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"Die härteste Aufgabe, die wir je hatten": Mit diesem Kyrie Irving haben die Dallas Mavericks in den Finals keine Chance

Von Stefan Petri
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Die Dallas Mavericks liegen in den NBA Finals mit 0-2 gegen die Boston Celtics zurück. Bei den Mavs läuft bislang wenig zusammen, vor allem aber Kyrie Irving ist bislang eine einzige Enttäuschung. Der Superstar nimmt es gelassen - und hat angesichts seiner Vorgeschichte sogar Grund zum Optimismus -, doch die Zahlen sprechen eine klare Sprache.

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NBA Finals: Wo kann man die Spiele im TV und Livestream sehen?

Eines muss man Kyrie Irving lassen: Der 32-Jährige schafft es mittlerweile, selbst in sportlich prekären Momenten Gelassenheit auszustrahlen. Das passt zu der ihm zugeschriebenen Zen-Mentalität, vielleicht auch zu einem gesunden Verhältnis zu seinem Sport - wer sich nur über Siege und Niederlagen definiert, steht irgendwann mit leeren Händen da. Vielleicht ist es auch betont zur Schau getragenes Selbstbewusstsein, mit absoluter Sicherheit weiß das nur er selbst.

Wie auch immer: In seinen knapp siebeneinhalb Minuten auf dem Podium wirkte der Guard der Dallas Mavericks am Sonntag nach dem knapp verlorenen Spiel 2 gegen die Boston Celtics wenn nicht aufgeräumt, dann doch zumindest tiefenentspannt, als er eloquent die ihm gestellten Fragen beantwortete. Im Gepäck hatte er unter anderem Trost für Nebenmann Luka Donic, der die Schuld für die Pleite trotz eines starken Triple-Doubles mit 32 Punkten auf sich genommen hatte ("Meine Ballverluste und meine verfehlten Freiwürfe haben uns den Sieg gekostet").

Davon wollte Irving nichts wissen: "Er ist nicht allein, das werden wir ihm auch sagen." Vielmehr hätten sich die Mavs "heute ein bisschen selbst geschlagen, mit unseren Ballverlusten und unseren defensiven Rotationen." Und überhaupt: "Es lag definitiv nicht nur an mir, aber ich übernehme definitiv den Löwenanteil", betonte er. "Offensiv muss ich einfach besser sein."

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Kyrie Irving: Vom "besten Backcourt der Geschichte" zum Totalausfall

Um es mit Goethes Faust zu sagen: "Das ist des Pudels Kern." Im Mavericks-Lager wünscht man sich derzeit sehnsüchtig, Irving würde sich auf dem Parkett in der Ausübung seiner Hauptaufgaben so wohl fühlen wie anschließend mit dem Mikrofon in der Hand. Der Unterschied: Auf der Pressekonferenz wird er nicht von der Defense der Celtics in die Mangel genommen. Nach mageren 12 Punkten im Auftaktspiel der Finalserie startete Irving diesmal zwar deutlich besser (4/5 FG) im ersten Viertel, kühlte im Anschluss aber deutlich ab und beendete seinen Arbeitstag erneut mit mehr Würfen aus dem Feld als Punkten (16 Punkte, 7/18 FG).

Ein krasser Absturz für den famosen Dribbler, der auf dem Weg in die Finals vom einen oder anderen US-Experten an der Seite von Doncic sogar in den Pantheon der besten NBA-Backcourts der Geschichte erhoben worden war. Gegen die LA Clippers und Minnesota Timberwolves hatte er konstant als Lukas fast gleichwertiger Sidekick punkten können, gegen die Thunder funktionierte immerhin der Wurf von außen und der Pass auf die freien Teamkollegen.

In den zwei Spielen im Bostoner TD Garden funktionierte dagegen fast gar nichts. Von der Dreierlinie steht er nach acht Versuchen noch ohne Treffer da. Die Quote beim Pullup-Jumper aus dem Dribbling heraus ist laut ESPN auf 32,3 Prozent abgestürzt (10/31 FG), das waren im Playoff-Verlauf bis dahin fast 43 Prozent (36,2 Prozent von Downtown). Und an die Linie kommt er auch nicht.

