlich zu weit. Trifft der Zweier nicht verlässlich, ist Atlantas Offense jedoch in Schwierigkeiten. So auch in Spiel 2. Dort versenkte Korver lediglich 4 seiner 11 Würfe von Downtown, versuchte es selbstverständlich dennoch weiter und war - ebenso selbstverständlich - auch immer wieder Ziel diverser Zuspiele seiner Mitspieler.
Dreier statt Layup
Mitunter spielten Atlantas Big Men unter dem Korb sogar den Kickout-Pass Richtung Dreierlinie, obwohl der Layup am Ende wohl die sicherere Variante gewesen wäre. Das ist Atlantas Spiel. Das hat ihnen das Heimrecht bis in die Conference Finals gesichert. "Ich muss einfach weitermachen", sagt deshalb auch Korver. "Man darf nicht aufhören, zu werfen."
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Ein wenig angepasst hat sich Atlanta dennoch. Häufiger als zuletzt suchten die Hawks den Zug zum Korb, schlossen immer wieder in Ringnähe ab und hatten so am Ende immerhin 38 Punkte in der Zone gesammelt. Dass man das Rebound-Duell für sich entschied (44:40), darf ebenfalls positiv vermerkt werden.
Weniger positiv waren dafür die Quoten. Atlanta hadert bereits die gesamte Postseason ein wenig mit seinem Wurf, das setzte sich auch in Spiel 2 gegen die Wizards fort. Nur 10 von 29 Dreiern fanden ihren Weg durch die Reuse, Jeff Teague beendete das Spiel gar mit einer Quote von 25 Prozent aus dem Feld. Wie das gesamte Team, sucht auch der Point Guard noch sein Spiel für die Postseason. Noch fehlt Atlanta die Balance, noch ist Teague nicht der souveräne Regisseur, den er während der ersten 82 Spiele gab.
Mehr Spielzeit für Schröder?
Unter Umständen wäre es deshalb vielleicht sogar überlegenswert, Dennis Schröder ein wenig mehr Spielzeit zu geben. Nun möchte an dieser Stelle niemand in Verdacht geraten, Mike Budenholzer durch die deutsche Brille hindurch erklären zu wollen, wie er seinen Job zu erledigen hat. Coach Bud ist schließlich nicht umsonst Coach of the Year und weiß seine Entscheidungen sicherlich bestens zu begründen.
Mehr als ordentlich war Schröders Leistung in Spiel 2 dennoch. 9 Punkte, 5 Rebounds, 4 Assists, kein einziger Ballverlust - und das in lediglich 15 Minuten. All das sind mehr als solide Zahlen für einen Backup Point Guard. Zumal Schröders Drive (5/6 FT) den Hawks sichtlich gut tat, zu jenem Stilmittel beitrug, das rein offensiv zu Atlantas Sieg beitrug.
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Defense als Schlüssel
Andererseits hat noch kein Team Spiele allein durch permanentes Ziehen Richtung Zone gewonnen. Auch nicht die Hawks. Also lieferte Coach Budenholzer direkt Grund Nummer zwei. "Wir müssen das einfach über 48 Minuten bringen. Schnelle Hände. Aktivität. Das brauchen wir", erklärte der Coach. Was er damit meint: Atlanta zog in der Defense speziell im Schlussviertel merklich an, setzte die Wizards zusehends unter Druck. Das Resultat: Während der finalen zwölf Minuten traf Washington nur 4 seiner 15 Würfe und musste angesichts lediglich 15 eigener Zähler abreißen lassen.
Die in den Playoffs so essentiellen Anpassungen hatte Atlanta also teilweise vorgenommen. Auf ein völlig neues Vorzeichen konnten sich die Hawks allerdings nicht einstellen - und profitierten am Ende dennoch nicht unwesentlich. John Wall war nicht dabei. Washingtons Double-Double-Maschine hatte sich bereits in Spiel 1 am Handgelenk verletzt.
"Wollte keine 100 Turnover fabrizieren"
Was war passiert? Teague hatte Wall beim Layup-Versuch unabsichtlich unterlaufen, der Einser das Gleichgewicht verloren. Soweit nichts Besonderes. Wall ließ sich tapen, beendete das Spiel und führte die Wizards zum ersten 5:0 der Playoff-Franchise-Geschichte. Er wollte auch in Spiel 2 dabei sein, "sollte nichts gebrochen sein." Das ist laut zweier Ärzte tatsächlich nicht der Fall. "Und ich hoffe, dass sie mich nicht anlügen", erklärte Wall mit einem Augenzwinkern.
Allerdings schwoll die Hand am Abend nach Spiel 1 derart monströs an, dass der Point Guard kaum noch eine Flasche öffnen konnte. Als er sich am Dienstag vor der zweiten Partie am Ball versuchte, ging ebenfalls wenig.
"Normalerweise spiele ich bei jedem Schmerz", sagte Wall. "Diesmal war es allerdings ein Schmerz, bei dem ich das Gefühl hatte, den Ball nicht kontrollieren und meinem Team so nicht helfen zu können. Das bringt nichts. Ich wollte nicht da rausgehen und 100 Turnover fabrizieren. Das wäre Zeitverschwendung gewesen."
Wizards selbstbewusst
Zeitverschwendung war Spiel 2 für die Wizards trotz der Niederlage sicherlich nicht. Immerhin hielten sie auch ohne ihren besten sehr gut mit. Vermisst haben sie Wall dennoch. Seinen Willen. Seinen Drive. Seine Leaderqualitäten. "Natürlich fehlt dir ein John Wall", gestand auch Paul Pierce, der mit 15 Punkten (3/5 3FG) abermals eine starke Vorstellung geliefert hatte. "Er ist ein All-Star Starter, unser bester Spieler. Aber wir benutzen das nicht als Entschuldigung, denn wir glauben, dass wir sie mit dem schlagen können, was wir haben."
Diesmal konnten sie es nicht. Denn wo Wall dank seines Zugs zum Korb Räume für seine Mitspieler kreiert - und selbige schlussendlich auch findet -, mussten sich die Wizards diesmal selbst darum kümmern, irgendwie zu hochprozentigen Würfen zu kommen. Schließlich war Ramon Sessions zwar ein guter Ersatz, am Ende aber eben kein gleichwertiger. Dass Washington dennoch starke Quoten auflegte (42,Prozent FG, 54,5 Prozent 3FG), spricht wiederum für Pierce' These. Dass im Schlussviertel offensiv wenig gelang, eher dagegen.
So oder so: Die Wizards waren dran, übten ohne Wall aber nicht denselben Druck am Perimeter aus - sowohl offensiv als auch defensiv. Und Atlanta nutzte es. Nun haben beide Teams bis Samstag Zeit. Atlanta, um weitere Anpassungen vorzunehmen. Washington, um seinen Point Guard irgendwie fitzubekommen. Ob es klappt? "Ich weiß es nicht", sagte Wall und wurde im nächsten Atemzug klassisch, amerikanisch pathetisch. "Gott hat einen Plan. Alles, was ich tun kann, ist, mich behandeln zu lassen und mich so vorzubereiten, als liefe ich in Spiel 3 auf."