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NFL: Die ungewisse Zukunft der Oakland Raiders

Die Fans der Oakland Raiders sind bekannt für ihre schaurigen Verkleidungen.
© getty

Zum Abschluss von Woche 16 der NFL treffen die Oakland Raiders an Heiligabend auf die Denver Broncos (Di., ab 2.15 Uhr live auf DAZN). Um die Playoffs geht es dann vielleicht nicht, doch für die Hausherren könnte es dennoch ein Spiel mit großer Bedeutung werden. Darüber hinaus blickt man in der Bay Area in eine ungewisse nahe Zukunft.

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Das Monday Night Game in Woche 16 dieser NFL-Saison könnte in mehrerlei Hinsicht etwas Besonderes werden. Es ist das letzte Monday Night Game dieser Saison, zudem findet es an Heiligabend statt. Und darüber hinaus handelt es sich bei diesem Spiel zwischen den Oakland Raiders und Denver Broncos womöglich auch um den letzten Auftritt der Raiders in Oakland.

"Es wird eine großartige Atmosphäre sein. Montagabend, Heiligabend, die Denver Broncos sind zu Gast. Ich bin aufgeregt, wenn ich nur darüber nachdenke", sagte Head Coach Jon Gruden mit Blick auf das Broncos-Spiel.

Das Coliseum, das von 1966 bis 1981 und von 1995 bis heute Heimstätte der Raiders war und noch ist, ließ Nostalgie in Gruden aufkommen: "Es ist ein echtes Footballstadion. Es ist Dreck und Gras. Es hat Tradition. Hier wurden einige der besten Spiele in der Geschichte des Footballs gespielt. Hier haben einige der besten Spieler der Welt Football gespielt. Wenn ich mir Highlights von früheren Raiders-Spielen anschaue, bin ich aufgeregt und werde ein wenig sentimental."

Gruden äußerte auch einen Wunsch: "Hoffentlich lösen wir die Situation und können noch weiter hier spielen."

Oakland Raiders: Stadion in Las Vegas öffnet 2020

Klar scheint bislang nur eines: Die Raiders werden ab 2020 in einem nigelnagelneuen Palast in Las Vegas spielen. Kostenpunkt: Rund 2 Milliarden Dollar. Doch bis dahin herrscht Unklarheit. In allen Bereichen dieser Franchise.

Sportlich ist das erste Jahr unter Gruden eine ähnliche Großbaustelle wie das neue Vegas-Stadion. Doch spätestens nach der Entlassung von General Manager Reggie McKenzie ist auch dem Letzten klar: Dies ist Grudens Show!

Gruden trat an, um die Franchise komplett auf links zu drehen, alles infrage zu stellen und das Team so zu verändern, dass es in absehbarer Zukunft an seine erste erfolgreiche Zeit in Oakland anknüpfen können wird. Gelungen ist ihm dies freilich noch nicht.

Im Gegenteil: Kurzfristig betrachtet wurde das Team seit "Chuckys" Amtsantritt nur noch schlechter. Die größten Maßnahmen im Zuge des Rebuilds waren freilich die Trades, die Superstar-Defender Khalil Mack und Wide Receiver Amari Cooper nach Chicago respektive Dallas geschickt haben. Zu Grudens Leidwesen avancierten beide zu signifikanten Verstärkungen zweier Playoff-Anwärter.

Währenddessen dümpeln die Raiders regelrecht vor sich hin. Das Spielsystem ist bestenfalls archaisch und lässt jegliche Kreativität vermissen. Zudem ist das ganze Team einfach nicht effizient. FootballOutsiders listet die Raiders in Sachen Total DVOA auf dem drittletzten Platz! Damit einhergehend dürfen die Raiders mit ihrer 3-11-Bilanz auf den ersten Pick im Draft 2019 hoffen. Ein Draft, in dem die Raiders Stand jetzt dreimal in Runde 1 ziehen dürfen.

Oakland Raiders: 2019 als wegweisendes Jahr

Schon aufgrund dessen wird 2019 damit zu einem hochgradig wichtigen Jahr für die Raiders. Das neue Stadion öffnet zwar erst 2020, doch bis dahin muss schon aus Vermarktungsgründen eine konkurrenzfähige Truppe auf dem Platz stehen.

Wo diese ab 2019 allerdings geformt wird, steht noch in den Sternen. Der aktuelle Pachtvertrag mit Oakland läuft nach dieser Saison aus, Heiligabend könnte also der letzte Auftritt der Raiders im Coliseum sein.

Was dann passiert? Das weiß niemand so genau. Dem Vernehmen nach bevorzugen die Raiders noch ein weiteres Jahr im Coliseum. Die Stadt Oakland jedoch reichte kürzlich eine Kartellklage gegen die Raiders und die NFL ein, schließlich würde sie samt ihrer Steuerzahler auf einem Riesenbatzen Schulden sitzen bleiben, wenn die Raiders die Stadt verlassen. Es geht dabei um Verbindlichkeiten aus früheren Stadionrestaurationen und dergleichen.

