Märchen folgen immer einem gewissen Schema. Es gibt Gut, es gibt Böse, es gibt meist ein Happy End und eine Nachricht, warum das Böse dem Guten unterlag. Ob der Sieg der Denver Nuggets nun in der Kategorie Märchen verortet werden darf, sei mal dahin gestellt, dennoch gibt es für die Story der Nuggets wohl keinen passenderen Ort als Walt Disney World.
Durch den 104:89-Sieg gegen den turmhohen Favoriten aus L.A. schrieben die Nuggets Geschichte. Sie sind das erste Team, das in einer einzigen Postseaon gleich zwei 1-3-Serienrückstände noch umbiegen konnte. Vor allem der Sieg über die Clippers kam völlig unerwartet und setzte NBA-Twitter in Brand. Es hagelte Häme und Spott für L.A., Lob und Bewunderung für die Nuggets.
Die wussten selbst nicht so genau, was sie damit anfangen sollten. Coach Michael Malone verwies bereits in Spiel 6 darauf, dass Denver doch immerhin der 3-Seed sei und schon im vergangenen Jahr das zweitbeste Team der Western Conference war. Dennoch waren die Rollen vor der Serie klar verteilt, nur wenige trauten den Nuggets überhaupt zu, dass sie mehr als fünf Spiele überleben würden.
Denver Nuggets: Der Glauben war immer da
Spätestens nach Spiel 6 wurden die Zweifler eines Besseren belehrt, nicht zuletzt weil Denver gleich zweimal noch einen großen Rückstand umbog. Innerhalb des Nuggets-Teams war der Glauben an den Sieg aber schon viel früher gereift. "Wir haben schon nach Spiel 2 gemerkt, dass wir in ihren Köpfen sind", gab Jamal Murray an. Laut dem Kanadier hätte sich schon da das Selbstvertrauen gebildet, dass das scheinbar übermächtige Clippers-Team zu knacken sei.
"Wir haben es dann in Spiel 3 bestätigt bekommen. Wir haben das Spiel verloren, weil wir es hergeschenkt haben. Gleichzeitig haben wir auch realisiert, wie gut wir eigentlich sind", erklärte Murray.
Dieser Glauben verschwand nicht mehr, auch nicht, nachdem sich Denver in jedem Spiel einen zweistelligen Rückstand einhandelte.
Das zeugt von Nervenstärke. Sechsmal mussten die Nuggets nun schon gegen das eigene Ausscheiden antreten, sechsmal gingen sie als Sieger hervor, was einen neuen NBA-Rekord darstellt. Zufrieden sind die Nuggets damit aber noch nicht, nun sollen auch die Los Angeles Lakers um LeBron James und Anthony Davis dran glauben.
Denver Nuggets: Conference Finals sollen nicht das Ende sein
"Unser Ziel war es nicht, in ein Spiel 7 zu kommen", beteuerte Malone. "Vor der Saison hatten wir das Ziel, Meister zu werden. Das mag für einige fernab des Teams übermütig geklungen haben, aber wir haben dieses Ziel nie aus den Augen verloren."
Immerhin bleiben den Nuggets nun einige Tage, um die Tanks wieder aufzufüllen. Spiel 1 der Western Conference Finals ist um 3 Uhr deutscher Zeit in der Nacht von Freitag auf Samstag angesetzt (die kompletten Conference Finals gibt es live auf DAZN).
Es ist eine Pause, die Nikola Jokic und Murray sicherlich gerne in Anspruch nehmen. Die beiden Franchise-Stars nahmen das Team erneut auf ihren Rücken und zeigten im Gegensatz zum Clippers-Duo bestehend aus Kawhi Leonard und Paul George, wie sich Stars miteinander ergänzen können.
Jokic scorte im ersten Viertel, worauf die Clippers reagierten und Murray mehr Platz boten. Dieser dankte es mit 20 seiner 40 Punkten im zweiten Abschnitt, während der Serbe weiter als Fixpunkt der Offensive alles koordinierte und ein Triple-Double aus 16 Punkten, 23 Rebounds und 11 Assists aufs Parkett zauberte (hier geht es zu den Highlights von Jokic). Es war das erste Triple-Double mit mindestens 20 Brettern seit Kevin Garnett im Jahr 2004 für die Minnesota Timberwolves.
Denver Nuggets: Keiner hat an sie geglaubt
Nicht weniger wichtig war aber, dass nach der Pause auch die Rollenspieler endlich ihren Rhythmus fanden. In Halbzeit eins hatten alle Nuggets, die nicht Murray oder Jokic heißen, nur 2/13 aus dem Dreierland getroffen. Erinnerungen an Spiel 7 gegen Portland im Vorjahr wurden wach.
Doch Denver zeigte Zusammenhalt und Reife, ein Umstand, der den Clippers abging. Plötzlich trafen Gary Harris und Jerami Grant und plötzlich stand auch die Defense und ließ Jokic zeitweise wie einen brauchbaren Defensiv-Center aussehen. Alleine im vierten Viertel benötigten die Clippers über sieben Minuten, um überhaupt ein Field Goal zu erzielen. Denver hatte da inzwischen einen Vorsprung von 15 Punkten herausgearbeitet.
"Wir akzeptieren es nicht, wenn jemand besser ist als wir", sagte Jokic nach dem Spiel. "Keiner wollte uns hier haben. Keiner hat an uns geglaubt. Wir haben aber bewiesen, dass wir doch dazu in der Lage sind."
Vor allem Jokic selbst unterstrich das dick und fett. Clippers-Coach Doc Rivers befand nach der Serie, dass der Joker "nicht zu stoppen" gewesen sei. Ob Mann-gegen-Mann oder Doppeln, der Center fand immer wieder Löcher und Lösungen gegen die vielen verschiedenen Ansätze der Clippers-Defense.
Es machte Spaß, dem vielleicht besten passenden Center aller Zeiten zuzuschauen und auch er selbst schien sichtlich Freude an dieser Partie zu haben. Die Mission der Nuggets ist allerdings noch nicht vorbei. Geht es nach den Mannen aus der Mile High City, ist das Märchen noch nicht zu Ende geschrieben.
Clippers vs. Nuggets: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Team 1 | Team 2 | Ergebnis |
1 | 4. September | 3 Uhr | L.A. Clippers | Denver Nuggets | 120:97 |
2 | 6. September | 3 Uhr | L.A. Clippers | Denver Nuggets | 101:110 |
3 | 8 September | 3 Uhr | Denver Nuggets | L.A. Clippers | 107:113 |
4 | 10. September | 3 Uhr | Denver Nuggets | L.A. Clippers | 85:96 |
5 | 12. September | 0.30 Uhr | L.A. Clippers | Denver Nuggets | 105:111 |
6 | 13. September | 19 Uhr | Denver Nuggets | L.A. Clippers | 111:98 |
7 | 16. September | 3 Uhr | L.A. Clippers | Denver Nuggets | 89:104 |