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"Ohne ihn wären wir nicht hier": Orlando Magic stärken Franz Wagner nach Debakel den Rücken

Von Robert Arndt
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Franz Wagner machte ausgerechnet in Spiel 7 bei den Cleveland Cavaliers sein wohl schlechtestes Spiel der Saison. Der Berliner gibt sich enttäuscht, seine Kollegen stärken ihm aber den Rücken. Dennoch: Diese Performance könnte den DBB-Star auch einiges an Geld gekostet haben.

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Aus und vorbei. Eine tolle Saison der Orlando Magic endete mit einem bitteren Beigeschmack. Mit 94:106 unterlag die Franchise aus Florida bei den Cleveland Cavaliers, obwohl sie in Halbzeit eins noch mit 18 Punkten geführt hatte. Es war das größte Comeback in einem Spiel 7 der Playoff-Historie. Nur noch 25,6 Prozent ihrer Würfe trafen die Magic nach der Pause und niemand stand dafür sinnbildlicher als Franz Wagner.

1/15 aus dem Feld, 0/9 in der zweiten Halbzeit - es war ein komplett gebrauchter Nachmittag für Wagner im Rust Belt der USA. "Dafür haben wir gearbeitet, von solchen Situationen träumst du als Kind", hatte Wagner noch nach dem erfolgreichen Spiel 6 frohlockt. Letztlich wurde es zu einem Albtraum für den Berliner und sein Team, das zwar gegen einen schlagbaren Gegner vieles versuchte, aber letztlich in seinen Mitteln limitiert und zu grün hinter den Ohren war.

Franz Wagner: "Habe die Mannschaft ein bisschen im Stich gelassen"

Nach einer guten Anfangsphase mit einigen verwandelten Dreiern ging Orlando komplett die Struktur flöten, stattdessen gab es viel Iso-Ball für Banchero und als die Partie nach der Pause endgültig kippte, war auch Wagner vor Brechstangen-Basketball nicht mehr gefeit. Cleveland hatte auf die Pleite in Spiel 6 reagiert und zog Evan Mobley von Paolo Banchero ab, stattdessen campte der Big Man über 48 Minuten in der Zone, sodass es für Wagner einfach kein Vorbeikommen gab, egal, was immer er auch versuchte.

"Natürlich habe ich von mir selbst viel mehr erwartet", ärgerte sich Wagner mit enttäuschter Miene nach dem Spiel. "Es ist schon richtig bitter, dass unsere Saison so enden musste. Ich habe schon das Gefühl, dass ich meine Mannschaft heute ein bisschen im Stich gelassen habe."

Magic-Coach Jamal Mosley wollte davon nichts wissen: "Franz hat gekämpft und alles versucht, um das zu machen, was wir brauchen", versicherte der 45-Jährige. "Ich kenne niemanden, der so ehrgeizig wie Franz ist. Er will es unbedingt und ist hart im Nehmen. Er wird sich davon erholen und das ist einer der Gründe, warum er mal ein All-Star sein wird."

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Franz Wagner: Auch Hall of Famer waren mal eiskalt

Achtmal gab er in der Zone zum Abschluss, achtmal blieb der Deutsche ohne Erfolg. Zusammen mit seiner in dieser Saison unerklärlichen Dreier-Schwäche ergab das eben 1/15 aus dem Feld. So etwas ist auch schon anderen passiert, so warf zum Beispiel Ray Allen (der war damals schon neunfacher All-Star) mal 0/13 in Spiel 3 der NBA Finals 2010. Wagner wollte zwar offensichtlich keine Jumper mehr nehmen, zog aber immerhin noch zum Korb, auch weil sein Team das brauchte - wenngleich es letztlich keinen Erfolg hatte.

