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Kerrs Problem mit der Leine

David Lee hatte in Spiel 3 einen unerwartet starken Auftritt
© getty

Das dritte Spiel der Finals gegen die Cleveland Cavaliers haben die Golden State Warriors verloren - und doch etwas gewonnen: Eine Portion des alten Steph Curry und eine neue Option namens David Lee. Hat Steve Kerr die Lösung für die kränkelnde Offense gefunden oder ist Lee lediglich eine Pseudo-Hilfe?

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David Lee kommt ins Spiel. Nach 20 Minuten. David Lee dunkt einmal, anschließend fängt er einen Pass von Matthew Dellavedova ab. Dann setzt sich David Lee wieder auf die Bank.

Seit ihm Draymond Green bei den Warriors den Rang abgelaufen hatte, sind solche Kurzeinsätze für David Lee in der Regular Season an der Tagesordnung. So wie auch in der ersten Hälfte von Spiel 3. Im Gegensatz zu den ersten beiden Spielen, in denen er nicht eine Minute aufs Parkett durfte, schon einmal ein Fortschritt. Doch dann bricht das vierte Viertel an.

David Lee kommt ins Spiel. David Lee legt für Andre Iguodala auf und Leondro Barbosa auf. David Lee trifft einen Layup inklusive Bonusfreiwurf. David Lee versenkt den Midrange-Jumper. David Lee hindert LeBron am Korberfolg. David Lee holt sich einen Offensivrebound. Punkt für Punkt tragen die Warriors den Vorsprung der Cavaliers ab - und David Lee setzt sich nicht wieder auf die Bank.

Kurze oder lange Leine?

Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen eines Coaches. Wie viel Spielraum gebe ich meinem Team? Wie lange kann ich Fehler tolerieren? Wie viel Leine lasse ich meinen Startern, insbesondere den unerfahrenen, um diese Fehler abzustellen?

Gregg Popovich hätte vermutlich schon mehrfach das komplette Warriors-Lineup ausgewechselt. Aber Steve Kerr ist nicht Pop. Und eine Erfolgsgarantie gibt es auch für die radikalen Maßnahmen des fünffachen Meistermachers nicht.

Fehler allerdings gab es bei Golden State schon reichlich, besonders deutlich wurden sie im dritten Viertel von Game 3. Binnen neun Minuten wuchs der Rückstand von unscheinbaren 4 Zählern auf satte 20 Punkte an - und zum ersten Mal in diesen Playoffs ließen die sonst stets positiven Warriors die Köpfe hängen.

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Sündenbock Green?

Auf den ersten Blick steht MVP Steph Curry stellvertretend für die offensive Misere der Dubs, doch bei genauerem Hinsehen scheint ein anderer Spieler das Problem zu sein: Draymond Green. In den gesamten Finals hat der Power Forward lediglich einen einzigen Jumpshot getroffen. Einen einzigen! Dabei hat der zu klein geratene Vierer im Wurf vom Perimeter eine seine stärksten Waffen - vor allem, wenn er im Small Ball Lineup gegen den gegnerischen Center spielt.

Aufgrund seines Zitterhändchens trifft Green derzeit aber nicht mal einen stehenden Monster-Truck. Gepaart mit dem seit jeher fehlenden Midrange-Game macht ihn das komplett berechenbar. Die einzige Option heißt: Kopf runter und ab zum Brett.

Dort wartet meist schon ein abgesunkener und Timofey Mozgov mit vor Vorfreude glänzenden Augen. Der Russe macht wie Roy Hibbert vor wenigen Jahren exzellenten Gebrauch von der Verticality-Regel und vereitelt dabei fast jeden von Greens Layups. Mit 8 von 30 verwandelten Fieldgoals hat Green nach drei Finals-Partien die viertschlechteste Trefferquote aller Spieler seit 1970!

Inwieweit die Rückenprobleme des 25-Jährigen dabei eine Rolle spielen, ist nicht bekannt, doch wie man es dreht und wendet: Die fehlende Gefahr des Power Forwards spielt den Cavs in die Karten. Ihre gute Team Defense kann es sich erlauben, Green häufig stiefmütterlich zu verteidigen und sich stärker auf das Shooting der Splash Brothers und den damit verbundenen Rotationen zu konzentrieren. Und bis Green zwei Würfe in Folge trifft, wird sich das nicht ändern.

Bogut, der Statist

Ein ähnliches Problem zeigt sich bei Andrew Bogut. Der Warriors-Center ist offensiv schon fast bei der Statistenrolle von Bulls-Center Joakim Noah angekommen. Eine Bedrohung für den gegnerischen Korb? Da lachen ja die australischen Hühner!

