Die Wochen unmittelbar vor dem Start der laufenden Saison waren ungewöhnlich: Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit schien die Quarterback-Situation mit Blick auf alle 32 Teams so stabil, wie schon seit sehr langer Zeit nicht mehr.
Alle Franchises hatten entweder einen klaren Superstar-Quarterback wie Brady, Rodgers, Brees, Rivers, Ryan oder Roethlisberger, einen jungen, aufstrebenden Quarterback wie Wentz, Goff oder Watson, einen etablierten Starter - etwa Dalton, Cousins, Tannehill oder Alex Smith - oder sie hatten einen ganz jungen (Quasi-)Rookie, zu denen man Patrick Mahomes noch dazugezählt hätte. Und selbst Fragezeichen wie eben jener Chiefs-QB oder auch Andrew Luck entwickelten sich mehr als nur positiv.
Natürlich war nicht jede einzelne der 32 QB-Situationen perfekt; zumindest aber konnte jedes Team Argumente auflisten, warum man für den Moment auf der Position keinen Handlungsbedarf sieht. Eine Seltenheit in der NFL und dementsprechend sollte dieser Eindruck auch nicht lange Bestand haben.
So gibt es zum Start in die zweite Hälfte dieser Regular Season gleich mehrere Teams, bei denen klar scheint: Ein neuer Starting-Quarterback muss her - und das eher früher als später.
Quarterbacks: Buccaneers, Cowboys, Raiders - Entscheidung vertagt?
Es gibt einige sehr spannende Teams, bei denen die Situation noch offen ist und der jeweilige Starter spätestens 2019 auf dem ganz heißen Prüfstand stehen wird. Keine Franchise passt in diese Beschreibung wohl besser als die Tampa Bay Buccaneers: Beim Turnover-anfälligen Jameis Winston traf nach abgesessener Sperre das Worst-Case-Szenario aus Bucs-Sicht ein; Winston spielte so schlecht, dass der um seinen Job kämpfende Head Coach Dirk Koetter gezwungen war, Ryan Fitzpatrick wieder starten zu lassen.
Kurzfristig eine verständliche Entscheidung - zumindest mittelfristig ist Winston eher die Antwort. Das schien sich in der zweiten Saisonhälfte des Vorjahres endlich zu bewahrheiten, dann kam diese Saison. Was wäre also ein wahrscheinliches Szenario? Tampa kann Winston nächstes Jahr noch über die Option über das fünfte Jahr seines Rookie-Vertrags halten und würde den Cap dafür mit 20,9 Millionen Dollar belasten, für einen Starting-Quarterback immer noch akzeptabel.
Wahrscheinlich ist, dass es nach dieser Saison einen neuen Trainerstab in Tampa gibt, der dann ein Jahr gemeinsam mit Winston bekommt. Geht es schief, gibt's einen neuen Quarterback 2020. Falls Winston 2019 noch ein Buccaneer ist, spielt er ohne jede Frage um seinen Job.
Theoretisch wäre das eine auch in Dallas denkbare Möglichkeit, in einer absolut außergewöhnlichen Situation: Dak Prescott hatte seine mit Abstand beste Saison als Rookie, seither hat er sich deutlich verschlechtert. Das ist zum Teil durch äußere Umstände erklärbar, ist aber auch individuell, was Prescotts Spiel betrifft, der Fall - gerade für einen Quarterback eine schwer greifbare Entwicklung, die Prognosen über Prescotts Zukunft erschwert.
Teambesitzer Jerry Jones hat zum Wochenbeginn (warum auch immer) öffentlich bekannt gegeben, dass Prescott einen neuen Vertrag erhält, insofern sind die Cowboys hier mit einem Sternchen versehen. Prescotts Entwicklung ist aber zumindest besorgniserregend.
Bei Raiders-Quarterback Derek Carr ist es gar nicht mal die individuelle Entwicklung, sondern eher die gleichbleibenden Probleme und die starke Abhängigkeit von den Umständen, die auffallen. Selbst 2016, in seiner besten NFL-Saison bislang, hatte er Probleme mit Pressure - ein extrem schnelles Kurzpassspiel und eine sehr gute Offensive Line sorgten aber dafür, dass er sehr häufig aus einer sauberen Pocket agieren konnte.