Dion Waiters sagte einmal: "Ich würde lieber 0/30 als 0/9 werfen, weil wenn ich ein Spiel mit 0/9 beende, heißt es, dass ich aufgehört habe, zu werfen." Gut, Dion Waiters ist vielleicht nicht der beste Ratgeber, aber der Kern der Message ist schon wahr. Für Wagner sollte dies eine kleine Lehrstunde sein, um weiter an seinem Spiel zu arbeiten. Ja, seine Eurosteps sind schwer zu verteidigen, doch auf dem allerhöchsten Niveau eben auch ein bisschen durchschaubar. Sein Dribbling mit der linken Hand bleibt verbesserungswürdig.

NBA: Die schlechtesten Quoten in einem Playoff-Spiel seit 2000 (min. 12 FGA)

PlatzSpielerTeamGegnerJahrFG3PQuote (%)
1Ray AllenCelticsLakers20100/130/80,0
2Nate RobinsonBullsHeat20130/120/50,0
2Trevor ArizaRocketsWarriors20180/120/90,0
4Michael FinleyMavericksSpurs20011/170/45,9
5Reggie MillerPacersLakers20001/160/36,3
5Carmelo AnthonyNuggetsTimberwolves20041/160/26,3
5Mike BibbyKingsSonics20051/160/66,3
8Franz WagnerMagicCavaliers20241/150/56,7

Und: Wagner braucht Konter, wenn die Defense ihm die Drives wegnimmt. Gerade in den Playoffs ist es keine Schande, mal hart abzustoppen und den langen, ineffizienten Zweier zu nehmen. Zwei Punkte sind zwei Punkte und können gegnerische Runs beenden oder einfach dafür sorgen, mal den Ball durch die Reuse fliegen zu sehen. Laut Cleaning the Glass nahm Wagner in dieser Saison genau 34 Mitteldistanzwürfe und netzte davon elf, 2022/23 waren es noch 21/50.

Mit 22 Jahren ist Wagner sowieso noch jung genug, um genügend Elemente seinem Spiel hinzuzufügen und diese erste Playoff-Teilnahme war sicherlich eine hilfreiche Erfahrung, auch um selbst zu sehen, wo man wirklich steht. Es wird nicht seine letzte Postseason gewesen sein, dafür sind die Magic viel zu talentiert und jung. Vielmehr steht diese Mannschaft gerade erst am Anfang.

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Franz Wagner: Auswärts wollte es nicht klappen

"Ohne Franz wären wir gar nicht in dieser Position gewesen", betonte Mitspieler Paolo Banchero. "Er erwartet immer sehr viel von sich selbst und ich kenne solche Situationen auch. Diese Niederlage definiert nicht sein Spiel. Er wird das als Motivation nehmen und sein Spiel auf ein neues Level heben. Er hat heute niemanden im Stich gelassen. So etwas passiert. Das war unsere erste Playoff-Teilnahme und ich bin stolz auf das, was wir geleistet haben. Wir werden wiederkommen."

Banchero (21) war zwar nicht effizient, scheute aber die große Bühne nicht, gleiches galt für Jalen Suggs (22), der schon jetzt einer der besten Perimeter-Verteidiger der NBA ist und sicherlich auch lernen wird, wie man eine NBA-Offense führt. Womöglich holen sich die Magic für einen der Guard-Spots auch externe Hilfe. Mit einem erfahrenen Point Guard, der für Ruhe und Struktur sorgt, hätten die Magic diese Serie wohl gewonnen, dazu hätten die Youngster profitiert.

Es ist eben doch viel verlangt, in so jungen Jahren auf solch einer Bühne so viel Verantwortung zu schultern. Es ist auch nicht selten, dass ein junges Team vor heimischem Publikum völlig anders auftritt als in einer fremden Halle. "Rollenspieler treffen daheim besser" heißt es oft, gleiches gilt meist auch für junge Spieler. Dass die Diskrepanz bei Wagner so extrem ausfällt, kann auch an der kleinen Stichprobe liegen.

