Als Tim Stützle seinen historischen Schlussspurt höchstselbst mit dem Siegtor in der Verlängerung abgeschlossen hatte, schrie er seine Freude heraus - und auch seinen aufgestauten Frust. "Ich bin wirklich ein paar Mal verrückt geworden", gab der Eishockey-Nationalspieler nach dem dramatischen 4:3-Sieg seiner Ottawa Senators gegen die Calgary Flames zu.
"Der Puck hüpfte jedes Mal in letzter Sekunde, wenn wir schießen wollten", klagte der 21-Jährige, der mit seinem Team bis 134 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit 1:3 zurückgelegen hatte. Dann gelang dem ehemaligen Mannheimer etwas, was laut NHL-Statistikern selbst die Größten der Größten um Superstar Wayne Gretzky nie schafften: drei Torbeteiligungen in Folge in den letzten fünf Spielminuten.
Ottawa hatte den Torwart vom Eis genommen, als Stützles Schuss zum Abstaubertor von Drake Batherson führte. Dann legte der Nationalspieler überlegt zum Ausgleichstreffer durch Alex DeBrincat 88 Sekunden vor Schluss auf. Und schließlich sprintete er seinem Gegenspieler davon und beendete das Spiel nach 115 Sekunden in der Overtime mit seinem 23. Saisontor. "Am Ende haben wir es hingekriegt", sagte Stützle, der schon beim frühen 1:0 durch Kapitän Brady Tkachuk mit einem genialen Pass aus dem eigenen Drittel geglänzt hatte.
Der gebürtige Viersener kriegt in seiner dritten NHL-Saison so einiges hin: 53 Scorerpunkte in 48 Partien sind nicht nur pro Spiel die beste Zwischenbilanz in der eigenen Mannschaft, sondern der Eintritt in den elitären Kreis der Stars, die im Schnitt mehr als einen Punkt pro Partie verbuchen. Damit ist Stützle zu diesem Zeitpunkt seiner jungen Karriere sogar besser als Leon Draisaitl: Der Kölner hatte nach 180 NHL-Spielen 131 Scorerpunkte auf dem Konto, Stützle schon 140.
In Ottawa, wo er nicht wie Draisaitl in Edmonton den besten Spieler der Welt - Connor McDavid - als Teamkollegen hat, ist Stützle bereits das Gesicht des Klubs. 66,8 Millionen Dollar lassen sich die Sens in den nächsten acht Jahren seine Dienste kosten, ab der nächsten Spielzeit bekommt er nur 150.000 Dollar weniger pro Jahr als Draisaitl, der immerhin schon Scorerkönig, MVP und Deutschlands Sportler des Jahres war.
Dass er im Mai die Nationalmannschaft bei der WM verstärkt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Im letzten Jahr habe der "den Fehler gemacht", trotz einer kleinen Verletzung teilzunehmen, die "dann schlimmer" wurde, sagte er jüngst bei Sky, "das Risiko will ich nicht eingehen."