Kyrie Irving: Statistiken in den NBA-Playoffs 204

SerieSpielePTSFG / 3FGFTREBASTSTLTO
Clippers626,551,4 / 44,9 (%)3,8 / 4,55,74,71,82,3
Thunder615,744,0 / 42,3 (%)1,5 / 1,82,36,21,02,7
Wolves527,049,0 / 37,5 (%)4,2 / 5,23,64,60,62,4
Celtics214,035,1 / 0,0 (%)1,0 / 1,02,54,01,02,5

Kyrie Irving: Die Boston Celtics machen ihm das Leben schwer

Hauptsächlich liegt das an der einzigartigen Herausforderung, vor diese Celtics-Defense ihn stellt: Jrue Holiday und Derrick White gehören zu den besten Guard-Verteidigern überhaupt, Jaylen Brown macht ebenfalls einen herausragenden Job, und am Ring warten mit Al Horford oder Kristaps Porzingis die nächsten Hindernisse. Zwar wird Irving selten klassisch gedoppelt, aber mindestens ein weiterer Verteidiger bewegt sich deutlich in seine Richtung, um den Drive zum Korb abschneiden zu können - der fehlende Respekt vor den eiskalten Dreierschützen auf dem Flügel ist offensichtlich. Die Celtics zwingen ihn im Dribbling nach links, blocken seine Würfe oder klauen ihm direkt den Ball. Leichte Punkte in Transition? Gibt es ebenfalls so gut wie keine: "Sie haben immer Leute hinten, sind athletisch und rennen mit zurück."

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Doch Kyrie wäre nicht Kyrie, würde ihn das nerven: "Viele meiner Würfe fallen hinten auf den Ring. Das könnte dich aufregen, aber das gehört zum Basketball eben dazu. Man muss die Höhen und Tiefen akzeptieren", philosophierte er. "Das ist in meinen Augen die größte Herausforderung in einer Serie." Er sei "ein bisschen enttäuscht" darüber, die sich ihm bietenden Gelegenheiten in der Zone nicht genutzt zu haben, trotz der starken Verteidiger wie Holiday und Brown: "In gewissen Situationen habe ich gefühlt einen Vorteil, den muss ich einfach nutzen." Denn: "Ich habe dieses Vertrauen in meine Fähigkeiten."

Immerhin: Schlechter kann Irving kaum werfen. Das sieht auch sein Head Coach Jason Kidd so: "Er hatte tolle Würfe, sie sind einfach nicht gefallen." Die Mavs haben noch zahlreiche weitere Baustellen - in Spiel 2 gab es erneut weder ergiebige Dreier aus der Ecke noch Lobs am Ring, der Wurf von draußen fällt überhaupt nur bei Doncic -, doch wenn Irving sich nicht deutlich steigert, ist ein Comeback in diesen Finals praktisch ausgeschlossen.

Boston kann es sich leisten, wenn mit Jayson Tatum der auf dem Papier beste Spieler nach zwei Spielen bei 31,6 Prozent aus dem Feld steht. Das Team ist tief genug, andere Spieler springen in die Bresche. Dallas hat diesen Luxus nicht.

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Kyrie Irving: NBA Finals die "schwerste Aufgabe, die wir je hatten"

Spiel 3 in der Nacht auf Donnerstag (2.30 Uhr) findet erstmals im American Airlines Center in Dallas statt. Für die Mavs ein absolutes Must-Win-Game, schließlich wurde ein 0-3 in der Geschichte der Playoffs noch nie gedreht. Die gewohnte eigene Halle sollte zumindest den Rollenspielern in blau Auftrieb geben, aber dann ist da auch noch diese unheilvolle Statistik: Boston hat in dieser Postseason noch kein einziges Auswärtsspiel verloren (6-0).

Damit sich das ändert, muss Irving aufdrehen. Der Ex-Celtic knabbert gleichzeitig an seiner eigenen Pleitenserie gegen die Celtics - und die beträgt mittlerweile sogar schon zwölf Spiele. Allerdings kennt er sich aus seiner Cavaliers-Zeit mit Comebacks in den Finals aus: 2016 drehte er an der Seite von LeBron James ein 0-2 und 1-3 gegen die Golden State Warriors und verwandelte in Spiel 7 höchstpersönlich den Wurf zum Sieg.

"Sie haben ihren Job erledigt, die ersten beiden Spiele daheim gewonnen", sagte Irving. "Jetzt sind wir an der Reihe, unsere Hausaufgaben zu machen." Er selbst rechnet mit einer Rückkehr nach Boston für Spiel 5, das zeigte eine Geste in Richtung der Fans.

Aber auch Kyrie weiß, was die Stunde geschlagen hat: Die angestrebte Aufholjagd gegen Boston sei nämlich nicht nur "ein großartiger Test für uns", sondern auch "die schwerste Aufgabe, die wir je hatten."

NBA Finals - Celtics vs. Mavericks: Die Serie in der Übersicht

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
17. Juni (Fr)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks107:89
210. Juni (Mo)2 UhrBoston CelticsDallas Mavericks105:98
313. Juni (Do)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
415. Juni (Sa)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
5*18. Juni (Di)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks
6*21. Juni (Fr)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
7*24. Juni (Mo)2 UhrBoston CelticsDallas Mavericks
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