Pittsburgh Steelers (8-2)
Durch den Sieg im heimischen Heinz Field über die Baltimore Ravens in Week 11 haben die Steelers ihre Führungsposition in der AFC North manifestiert. Vor der Saison wurden den Männern aus der Steel City wenig bis keine Chancen auf die Playoffs eingeräumt, zu unklar war die Quarterback-Situation, zu durchschnittlich schien der Kader.
- Statistiken: 7.3 Yards per Passing Attempt; 4 Yards per Rushing Attempt; 43.1 % Drives ending in an Offensive Score; 19 Defensive Takeaways & 11 Interceptions; 29.1 % Opponents' Drives ending in a Score
- Stärken: Wer mehrere Spiele einzig und allein durch Field Goals von Chris Boswell entscheidet, so wie es die Steelers sowohl gegen Baltimore als auch in der ersten Woche gegen Atlanta getan haben, der baut natürlich in erster Linie auf seine Defensive. Interessanterweise setzten die Steelers zuletzt gegen Lamar Jackson wie auch Caleb Williams auf Man Coverage - gegen die Ravens bei 41 Prozent der Snaps. Das ist als Taktik gegen mobile Quarterbacks recht ungewöhnlich, weil natürlich einige Verteidiger in diesem Schema dem Quarterback den Rücken zudrehen müssen. Allerdings konnte Pittsburgh die Man Coverage exzellent mit einem gestaffelten Pass Rush in der Mitte kombinieren und entsprechend die Explosivität von Jackson minimieren. Selbst wenn es einer O-Line gelingt, T. J. Watt halbwegs zu stoppen, haben die Steelers mit Cameron Hayward, Nick Herbig und anderen immer noch genügend Spieler, die Druck auf den Quarterback ausüben können.
- Schwächen: Wenngleich Russell Wilson deutlich besser spielt als zunächst erwartet, so ist die Offensive weiterhin nur überdurchschnittlich, aber nicht herausragend. Die Verpflichtung von Mike Williams von den New York Jets wirkte stimmig, weil Williams die notwendige Physis besitzt, um Eins-gegen-Eins-Duelle für sich zu entscheiden. Er ist ein passendes Gegenstück zu George Pickens. Offensive Coordinator Arthur Smith tut alles, um die Offensive so hart und physisch wie möglich spielen zu lassen. Deshalb gibt es oft 13 Personnel (ein Running Back und drei Tight Ends) mit imposanten Tight Ends wie Darnell Washington und Pat Freiermuth. Smith sollte darüber nachdenken, noch häufiger für einzelne Plays Justin Fields aufs Feld zu schicken, denn kein anderer Quarterback hat eine Beschleunigung wie der ehemalige Chicago-Spielmacher.
- Prognose: Die Steelers gewinnen bis zum Ende der Regular Season noch fünf der sieben Spiele und damit ihre Division.
Los Angeles Chargers (7-3)
Die Chargers und Steelers sind gewissermaßen Brüder im Geiste, denn beide Teams spielen einen recht old-schooligen Football, der sich nicht unbedingt durch explosive Offensivspielzüge auszeichnet. Der Unterschied zwischen beiden Teams ist jedoch, dass Coach Jim Harbaugh mit Sorgfalt die Offensive rund um Justin Herbert aufbauen möchte und auch aufbauen kann. In Herbert schlummert weiterhin jede Menge Talent. Für den ersten Platz in der Division recht es nicht, aber die Chargers wie auch die Denver Broncos haben gute Chancen, Wildcards zu erhalten.
