Sie kam nicht wirklich unerwartet, die Absage von Roger Federer für die French Open. Die große Frage aber lautet: Tut er sich damit einen Gefallen - oder könnte der Rückzug vielleicht auch zu etwas werden, das Federer am Ende des Jahres bereut? Die tennisnet.com-Redakteure Florian Goosmann und Christian Albrecht Barschel beziehen Stellung.
Von Florian Goosmann
Federers Absage? Ein schlauer Schachzug
"Ich war erleichtert, als ich von Federers Absage für Paris erfahren habe. Denn so stark Federer zum Jahresauftakt gespielt hat - ein Titel in Paris wäre für ihn nicht drin gewesen. Und um was sonst hätte es ihm gehen sollen? Noch mal ein Viertel- oder Halbfinale? Oder ein Endspiel? Das hatte er doch schon oft genug.
Natürlich: Bei gutem Wetter spielt sich's auch in Paris zügig, ein Federer-Offensiv-Spektakel wäre bei günstigen Voraussetzungen auch bei den French Open nicht auszuschließen gewesen. Zumindest, bis Rafael Nadal auf der Gegenseite gestanden hätte. Denn sind wir realistisch, trotz Federers drei Siegen gegen Rafa in diesem Jahr: Auf Sand, über drei Gewinnsätze, wäre nichts drin gewesen für ihn. Auch nicht mit der viel gepriesenen neuen Rückhand. Denn diese ähnlich früh zu nehmen wie auf Hartplatz, im Aufsteigen, ist auf Sand nun mal nicht dauerhaft drin. Zu heftig der Spin, zu häufig ein minimal falscher Ballabsprung.
Federer war meist ein Meister der schlauen Turnierplanung. Der Sand habe seinem Knie schon im Vorjahr nicht gut getan, erklärte er kürzlich. Warum also ein Risiko eingehen und dadurch die Saisonphasen gefährden, die ihm liegen, für die er brennt und seine Kräfte braucht - die Gras-Saison, der US-Hartplatz-Sommer, die Hallen im Herbst? In Wimbledon und bei den US Open, da kann und will Federer noch mal zuschlagen!
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Vor allem aber hat man Federers Aussagen entnommen, dass er nicht wirklich Lust auf Sand hatte. Und nur anzutreten, um ein paar Pünktchen zu sammeln für die Chance auf die Nummer eins? 'Ältester Weltranglistenerster' - okay, es wäre noch so ein schöner Rekord. Aber halbherzig das körperlich anstrengendste Turnier der Welt zu spielen?
Nach seiner einzigen Saisonniederlage in Dubai gegen Evgeny Donskoy grübelte Federer recht offen darüber, dass er nicht voll dabei gewesen war, nicht 'committed genug'. Und in Paris nur aufzulaufen, um eine Pflicht zu erfüllen... für wen denn bitte?"