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Sebastian Vollmer im Interview: Brady? "Dachte, dass er mit Gronk aufhört"

Sebastian Vollmer spielte in der NFL für die New England Patriots.
© getty

Von 2009 bis 2015 beschützte Sebastian Vollmer in der Offensive Line der New England Patriots Tom Brady, inzwischen ist der gebürtige Kaarster im Ruhestand - bleibt aber aktiv. Auf und abseits des Platzes; die Patriots verfolgt er nach wie vor ganz genau.

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Im Gespräch mit SPOX am Rande der NFL-Deutschland-Events sprach Vollmer über eine mögliche Rückkehr von Rob Gronkowski, das früher oder später anstehende Karriereende von Tom Brady - und sein eigenes Karriereende.

München, Köln, Stuttgart - Herr Vollmer, Sie sind gerade auf einer kleinen Deutschland-Tour! Mehr NFL-Stars kommen jeden Sommer nach Deutschland, wie sehen Sie die Entwicklung vom Football generell und von der NFL in Deutschland?

Sebastian Vollmer: Wachsend. Das auf jeden Fall. Das merke ich unter anderem an mir selbst: Ich komme jedes Jahr nach Deutschland, und jedes Mal sind mehr Fans bei den Events. Man sieht mehr und mehr Merchandise in der Öffentlichkeit und man sieht mehr Fans und mehr Leute, die wirklich Ahnung von dem Sport haben.

Was ist in dieser Entwicklung noch möglich? Fußball ist natürlich die klare Nummer 1 und wird das auch lange sein, aber kann Football irgendwann die Nummer 2 dahinter werden?

Vollmer: Das Potenzial ist auf jeden Fall da. Fußball wird man nie stürzen können, zumindest nicht in der absehbaren Zukunft. Das ist auch in Ordnung. Ich glaube, dass viele Fans eine Alternative zum Fußball suchen, also kann diese Situation für den Football auch etwas Gutes sein. Wir sind auf jeden Fall auf dem Weg dahin. Wie das dann in den Rankings was Zuschauerzahlen und dergleichen angeht aussieht, das weiß ich nicht. Aber das Potenzial nach oben ist auf jeden Fall gegeben. Es ist etwas ganz anderes, etwas, das der deutsche Markt jetzt erst so richtig für sich entdeckt.

Sebastian Vollmers NFL-Statistiken:

JahrRegular Season Spiele (Starts)SnapsPass-Blocking/Run-BlockingZugelassene Pressures
201514 (13)951652/29945
201415 (15)1.223759/46434
20138 (8)502311/19116
201215 (15)1.248756/49240
20116 (5)377240/13715
201016 (16)1.073605/46837
200914 (8)664377/28713

Sie selbst sind jetzt seit gut zwei Jahren im NFL-Ruhestand - ist Ihnen der Übergang leichtgefallen? Man hört ja immer wieder, dass Spieler damit durchaus Probleme haben können und Zeit für die Umstellung brauchen.

Vollmer: Das war bei mir überhaupt nicht so. Als ich die Entscheidung getroffen habe, war das für mich komplett in Ordnung und es war jetzt nicht so, dass ich deshalb nachts kein Auge zugemacht hätte. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich war jetzt gerade (bei dem Event in Köln, d. Red.) hier beim Football-Training und das macht schon Spaß, das Feuer in den Augen der Jungs zu sehen, ein bisschen was zu erklären und ein paar Autogramme zu schreiben. Aber jetzt zu sich selbst zu sagen: "Ach, ich könnte es doch nochmal versuchen"? Ich meine das gar nicht böse, aber ich habe danach keine Sehnsucht. Ich habe in meinem Sport gefühlt zumindest alles erreicht und bin da mit mir selbst komplett im Reinen.

Was ich in diesem Zusammenhang sehr faszinierend fand - ganz aktuell bei Ex-Browns-Tackle Joe Thomas, aber auch bei Ihnen -, war dieser extreme Gewichtsverlust nach dem Karriereende. Wie extrem ist da der Cut nach der Karriere was die Ernährung und all das drumherum angeht?

Vollmer: Als ich noch gespielt habe, habe ich knapp 150 Kilo gewogen. Es ist einfach alles auf den Sport geeicht, auch was die Kalorienzufuhr angeht. Man versucht dann, das noch einigermaßen in gesundem Maße hinzubekommen, aber das ist schon anstrengend. Wenn man sich dann wieder auf einem normalen Level bewegt, da war es fast härter, mit Training und Diäten das Gewicht auch wieder zu verlieren.

Abseits davon waren Sie seit der aktiven Karriere ebenfalls sehr aktiv. Sie haben ein Buch rausgebracht, Sie haben als TV-Experte gearbeitet - ist die Medienbranche für Sie auch langfristig der Weg für die nächsten Jahre?

Vollmer: Das wird sich zeigen, es macht mir auf jeden Fall sehr viel Spaß. Ich arbeite jetzt ja auch mit der NFL zusammen, und wir haben da verschiedene Projekte, um den Football in Deutschland - generell international, aber für mich vor allem in Deutschland - größer zu machen. Dazu zählen jetzt auch die Events aktuell, oder auch der Podcast, den ich mit Kuhn (Markus Kuhn, ehemaliger Spieler u.a. der New York Giants, d. Red.) mache - also all die Dinge, die Aufmerksamkeit auf den Sport lenken und ihn hoffentlich nach oben bringen.

