Leon Draisaitl war am Boden zerstört. Die Kapuze seines Hoodies über den Kopf gezogen, stand der deutsche Eishockey-Star im Bauch des Rogers Place in Edmonton und musste mit zittriger Stimme zum wiederholten Mal seinen großen Traum begraben.
"Es ist schwer, gerade Worte zu finden", sagte Draisaitl - doch sein leerer Blick sprach Bände.
Auf der Jagd nach dem so ersehnten Stanley-Cup-Triumph hatten es der 27-Jährige und die Edmonton Oilers wieder relativ weit gebracht. Immerhin sei man ja auch in die Saison gegangen, "um sie zu gewinnen", betonte Draisaitl.
Doch aus den Ambitionen wurde nichts. Das 2:5 in Spiel sechs des Viertelfinals gegen die Vegas Golden Knights besiegelte das Playoff-Aus für den fünfmaligen Meister.
Leon Draisaitl zur WM? Versicherunsgfrage geklärt
Wie ein "Versagen" fühle sich diese Niederlage an, sagte Draisaitl, wie ein "verlorenes Jahr". Doch während dem Ausnahmespieler die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand, dürfte im über 6500 Kilometer entfernten Tampere so mancher freudig zum Handy gegriffen haben. In Finnland bestreitet die deutsche Nationalmannschaft ihre WM-Vorrundenspiele - und Draisaitl könnte plötzlich eine unerwartete Verstärkung werden.
Sportdirektor Christian Künast hatte bereits am Sonntag angekündigt, er wolle im Fall von Edmontons Playoff-Aus bei Draisaitl "anfragen, wie es bei ihm aussieht". Der 42-malige Nationalspieler "würde immer gerne für Deutschland spielen, kann aber nicht sagen: Um 23.00 Uhr bin ich fertig, jetzt steig' ich in den Flieger zur WM", fuhr Künast fort.
Die Versicherungsfrage sei geklärt, ein paar Tage Wartezeit wären zu verschmerzen: "Leon Draisaitl würde sich auch für ein Spiel lohnen."
Gründe für eine WM-Teilnahme gäbe es allemal. Vor allem die vielleicht einmalige Chance auf Olympia dürfte Draisaitl ins Grübeln bringen, denn in Tampere geht es um die Direkttickets für Mailand/Cortina 2026 - die ersten Winterspiele seit 2014, bei denen die NHL wahrscheinlich wieder teilnimmt. Auch spielt sein bester Kumpel Frederik Tiffels aktuell im Nationalteam.
Leon Draisaitl: Verhindert ein brutaler Schlag die WM-Teilnahme?
Die Frage ist jedoch: Ist Draisaitl fit genug nach einem brutalen Schlag auf den Arm im vierten Play-off-Duell gegen die Vegas Golden Knights? Und ist er noch motiviert genug? Der Stachel der Enttäuschung nach dem neunten erfolglosen Anlauf auf die NHL-Krone saß in der Nacht zu Montag tief, das war nicht zu übersehen.
Zumal der Weg zum Stanley Cup selten so vorgezeichnet schien wie in diesem Jahr. Einem persönlichen Bestwert von 128 Punkten in der regulären Saison ließ Draisaitl in den ersten acht Play-off-Spielen starke 17 Scorerpunkte folgen. Doch nur ein Zähler in den letzten vier Spielen gegen Las Vegas waren auch für Draisaitl zu wenig, in der letzten Partie stand er bei vier Gegentoren auf dem Eis.
"Ich war nicht gut genug", lamentierte er. Jeder müsse nun "alles tun", um dieses Gefühl nicht noch einmal erleben zu müssen. Für Draisaitl könnte der erste Schritt zur Frustbewältigung Richtung Finnland führen.
NHL-Playoffs im Überblick
Team A | Team B | Stand |
Dallas Stars | Seattle Kraken | 3-3 |
Vegas Golden Knights | Edmonton Oilers | 4-2 |
Carolina Hurricanes | New Jersey Devils | 4-1 |
Toronto Maple Leafs | Florida Panthers | 1-4 |