Von Jörg Allmeroth aus New York
Der Gegner von Roger Federer hat sich schon mal eine kleine Unterwerfungsgeste geleistet. Als Ende vergangener Woche die Auslosung für die Offenen Amerikanischen Meisterschaften 2018 besiegelt war, twitterte Yoshihito Nishioka ziemlich vergrätzt: "Ich habe kein Glück bei den Grand Slam-Turnieren."
Glück - jedenfalls sah das für Nishioka anders aus, als in der ersten Wettbewerbsrunde im Big Apple gegen Federer anzutreten, nach einem Auftaktmatch gegen Marin Cilic in Wimbledon zuletzt. Immerhin, auch das ließ der 22-jährige Japaner wissen: "Es wird ein aufregendes Erlebnis. Auf einem großen Court, vor ausverkauftem Haus gegen eine Legende wie Roger."
Federers Auftritte werden sparsamer
Federer ist natürlich im ersten Match überhaupt gegen die Nummer 177 der Welt der haushohe Wettfavorit, aber was dem 20-maligen Grand-Slam-Champion über die Auftaktphase der US Open zugetraut werden kann, ist die große Frage. Ein gewisses Rätsel auch für Federer selbst, der sich nicht wie üblich in den engeren Kreis der Titelanwärter eingereiht wissen will: "Es gibt andere, die Topkandidaten sind", sagt der 37-jährige Schweizer.
Federer hatte sich zuletzt ziemlich rar gemacht im Tourbetrieb der Berufsspieler, nach Wimbledon trat er nur beim Masters in Cincinnati an, verlor dann im Finale gegen Novak Djokovic. Seit Ende März spielte Federer überhaupt nur vier Turniere, neben Wimbledon und Cincinnati nur die deutschen Wettbewerbe in Stuttgart und Halle. Federers Auftritte werden sparsamer, aber deshalb auch unberechenbarer - denn leichter macht es dieser ökonomische Ansatz nicht, in einen Match- und Turnierrhythmus zu kommen.
Letzter US-Open-Coup vor zehn Jahren
Federers letzter großer US-Open-Coup liegt mittlerweile schon zehn Jahre zurück, der Titel 2008 war der Schlusspunkt einer über fünf New Yorker Turniere währenden Erfolgsserie. Erst im 42. Spiel gab es für Federer wieder einen Fehlschlag im Big Apple, im Finale 2009 gegen den aufstrebenden Argentinier Juan Martin del Potro. Andere übernahmen danach das Kommando bei den US Open, vor allem Novak Djokovic entwickelte sich zum Titeljäger.
Der Serbe gilt fast automatisch auch als Topfavorit für den Pokalgewinn, indes nicht wegen lange zurückliegender Großtaten, sondern wegen seiner starken Form in diesem Sommer - bestens dokumentiert durch die Siege in Wimbledon und auch in Cincinnati. Wie störend Federer da eingreifen kann, wird sich zeigen, wenn auch vielleicht noch nicht unbedingt im Match gegen den krassen Außenseiter Nishioka. Eins ist jedenfalls schon mal als Konstante geblieben für Federer: Der geliebte Einsatz in der Night Session, unter den Flutlichtstrahlern der Arthur Ashe Arena.