Vollmer und Krizak - zwei Erfolgsgeschichten
Zwei der Talente, denen er so über die vergangenen Monate bereits helfen konnte, haben gerade den Sprung aus der High School auf ein Division-I-College geschafft: Gerrik Vollmer (Offensive Line, Hamburg) hat sich für die University of Virginia entschieden, Simon Krizak (Offensive Line, Stuttgart) geht nach Bucknell (Pennsylvania). Und beide zeigen, wie Detail-abhängig der Weg in die USA sein kann.
Vollmer - nicht verwandt mit dem Tackle der Patriots - war etwa schon in seinem zweiten A-Jugend-Jahr und spielte in der Nationalmannschaft, als er nach Amerika ging. "Zunächst nach West Virginia", erzählt er SPOX, "mit einer Organisation - weil ich die schon bezahlt hatte." Doch der Kontakt mit Werner bestand, "und er fragte mich, ob ich anschließend noch ein Post-Grad-Jahr machen will. Er hat dann die Verbindung mit dem Head Coach in Connecticut hergestellt."
Der Coach der Taft School in Connecticut ist ein Freund von Werner, und der ehemalige Pass-Rusher gewährt Einblicke in den Prozess: "Gerrik wollte erst an ein Junior College, aber ich habe ihm gesagt: 'Vertrau mir, lass mich ein wenig herumschauen, dass du ein Post-Grad-Jahr machen kannst.' So konnte er noch ein Jahr in der High School spielen und ich wusste, dass er, wenn er da hoch geht und genauso spielt, wie er in West Virginia gespielt hat, Stipendien bekommen würde."
"Alles hier ist schneller und härter"
Die Umstellung fiel ihm dabei nicht schwer, wie Vollmer weiter berichtet: "Das Gute war, dass ich in Deutschland schon immer auf einem höheren Level trainiert und gespielt, sowie beispielsweise auch Tape geschaut habe. Klar, alles hier ist schneller und härter, aber das hat mir gefallen - ich brauche diesen Wettbewerb, deshalb bin ich hier. Außerdem hatte ich ja jetzt drei verschiedene Teams in den letzten vier Jahren, natürlich jedes Mal mit neuem Playbook. Da habe ich mich fast ein wenig dran gewöhnt."
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Größer war da fast die Umstellung, was das Drumherum angeht. Gestiegene Aufmerksamkeit, größerer Bekanntheitsgrad und so weiter. "Beispielsweise schreiben einen plötzlich viele Leute an, hier im Umfeld kennen dich alle", so Vollmer. "Gerade wenn man dann bei den Colleges bekannt ist und Angebote bekommt, schreiben dich die Leute an. Natürlich ist das irgendwo auch schön, gleichzeitig aber eben auch - wie soll ich sagen? Mehr Druck, mehr Aufmerksamkeit. Man darf sich keine Fehler erlauben."
Doppeltes Comeback nach schwerer Verletzung
Simon Krizak auf der anderen Seite war vor nicht einmal zwei Jahren dem Ende seiner Football-Karriere näher als einem Football-Trip nach Amerika. Nachdem er sich 2013 im Spiel seiner Stuttgart Scorpions den Oberarm gebrochen und sich für die 2014er Saison zurückgekämpft hatte, waren die Nägel gerade entfernt, da ereilte ihn die gleiche schwere Verletzung im ersten Spiel 2015.
Damals habe er überlegt, "ob ich überhaupt nochmal spielen soll, also ob das Sinn macht", blickt Krizak im Gespräch mit SPOX zurück. "Da hatte ich allerdings noch eine Jugend-Saison vor mir und wollte nochmal mit meinen Jungs spielen. Mein Highlight-Tape danach habe ich eigentlich nur aus Spaß erstellt, ich hatte nicht erwartet, dass das irgendwo landet."
Plötzlich aber, lacht Krizak, "bekam ich eine Facebook-Anfrage von Björn Werner. Das hat mich ziemlich überrascht." Der hatte zuvor Krizaks Tape gesehen und mochte ihn sofort. Mit dem Schulabschluss in der Tasche und den klassischen "Was soll ich studieren?"-Fragen im Hinterkopf, wagte er den Schritt. "Ich dachte mir: Was hast du zu verlieren?"
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Auch bei ihm stellte Werner den Kontakt zu einer High School her - dieses Mal zur Hill School in Pennsylvania -, um ein Post-Grad-Jahr zu absolvieren. Es folgten Skype-Interviews mit den Coaches und die Aufstellung eines Finanzierungsplans. "Bei diesen Prep-Schools gibt es Gelder für Post-Grad-Students. Die müssen meist nicht allzu viel zahlen, weil die eigentlich primär rüber kommen, um Football zu spielen", erklärt Krizak.
"Wusste zunächst nicht, was ich machen soll"
In die USA flog er schließlich erst, als klar war, dass er für ein Jahr an der Schule unterkommt - und auch der Stuttgarter hatte keine größeren Anpassungsprobleme. Unmittelbar nach seiner Ankunft begann das zweiwöchige Training Camp mit jeweils zwei Einheiten pro Tag, im Gegensatz zu drei Einheiten in der Woche in Deutschland. Das half ihm dabei, das Playbook schnell zu verinnerlichen sowie im Team anzukommen.
Und Krizak, primär als Guard eingesetzt, dominierte - genau wie Vollmer. Beide standen in regelmäßigem, mitunter täglichen, Austausch mit Werner, beide erhielten die begehrten Stipendien-Angebote für Division-I-Colleges und lernten den College-Recruiting-Prozess aus erster Hand kennen.
"Das war schon stressig, ich wusste zunächst nicht, was ich machen soll - und war zwischenzeitlich auch noch in Deutschland. Als ich zurückkam, haben verschiedene Coaches mit mir gesprochen und ich musste mich ziemlich schnell entscheiden. Ich habe dann noch ein paar Schulen besucht und mich mit meiner Familie beraten", erinnert sich Vollmer.
Dabei sagen einem die Coaches "die tollsten Dinge und natürlich die Sachen, die du gerne hören willst - zum Beispiel dass man als Starter reinkommen kann. Aber das wird nicht passieren, du musst immer Gas geben und beweisen, dass du der Beste bist. Dieser ganze Prozess kann Spaß machen, aber wenn jeden Tag Briefe kommen ist das auch aufwändig."
Für beide beginnt im Juli das erste College-Training-Camp, beide können dann zeigen, dass sie für den nächsten Schritt bereit sind.
Das Projekt nimmt Fahrt auf
Indes bastelt Werner bereits an der Zukunft: Im Sommer soll, wenn alle Details geklärt sind, ein Camp in Deutschland stattfinden. High-School-Coaches sollen eingeflogen werden, um sich selbst vor Ort ein Bild machen zu können. Idealerweise, so der Berliner weiter, entstehen daraus mehrere Camps pro Jahr: "Mein Wunsch wäre es, dass wir in fünf Jahren 100 Jungs an Division-I-Colleges haben - und ich überall helfen konnte."
Sechs Talente hat Gridiron Imports aktuell mit Stipendien an Junior Colleges untergebracht, 15 bis 20 Jungs werden diesen Sommer an eine High School gehen. "Es wächst also", betont Werner, "und es macht mir riesigen Spaß. Jeder, der es rüber schafft, ist eine tolle Geschichte. Das verändert ihr Leben. Mir haben auch viele Leute geholfen. Man kann das nicht alleine bewältigen - egal, wie gut man ist."