Insofern scheint es derzeit schwer vorstellbar, dass die Raiders in der Stadt blieben. Weitere Optionen wären ein temporärer Umzug ins in Santa Clara stehende Levi's Stadium oder gar ein Trip nach San Diego, wo San Diego State immer noch in der alten Heimat der Chargers spielt. Wilde Spekulationen suggerieren sogar Spielstätten wie das State Farm Stadium in Glendale/Arizona oder den Alamo Dome in San Antonio/Texas.

Die naheliegendste Lösung - sollte es tatsächlich nicht in Oakland weitergehen - wäre wohl ein Jahr im Stadion der UNLV, doch das wäre wohl unnötig teuer. Es hätten zwar 40.000 Zuschauer Platz, doch wären etwaige Anpassungen nötig, da die Kabinen zu klein sind, Security erhöht werden und nebenbei noch Kunst- gegen Naturrasen ausgetauscht werden müsste, da Raiders-Eigner Mark Davis bekanntermaßen ein entschiedener Kunstrasen-Gegner ist. Weil UNLV jedoch ab 2020 ebenfalls im neuen Raiders-Stadion spielen wird, wäre dies ein Fass ohne Boden.

Zahlreiche Baustellen für die Raiders

Wo auch immer die Raiders landen werden, der Sport steht natürlich im Vordergrund. Und auf dieser Ebene sprechen wir weiter von einem Team, das etliche Baustellen aufweist.

Ganz oben auf der Liste: Quarterback Derek Carr. Während ihn die Öffentlichkeit schon länger anzählt und Gerüchte über einen möglichen Wechsel auf dieser Position allgegenwärtig sind, stellt sich Grund demonstrativ vor den QB: "Es ist erstaunlich", beschrieb Gruden die Vorstellungen Carrs in dieser Saison angesichts all der Widrigkeiten: "Er hat drei neue Guards, verlor einen Right Tackle, einen Feature Back, drei Top-Receiver. Dieser Typ ist ein großartiger Spieler. Er ist ein großartiger Quarterback."

Was den Rest des Teams betrifft, drängen sich derzeit nicht wahnsinnig viele Spieler auf, die unbedingt auch in ein paar Jahren noch Teil des Teams sein müssen. Gruden steht also vor einer weitestgehend weißen Leinwand und kann diese nach Belieben bemalen.

Ein zentrales Motiv auf dieser könnte indes Nick Bosa sein, der Ausnahme-Pass-Rusher von Ohio State, der als Top-Prospect im kommenden Draft gilt. Der jüngere Bruder von Chargers-Defensive-End Joey Bosa könnte die Lücke schließen, die Macks Abgang öffnete. Er hat das Potenzial, das Herzstück der neuen Defense zu werden, die dieser Tage in allen Belangen überfordert scheint. Die weiteren Erstrundenpicks dürften dann ebenso für potenzielle Impact-Verteidigern genutzt werden.

Die Defense ist laut FootballOutsiders die drittschlechteste der NFL, während die Offensive immerhin Platz 20 belegt. Nicht berühmt, aber passabel genug, um den Fokus zunächst auf die Verteidigung zu legen.

Ein solcher Rebuild braucht jedoch seine Zeit, zumal Beispiele wie das der Los Angeles Rams nicht greifen, denn die hatten bereits vor ihrem Rebuild ein durchschnittliches Team, das konstant in der Lage war, zumindest sieben Siege zu erreichen. Die Raiders hingegen hatten seit 2012 eine gute Saison: 2016 gewannen sie zwölf Spiele. Ansonsten stand sehr viel Misserfolg zu Buche.

Oakland Raiders: Auch 2019 ein Übergangsjahr

2019 sollte unter der Voraussetzung, dass Draft und Free Agency sinnvoll genutzt werden, in jedem Fall eine Steigerung zu diesem Trümmerhaufen einer Spielzeit darstellen. Doch die Messlatte diesbezüglich liegt auch nicht wesentlich hoch.

Somit bleibt auch die kommende Saison ein Jahr des Übergangs. Einerseits aufgrund der unsicheren Stadionsituation, doch auch weil die sportliche Lage ist weiter nur schwer einzuschätzen. Selbst mit massiven Verstärkungen bleibt das Gesamtkonstrukt wacklig und der Umbruch geht weiter.

Sportliche Erfolge wie ein Erreichen der Playoffs in absehbar Zeit sind sicherlich das Ziel, doch bis dahin muss das Gesamtniveau des Teams noch erheblich gesteigert werden. Nicht nur, weil es aktuell besonders niedrig ist, sondern auch, weil die direkte Konkurrenz auf Hochtouren arbeitet. Die Chiefs und Chargers sind aktuell wohl die besten Teams in der AFC, während bei den Denver Broncos eigentlich "nur" ein Franchise-Quarterback zum nächsten großen Schritt fehlt.

Die Raiders täten schon deshalb gut daran, nur auf sich selbst zu schauen, das eigene Team auf Vordermann zu bringen und dann in ein paar Jahren anzugreifen. Dass das schon zur Stadionneueröffnung möglich ist, wirkt aus heutiger Sicht allerdings utopisch.

Die Tatsache, dass die neue Arena aber erst 2020 steht, gibt den Raiders Zeit. Zeit, die sie besser sinnvoll und effektiv nutzen sollten.

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