Franz Wagner: Seine Spilts in den Playoffs

/PunkteFG%3P%FT%REBASTTOV
Heim25,357,830,895,27,74,70,3
Auswärts14,027,623,882,66,34,32,0

Franz Wagner: Im Sommer stehen Vertragsverhandlungen an

Seine 1/15-Performance kommt dennoch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt und könnte ihn womöglich einiges an Geld kosten. Drei Jahre hat Wagner nun in der NBA auf dem Buckel, es verbleibt somit nur noch ein Jahr in einem Rookie-Vertrag. Kommende Spielzeit wird der Flügelspieler rund 7 Millionen Dollar einstreichen, kann aber mit dem Start der Free Agency bis zum Beginn der Saison 2024/25 bereits über eine sogenannte "Rookie Extension" verhandeln.

Maximal könnten die Magic hier einen Fünfjahresvertrag anbieten, der mit bis zu 25 Prozent des Salary Caps startet. Danach sind jährliche Gehaltserhöhungen von bis zu 8 Prozent möglich. Für das Jahr 2025/26 wird derzeit mit rund 155 Millionen Dollar gerechnet, somit wären für Wagner also in Jahr eins rund 38,7 Millionen möglich. Rechnet man das auf die maximalen fünf Jahre hoch, sind das knapp 230 Millionen Dollar. Die genaue Zahl wird erst 2025 feststehen, wenn aufgrund des Umsatzes der NBA klar ist, wie hoch der Salary Cap wirklich ist.

NBA: So sieht eine maximale Rookie Extension ab 2025 aus

25/2626/2727/2828/2929/30GESAMT
38,8 Mio.41,9 Mio.45,2 Mio.48,9 Mio.52,8 Mio.227,4 Mio.

Das ist die Theorie, allerdings steckt Wagner hier ein wenig zwischen den Fronten. Bei Spielern wie Anthony Edwards oder Tyrese Haliburton im Vorjahr war recht klar, dass sie die volle Summe bekommen würden, sie spielten schon in Jahr drei auf All-Star-Niveau, entsprechend gab es da weniger zu verhandeln. Bei Wagner ist es stattdessen etwas schwieriger. Hier dürften als jüngste Beispiele Desmond Bane (Grizzlies) oder Devin Vassell (Spurs) herhalten. Beides gute Spieler, aber doch ein ganzes Stück von einem All-Star Game entfernt.

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Franz Wagner: 230 Millionen Dollar werden es vermutlich nicht

Bane erhielt von Memphis einen Maximalvertrag (5 Jahre, 197 Mio.), Vassell wird über fünf Jahre immerhin 135 Millionen kassieren. Der Spurs-Guard dürfte für Wagner als das absolute Minimum herhalten, schätzungsweise liegt der Berliner irgendwo dazwischen.

Aber: Es kann auch passieren, dass sich die beiden Parteien zunächst einmal nicht einigen und Wagner sich dazu entscheidet, auf ein noch besseres viertes Jahr zu setzen. Das ist ein Risiko, aber auch nicht unüblich. In der Free Agency 2025 könnte dann neu verhandelt werden, Wagner wäre dann ein Restricted Free Agent. Heißt: Jedes Team kann dem Berliner ein Angebot machen, die Magic müssten dann das Angebot matchen, um den Deutschen in ihren Reihen zu behalten.

Für den Moment ist das Zukunftsmusik, zu frisch ist die Enttäuschung und das Wissen darüber, dass Orlando hier eine goldene Chance vergab, erstmals seit 13 Jahren mal wieder eine Serie zu gewinnen. Wagner wird in den nächsten Jahren nicht am Hungertuch nagen (sein Bruder zahlt ja vorbildlich Miete), dazu steht mit Olympia die nächste große Herausforderung im Juli bereits vor der Tür. Wagner und die Magic haben mit dieser Saison gezeigt, dass es vorangeht und die Zukunft durchaus rosig aussieht. Das muss im Hinterkopf bleiben und nicht ein Spiel, in dem man 1/15 wirft.