Diese Thematik zieht sich wie ein roter Faden durch Carrs Karriere, und wer Jon Grudens radikalen Umbruch in Oakland beobachtet, der kann sich schon fragen: wie sehr hängt er an Carr? Oder sieht er ihn doch eher als Übergangslösung, bis er im Draft nächstes oder übernächstes Jahr seinen Wunsch-QB findet?
Der 27-Jährige hat zwar noch einen Vertrag bis einschließlich 2022, die Raiders könnten ihn aber ab nächstem Jahr sehr günstig (Dead Cap: 7,5 Millionen 2019, dann 5 Millionen, dann 2,5 Millionen) entlassen und es erfordert nicht allzu viel Phantasie, sich ein entsprechendes Szenario vorzustellen.
Für manche Teams ist die Thematik aber noch viel akuter. Wo könnten beziehungsweise sollten wir bereits in der kommenden Saison einen neuen Starting-Quarterback sehen?
QB-Suche: Jacksonville Jaguars
Aktueller Starter: Blake Bortles.
Vertragssituation: Vertrag bis einschließlich 2020. Cap Hit 2019: 21 Millionen Dollar. Dead Cap bei Entlassung nach dieser Saison: 16,5 Millionen Dollar.
Die Situation: Die altbekannte Situation - Bortles ist Bortles. Das bedeutet vor allem: Inkonstanz pur, in allen nur denkbaren Extremen. Bortles hat jedes Jahr gute bis teilweise herausragende Spiele drin, dieses Jahr ganz konkret die Partie gegen die Patriots in Week 2. Nur eine Woche später legte er gegen Tennessee aber eine Bruchlandung hin.
Dieses Muster lässt sich jedes Jahr erneut verfolgen, letzte Saison etwa war er über drei Wochen gegen Indianapolis, Seattle und Houston herausragend - eingerahmt von furchtbaren Spielen in Arizona und San Francisco, gegen zwei Teams, für die es um nichts ging. Bortles hat Spiele, in denen er gegnerische Blitze zerstört und dann hat er wieder Spiele, in denen er 3-Yard-Screens nicht an den Mann bringt.
Wurfmechanik genau wie Reads und einhergehend damit scheinbar sein Spielverständnis sind nicht ansatzweise auf dem Level, das man sich von einem Starting-Quarterback in seiner fünften Saison wünscht und der Punkt ist: Es gibt keinerlei Anzeichen, dass der bald 27-Jährige irgendwann einen Schalter umlegt. Viel wahrscheinlicher ist, dass Bortles dieser in jeder Hinsicht inkonstante Quarterback bleibt, der er seit jeher ist. Und die Jaguars haben mehr als genug Zeit und Ressourcen in dieses Experiment gesteckt.
Was passiert 2019? 2020 schließt sich voraussichtlich das Titelfenster für dieses Jaguars-Team. Am Ende der 2020er Saison laufen die Verträge von unter anderem Myles Jack (Vertrag bis einschließlich 2019), Yannick Ngakoue (2019), Keelan Cole (2019), Calais Campbell (2020), Jalen Ramsey (2020), Tashaun Gipson (2020), Barry Church (2020), Cam Robinson (2020) und Dede Westbrook (2020) aus.
Jacksonville wird nicht alle diese Spieler halten können oder wollen, viele der Säulen der Defense werden 2021 aber nicht mehr da sein. Es gilt, das noch verbleibende Titelfenster bestmöglich auszunutzen. Deshalb sind die Jaguars ein Kandidat, um sich eher eine schnelle Lösung zu holen, statt langfristig in einen Rookie zu investieren.
Sollte Teddy Bridgewater nicht in New Orleans bleiben, wäre er einmal mehr der bestmögliche Weg für die Jags, im beiderseitigen Interesse. Allerdings müsste Jacksonville dann einen auf spätere Jahre verteilten Vertrag aushandeln - für 2019 sind die Jags schon deutlich über dem Cap und müssen erst einmal kürzen.