Wie kam der Podcast denn überhaupt zustande? Und wie wird das Format in der Saison aussehen?

Vollmer: Der Podcast kommt auch über die NFL, ich denke, dass Markus und ich da auch viel beitragen können. Wir haben da ein besonderes Forum, um unsere Geschichte zu erzählen. In der Saison wird es den Podcast ein Mal pro Woche geben, in der Preseason sind wir auch wieder bei den Patriots mit dabei. Aber da kommen noch andere Dinge dazu.

Die Patriots-Saisons der letzten 10 Jahre:

JahrDivision-PlatzierungPlayoff-Verlauf
20091.Aus: Wildcard-Runde
20101.Aus: Divisional-Runde
20111.Super Bowl Niederlage (Giants)
20121.Aus: Championship Game
20131.Aus: Championship Game
20141.Super Bowl Champion
20151.Aus: Championship Game
20161.Super Bowl Champion
20171.Super Bowl Niederlage (Eagles)
20181.Super Bowl Champion

Vollmer über die Patriots: "Haben es immer wieder bewiesen"

Gutes Stichwort: Ihr Ex-Team geht - man muss es so sagen: schon wieder - als Titelverteidiger in die kommende Saison. Sind Sie eigentlich noch überrascht, wenn die Patriots mal wieder in den Super Bowl kommen? Nüchtern betrachtet erleben wir ja eigentlich eine herausragende zweite Phase dieser Dynasty, aber irgendwo hat man sich auch fast daran gewöhnt, dass die Patriots im Super Bowl stehen...

Vollmer: Ich hatte es letztes Jahr vor der Saison schon gesagt und wurde damals dafür belächelt: bei den Patriots ist es für mich nach wie vor so, dass man mir erst zeigen muss, dass sie nicht mehr so stark sind. Dann glaube ich es. Das gilt jetzt auch wieder, am Titelverteidiger muss man erst einmal vorbeikommen. Und die Patriots haben es eben immer und immer wieder bewiesen. Inzwischen sind sie fast so gut, dass sie eher andersrum erst beweisen müssen, dass sie nicht mehr so gut sind. Und es ist ja jedes Jahr die gleiche Geschichte: Spieler X, Y und Z sind weg, Brady ist alt - und am Ende gewinnen sie wieder.

Bemerkenswert ist dabei auch die Offensive Line. Das haben wir letztes Jahr konkret wieder gesehen, als sie Trent Brown geholt und auf die andere Seite gestellt haben, wo er direkt eingeschlagen hat. Viel von dem Erfolg wird mit dem O-Line-Coach Dante Scarnecchia in Verbindung gebracht, Sie selbst haben mehrere Jahre unter ihm gespielt. Können Sie beschreiben, was ihn ausmacht? Was ihn vielleicht unterscheidet?

Vollmer: Er ist absolut detailorientiert. Bei ihm hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man hört auf oder man wird besser. Da gibt es nichts dazwischen. Und das passiert auch, manche gehen dann in Rente, weil sie mit dem Druck nicht klarkommen. Wenn man es nicht mehr kann, dann wird man irgendwann entlassen. Da ist ein immenser Druck dahinter, aber er ist so gut in dem was er macht, und der Druck ist nunmal da. Er lässt keine Kleinigkeit, keinen Fehler zu.

Vollmer: Brady? "Dachte, dass er mit Gronk aufhört"

Halten Sie denn noch Kontakt zu den ehemaligen Mitspielern?

Vollmer: Das ist eigentlich wie in jedem Beruf, würde ich sagen - man hält Kontakt zu seinen Freunden. Über die Jahre lernt man so viele Leute kennen, mit manchen ist man sehr gut befreundet. Viele meiner besten Freunde spielen noch, und das funktioniert auch gut. Man redet dann gar nicht unbedingt über Football, klar, das gehört zum Job dazu, aber ansonsten sind das ganz normale Freundschaften.

Einer Ihrer ehemaligen Mitspieler hat seine Karriere nach der vergangenen Saison beendet: Glauben Sie, dass Rob Gronkowski wirklich mit seiner Karriere abgeschlossen hat? Oder denken Sie, dass er - wie viele ja direkt nach seinem Rücktritt spekuliert haben - nochmal zurückkommt?

Vollmer: Ich glaube nicht, dass er nochmal zurückkommt. Einfach mit Blick auf seinen körperlichen Zustand. Ich denke, dass er das körperlich gar nicht hinbekommt.

Und was sagt Ihr Bauchgefühl zu Tom Brady? Wie lange spielt er noch?

Vollmer: Ich hätte eigentlich gedacht, dass er mit Gronk aufhört - aber anscheinend ja nicht (lacht). Ehrlich gesagt: keine Ahnung. Er selbst sagt ja immer, dass er bis 45 spielen will, da stellt sich mir die Frage: Warum? Ich sage mal einfach, dass er noch zwei Jahre spielt - aber nicht, weil er mir das gesagt hätte, das ist einfach ein Bauchgefühl. Wer weiß!

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