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NHL Stanley Cup Finals - Keeper of the Cup Phil Pritchard im Interview: "Sie hielt den Cup für einen riesigen Kaffeespender"

Phil Pritchard und der Stanley Cup auf dem Weg nach Russland im Sommer 1997.
© getty
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Wie sind Sie überhaupt zu diesem Job gekommen?

Pritchard: 1988 war mein erster Arbeitstag bei der Hockey Hall of Fame, ich bin also mittlerweile in meinem 34. Jahr. In der ersten Woche im Job sollte der Cup zu einem Minor-League-Turnier in der Nähe von Toronto gebracht werden. Niemand wollte an einem Freitagabend arbeiten, ich war der Neue, also habe ich mich freiwillig gemeldet. Schon in meiner ersten Woche war ich mit dem Stanley Cup unterwegs, dann habe ich immer wieder meine Hand gehoben, als es um solche Aufgaben ging. Mittlerweile muss ich mich aber nicht mehr melden. (lacht) Ich habe es nie bereut.

Und Ihre Frau?

Pritchard: Sie hat das alles von Beginn an mitgemacht. Manchmal ist sie auch bei den Events mit dabei. Unser Sohn spielt Eishockey, das hat sie nochmal zusätzlich angesteckt. Aber ein Fan vom Stanley Cup ist sie ganz automatisch.

Sie machen den Job auch nicht allein, sind also im Sommer nicht 100 Tage am Stück mit dem Stanley Cup unterwegs. Wie viele Keeper of the Cup gibt es?

Pritchard: Wir sind zu viert, wie auch beim Sport ist das Geheimnis Teamarbeit. Der Cup ist von der Nacht des Titelgewinns bis zum Eröffnungsspiel der neuen Saison unterwegs, so kommen wir ungefähr auf die 100 Tage. Wir wechseln uns gegenseitig ab. Meistens reisen wir für acht Tage, haben ein paar Tage frei und sind dann wieder unterwegs. Etwa eine Woche nach der Championship-Parade beginnen wir mit dem Reisen.

Phil Pritchard und der Stanley Cup auf dem Weg nach Russland im Sommer 1997.
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Phil Pritchard und der Stanley Cup auf dem Weg nach Russland im Sommer 1997.

Pritchard: "Sie hielt den Stanley Cup für einen Kaffeespender"

In Ihren fast 34 Jahren als Keeper of the Cup haben Sie bestimmt schon eine Menge verrückter Geschichten erlebt. Kinder wurden im Cup getauft, der Sieger vom Kentucky Derby hat daraus gefressen, Babys haben sich im Cup erleichtert. Was ist Ihre verrückteste Story mit dem Stanley Cup?

Pritchard: All diese Geschichten klingen verrückt - bis man die Hintergründe erfährt. Zum Beispiel die Babys, die im Stanley Cup getauft wurden. Für die Eltern ist das ein ganz persönlicher Moment. Dass der Stanley Cup dabei ist, macht ihn zu einem Teil der Familie. Das Wandern mit Grubauer oder Segeln gehen mit Kopitar, das hat in deren Jugend eine große Rolle gespielt. Wenn man es gemeinsam mit den Spielern erlebt, realisiert man, welch großartige Geschichten sich hinter den Aktionen verbergen. Jeder Tag ist anders, jeder Tag gibt einen Einblick in die Persönlichkeit des Spielers. Ich liebe es, ein kleiner Teil davon zu sein.

Es muss aber doch eine Geschichte geben, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist, oder?

Pritchard: 1996 war ich mit dem Stanley Cup am Lake Tahoe bei einem Golfturnier. Eine ältere Dame kam vorbei, sie blickte sich um und fragte mich, wo denn die Kaffeebecher seien. Sie hielt den Stanley Cup für einen riesigen Kaffeespender. Ich musste ihr erklären, was der Stanley Cup wirklich ist. Ich hoffe, an dem Tag hat der Sport einen neuen Fan bekommen.

Was waren sonst noch besondere Momente in Ihrer Karriere?

Pritchard: Mit Kopitar wurden wir schon auf der Landebahn empfangen, als wir aus dem Flieger gestiegen sind. Ich habe noch das Bild vor Augen, wie er den Stanley Cup vor der jubelnden Menge über seinen Kopf hält, mit der Nationalflagge in der Hand. Und an anderen Tagen sind wir irgendwo in einer Kleinstadt und gehen mit dem Spieler und seinem Großvater angeln. Alle Tage mit den Spielern sind unterschiedlich, aber alle sind so bedeutsam. Sie teilen diese Erfahrung mit den Menschen, die ihnen am Herzen liegen, mit Brüdern, Schwestern, Großeltern, Lehrern, Coaches. Das macht diese Erfahrungen so großartig.

Stanley Cup: "90 Zentimeter Silber und Hockey-Geschichte"

Gab es mal einen Moment, in dem Sie einen Spieler stoppen mussten, etwas Dummes mit dem Cup anzustellen?

Pritchard: Die Spieler arbeiten so hart, um einmal im Leben den Stanley Cup zu gewinnen. Sie haben enorm viel Respekt vor der Trophäe. Wir müssen also nicht unbedingt die Spieler genau beobachten, sondern eher deren Freunde. Die wollen und sollen ein Teil der Feierlichkeiten sein, aber bei ihnen ist die Hemmschwelle meistens geringer.

Im Laufe der Jahre hat der Stanley Cup einiges durchgemacht. Seit 1970 gibt es den Presentation Cup, während das Original im Tresor der Hall of Fame geschont wird. Kratzer und Dellen sind vermutlich nach einem Sommer mit den Spielern üblich. Ist schon mal etwas Schlimmeres passiert?

Pritchard: Der Stanley Cup ist 130 Jahre alt, wenn wir beide 130 sind, werden wir wahrscheinlich auch ein paar Schrammen haben. Aber das macht den Cup so magisch, das ist nun mal Teil der Tradition. Unfälle passieren, aber meistens können wir schnell reagieren und den Cup im bestmöglichen Zustand halten. Bei der Präsentation auf dem Eis sieht er großartig aus, 90 Zentimeter reines Silber und Hockey-Geschichte.