Selbst nach einem Offensivrebound am Ring passt Bogut den Spalding derzeit lieber raus, als zum Korbversuch hochzugehen - wie Green hat er das Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten komplett verloren.

Einer der Gründe dafür: In der gesamten Saison wurde es den Warriors bei weitem nicht so schwer gemacht zu punkten, wie gegen Cleveland. Es ist einfach auch eine neue Situation für das gesamte Team. Harrison Barnes leidet genauso darunter: Im dritten Spiel traf er nicht einen seiner acht Wurfversuche und auch sein Kopf hing mehrfach im 90-Grad-Winkel nach unten.

Die Serie im Überblick!

Die Option Lee

Es war vermutlich eher eine Maßnahme der Kategorie "Ich-weiß-mir-nicht-mehr-anders-zu-helfen", doch mit der Einwechslung von Bankdrücker David Lee hauchte Steve Kerr seiner Offense wieder neues Leben ein. Nicht nur, dass sich Curry sichtlich wohl fühlte, wieder neben seinem langjährigen Pick-and-Roll-Partner auf dem Court zu stehen, auch die Köpfe der Warriors richteten sich mit jeder gelungenen Aktion von Lee wieder ein Stückchen mehr auf.

"Ja, im nächsten Spiel werdet ihr mehr von ihm sehen", sagte Steve Kerr unmittelbar nach dem Spiel. Doch gibt er Coach Lee mehr Minuten, ergeben sich daraus andere Baustellen. Der Topverdiener der Warriors nennt zwar einen guten Midrange-Jumper sein Eigen und rollt hart zum Brett, doch in der Defense ist er Green mit Ausnahme seines Reboundings unterlegen. Und: Er hatte den Überraschungsfaktor auf seiner Seite. In Spiel 4 wird Cleveland vorbereitet sein.

Die Cavs haben bereits gezeigt, wie extrem sie ausgemachte Schwächen penetrieren und würden wohl in jedem Angriff ein Pick-and-Roll mit Lees Gegenspieler laufen, um ihn defensiv unter Druck zu setzen. Dort hat der ehemalige Allstar seine Probleme. In den 13 Spielminuten von Game 3 leistete sich Lee beispielsweise 5 Fouls.

Hilft ein Wechsel?

Ist es Zeit für einen Wechsel in der Starting Five? Andre Iguodala ist neben Lee einer der Lichtblicke bei Golden State. Nicht nur, dass er James besser verteidigt als Barnes, auch offensiv schaltet er sich ein und strahlt Ruhe und Übersicht aus. Erfahrung, die Barnes und Green sichtbar abgeht.

Andererseits hat Barnes in den Conference Finals gegen Houston gezeigt, dass er mit dem Druck umgehen kann. Dort leistete er sich ebenfalls ein punkloses Spiel und antwortete mit 14 bzw. 24 Punkten in den folgenden Partien. Da ist es wieder: Kerrs Problem mit der Leine.

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Eine Portion MVP, bitte!

Weitaus mehr helfen als Umbaumaßnahmen würde den Warriors eine Transformation von Stephen Curry zu seinem Regular-Season-Ich. Nach einem desolaten zweiten Spiel sah auch in Cleveland zunächst alles nach einem Streichergebnis aus, doch im vierten Viertel war endlich wieder der MVP zu sehen.

Mit dem Mut der Verzweiflung - er hatte zuvor 28 Minuten lang keinen Wurf getroffen - nahm Chef Curry endlich wilde Dinger, hatte Spaß und bestrafte die Cavs auch von einem Meter hinter der Dreierlinie nach einem Triple-Screen.

Zwickmühle statt Mojo

Darauf, dass Curry sein Mojo in Ohio wiedergefunden hat und die Serie ab Spiel 4 nun an sich reißt, sollten sich die Warriors dennoch nicht verlassen. Vielmehr sind es seine Mitspieler, die anfangen müssen, ihre Gelegenheiten zu nutzen.

Ob nun Green oder Lee, Barnes oder Bogut - sie müssen treffen. Dann können die Dubs Cleveland endlich vor die nahezu unlösbare Aufgabe stellen, an der jedes andere Team zuvor gescheitert war. Entweder sie geben Curry mehr Raum zur Entfaltung oder sie fischen den Ball nach einem Wurf der anderen Warriors aus dem Korb. Aber so lange Golden State diese Zwickmühle nicht öffnen kann, liegt der Vorteil bei den Cavs.

Die Finals im Überblick

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