- Statistiken: 7.9 Yards per Passing Attempt; 4.2 Yards per Rushing Attempt; 38.4 % Drives ending in an Offensive Score; 13 Defensive Takeaways & 9 Interceptions; 19 % Blitzes per Dropback; 25 % Opponents' Drives ending in a Score
- Stärken: Die Passing Defense ist eines der Prunkstücke der Harbaugh-Chargers, die es den Gegner zuweilen erlauben, dass die Pässe ankommen, aber eben wenig Raumgewinn zulassen. "Bend, but not break" ist das Credo in diesem Fall. Die Pressure-Quote liegt bei gerade einmal 1,5 Prozent, was der zweitniedrigste Wert nach den Carolina Panthers darstellt. Dadurch bleibt die Defensive der Chargers recht lange auf dem Feld, aber nur ein Viertel der gegnerischen Ballbesitzphasen endet mit Punkten. Der Bestwert der gesamten Liga. Doch die Defensive allein führt nicht zur viertbesten Punktdifferenz, sondern es ist auch die sich ständig weiterentwickelnde Offensive, die Anfang der Saison fast ausschließlich übers Laufspiel kam. Herbert übergab unablässig den Ball an J. K. Dobbins und Gus Edwards. Mittlerweile kann Herbert jedoch mehr und mehr den Ball wieder fliegen lassen. Wichtig sind in diesem Kontext auch seine Fähigkeiten im Scramble, um Spielzüge zu verlängern. So haben Quentin Johnston und Co. eher die Möglichkeit, sich von Gegenspielern zu lösen. Und natürlich verfügt Herbert zudem über den besten Arm im gesamten Football.
- Schwächen: Natürlich versetzt der Receiver Corps kein Top-Team in Angst und Schrecken. Zudem lassen Will Dissly, Josh Palmer oder auch zuletzt Ladd McConkey in ungünstigen Momenten den Ball fallen. Das kann den Chargers womöglich noch den einen oder anderen Sieg kosten. Harbaugh wusste von Beginn an, dass er eine Offensive vorfindet, die nach der teuren 2023er Saison und den notwendigen Abgängen erst einmal neu aufgebaut werden muss. Gegen die Cincinnati Bengals wäre es nach der Halbzeitpause fast noch ins Auge gegangen, hätte Evan McPherson mal ein Field Goal verwandelt.
- Prognose: In den kommenden Wochen kommen Härteprüfungen gegen die Ravens und Chiefs. Eine Bilanz von 12-5 wäre wohl das bestmögliche Ergebnis.
Arizona Cardinals (6-4)
Ähnlich wie weiter oben erwähnten Teams befinden sich auch die Cardinals in einer hervorragenden Ausgangsposition für die zweite Phase der Regular Season. Aktuell führt das Team von Jonathan Gannon die NFC West an und kann auch aufgrund stetig verbesserter Leistungen auf eine Teilnahme an den Playoffs hoffen.
- Statistiken: 7.5 Yards per Passing Attempt; 5.2 Yards per Rushing Attempt; 44.7 % Drives ending in an Offensive Score; 11 Defensive Takeaways & 5 Interceptions; 18,9 % Blitzes per Dropback; 5.2 Rushing Yards per Attempt by Opponents; 46.2 % Opponents' Drives ending in a Score
- Stärken: Das Laufspiel mit James Conner als Herzstück und Kyler Murray in seiner Rolle als ultramobiler Quarterback gehört zum Besten, was wir aktuell in der NFL sehen. Deshalb erarbeiten sich die Cardinals auch die Möglichkeit, häufiger effektiv Play Action auszuführen und abseits der eigentlichen Pocket Raumgewinne zu erzielen. Marvin Harrison Jr. mag nicht in jedem Spiel zur Geltung kommen, aber für tiefe Pässe ist er der nahezu perfekte Wide Receiver. Neben den offensiven Vorzügen verfügen die Cardinals unter Leitung von Gannon, dem ehemaligen Defensive Coordinator der Philadelphia Eagles, über eine Defensive, die zwar selten blitzt, aber ebenso selten explosive Spielzüge zulässt. Der zentrale Mann ist Budda Baker, welcher als Safety immer wieder gezielt das Feld hinunterkommt und etwa im dichten Verkehr vor sich nie Ball oder Ballträger aus den Augen verliert. 64 Tackles, davon sieben Tackles for Loss stehen für Baker zu Buche.
- Schwächen: Es gibt wenige eklatante Schwächen, die in den kommenden Wochen bereinigt werden könnten. Zu Saisonbeginn fiel es den Cardinals noch schwer, eine gegnerische Offensive komplett zu neutralisieren. Doch mittlerweile ist das mehrfach, zuletzt gegen die Chicago Bears und New York Jets, gelungen. Das Spiel gegen die Jets war wohl mit das einseitigste der gesamten Saison. Murray mag gelegentlich komische Entscheidungen treffen, so etwa zwei- bis dreimal gegen Chicago kürzlich, aber das liegt wohl auch an seiner Körpergröße und dem nicht zu unterschätzenden Fakt, dass er in mancher Situation nicht hinter die Lines schauen kann. Die Einbindung von Harrison Jr. könnte noch etwas konstanter geschehen, dafür entwickelt sich jedoch Trey McBride in seinem dritten Jahr in der NFL langsam zu einem der besten Tight Ends.
- Prognose: Ausgeruht aus der Bye Week geht es nun nach Seattle. In den Duellen mit den Divisionsrivalen haben die Cardinals immer gute Siegchancen. Eine Saisonbilanz von 10-7 scheint realistisch.
Philadelphia Eagles (8-2)
Nach einem holprigen Saisonstart mausern sich die Eagles so langsam wieder zu einem Favoritenteam in der NFC. Das unterstreicht auch der recht souveräne Sieg gegen die Divisionsrivalen Washington Commanders im Thursday Night Game. Jalen Hurts hat sich gefangen und die Defensive wird peu à peu besser.
- Statistiken: 8.3 Yards per Passing Attempt; 5.0 Yards per Rushing Attempt; 41.3 % Drives ending in an Offensive Score; 13 Defensive Takeaways & 7 Interceptions; 18.8 % Blitzes per Dropback; 32.1 % Opponents' Drives ending in a Score
- Stärken: Zu Saisonbeginn musste Hurts zeitweilig ohne seine zwei wichtigsten Anspielstationen, A.J. Brown and DeVonta Smith, auskommen. Mittlerweile sind die zwei Wide Receiver stetig verfügbar und als Konsequenz florieren auch wieder Hurts' Leistungen im Passspiel. Jedoch hat Kellen Moore dafür gesorgt, dass der 26-jährige Quarterback weniger oft als noch in den ersten Wochen der Saison den Ball wirft. Man setzt auf Qualität statt Quantität. 26,3 Passversuche unternimmt Hurts pro Spiel - seit den September-Partien stets unter 30. Dafür wird Saquon Barkley immer mehr zur Arbeits- und Durchbruchsmaschine. Bis auf Lane Johnson sind alle O-Liner in ihren Mitzwanzigern und etwa im Fall von Mekhi Becton auch zuletzt um einiges gereift, sodass eben nicht nur in Short-Yardage-Situationen - Stichwort Tush Push - gut gearbeitet wird. Unterdessen generiert die Defensive der Eagles mit einer talentierten EDGE-Gruppe und solide Off-Ball Linebackers wie Zack Baun und Nakobe Dean regelmäßig Druck. Ein Paradebeispiel für die steigende Formkurve ist auch Jalen Carter, der in seinem zweiten Jahr als Defensive Tackle in der NFL nun in nahezu jedem Down eingesetzt wird und konstant auf die Pocket des Gegners einzuwirken scheint.
- Schwächen: Es gibt bei einem Team, das seit der Bye Week sechs Spiele in Folge gewonnen hat, wenig herumzumäkeln. Hurts ist nicht unbedingt ein Quarterback, der auf eigene Faust Spielzüge kreieren kann, wenn die traditionellen Optionen verlorengehen. Insofern ist er enorm von Brown und Smith abhängig. Bislang waren die Eagles aufgrund eines mittelmäßigen Spielplans ein Stück weit bevorteilt. Das Spiel in Baltimore in Woche 13 könnte der erste große Härtetest für das nun verbesserte und selbstbewusste Team aus Philly sein.
- Prognose: Die Eagles nähern sich der Top-Gruppe der NFL, aber für den First Seed in der NFC reicht es nicht. Man schließt die Regular Season auf Position zwei hinter den Detroit Lions ab.