Der "Tennis-Charakter": Was man als junger Spieler wissen sollte

Von Marco Kühn / tennis-insider.de
Roger Federer strebt Titel Nummer neun an
© Jürgen Hasenkopf

Für aufstrebende Tennisspieler mangelt es an guten Trainingsmöglichkeit hierzulande nicht. Welche charakterlichen Werkzeuge aber sind wichtig, um erfolgreich zu werden?

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Wer als junger Spieler nach Höherem streben will, bekommt in Österreich und Deutschland hervorragende Trainingsmöglichkeiten geboten. Die Akademien sind top ausgestattet. Die Trainer und Trainerinnen sind bestens ausgebildet und bieten jedem jungen Spieler das Fachwissen, um aus seinem spielerischen Potenzial das Beste herauszuholen. Als Eltern hat man beinahe schon die Qual der Wahl, wo man sein Kind integrieren möchte, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Auch im konditionellen Bereich, der die Fitness sowie auch die Ernährung umfasst, werden junge Spieler gut ausgebildet. Ein Blick auf die erweiterte Profitour zeigt, wie unglaublich fit die Spieler allesamt sind. Ohne diese Basis ist es nicht möglich, im Profibereich erfolgreich zu sein.

Ganz wichtig: Charakter-Training!

Neben dem körperlichen und spielerischen Potenzial besitzt jeder junge Spieler auch einen Charakter, der entwickelt werden will. Auch hier liegt großes Potenzial für die sportliche Leistung. So wie die Physis und die Grundschläge entwickelt werden, muss auch der Charakter geformt und, so merkwürdig es sich auch lesen mag, trainiert werden.

Jedem jungen Spieler stehen Trainingswerkzeuge zur Verfügung, die man nur selbst in die Hand nehmen und nutzen muss. Im Kraftraum gibt es die Hantelbank, Kurzhanteln und die Beinpresse. Auf dem Court stehen den Trainern Ballkörbe, Ballmaschinen, Hütchen und weitere Werkzeuge zur Verfügung, um junge Spieler zu fordern und zu fördern. Welche Werkzeuge feilen den Charakter? Wir schauen mal, welche Optionen jedes junge Talent besitzt, um den einen Tennischarakter zu trainieren.

Niederlagen

Wenn wir es ganz rational herunterbrechen, ist ein Tennismatch eine nicht endende Aneinanderreihung von Problemen, die gelöst werden müssen. Je nachdem, wie diese Probleme gelöst wurden, endet das Match. Entweder mit einem Sieg oder eben einer Niederlage. Hakt man seine Niederlagen einfach nur ab und beschäftigt sich nicht mehr mit diesen, verschwendet man riesige Möglichkeiten an seinem Tennis zu arbeiten. Niederlagen sind die besten Lehrer, weil sie die unverfälschte Wahrheit filterfrei transportieren. Allerdings ist eine Niederlage immer eine harsche Kritik an der eigenen Leistung. Aus diesem Grund fällt es besonders jungen Spielern schwer sich mit ihren Niederlagen auf eine gesunde Weise auseinanderzusetzen. Auf Kritik reagieren die meisten Spieler mit Rechtfertigung. Wer sich als junger Spieler aber mit seinen Niederlagen an einen Tisch setzen und diese analysieren kann, der wird wichtige Informationen über sein Tennis erlangen.

Durch ehrliche Antworten auf tiefgründige Fragen zu einer Niederlage ergeben sich Erkenntnisse, die mehrere "Aha"-Erlebnisse bei jungen Spielern auslösen können. Wie hat der Gegner eigentlich die meisten Punkte im Match gemacht? War man selbst in den entscheidenden Phasen zu passiv oder zu wild? Was hat der Gegner einfach besser gemacht? Wo lagen die Hauptursachen für die Niederlage? Waren mentale Aspekte ausschlaggebender als spielerische? Fehlte es einfach an Biss? Oder an der Qualität des zweiten Aufschlages?

Die Antworten auf diese Fragen bringen jeden jungen Spieler weiter.

Emotionen

Kennst du noch einen anderen Ort auf diesem Planeten, an dem sich ein erwachsender Familienvater maßlos über ein Gewittertierchen aufregt, welches ihn bei seiner Aufschlagbewegung stört? Ich auch nicht. Jetzt stell dir ein 12-jähriges Mädchen vor, welches bei einem wichtigen Turnier im Finale steht und von ihrer Gegner bei wichtigen Punkten betuppt wird. Da tanzen die Emotionen Breakdance. Gefühle verschlingen jeden klaren Gedanken an Taktik oder Technik. Ein konzentrierter Ballwechsel ist überhaupt nicht mehr möglich, da die Emotionen den Schläger in die Hand genommen haben. Das tückische ist, dass genau diese Spielsituationen Matches und Turniere entscheiden. Alle großen Spieler sind Großmeister darin ihre Emotionen zu kontrollieren. Besonders dann, wenn es eng wird. Als junger Spieler sollte man früh diesen Bereich der charakterlichen Entwicklung auf dem Platz erkennen und lernen, wie man mit diesen emotionalen Matchphasen umgeht. Die Lösungen sind in diesem Bereich immer individuell. Wichtig ist, dass diese Situationen erkannt werden.

Probleme

Wie bereits vor einigen Zeilen erwähnt, besteht ein Tennismatch aus allerhand Problemen, die gelöst werden wollen. Vor diesen davonzulaufen oder den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen blockiert sowohl die spielerische, wie auch die charakterliche Entwicklung. Nicht nur auf dem Tennisplatz übrigens.

Kreativität ist bei der Lösung von Problemen gefragt. Dazu kommt die charakterliche Eigenschaft, die volle Verantwortung für seine Probleme auf dem Platz zu übernehmen. Wenn es nach neun Minuten 0:3 steht, kann die ungünstig stehende Sonne, der zu tiefe Platz oder der sich ständig drehende Wind verantwortlich gemacht werden. Damit gibt man die Macht über die Geschehnisse auf dem Platz aber ab. Sobald man selbst die Verantwortung übernimmt, ist man sofort in der Position auch für die Lösung dieser Probleme verantwortlich zu sein. Das ist eine Bürde. Aber diese Bürde stärkt den Charakter.

Letztendlich ist es der Charakter des Spielers, der alles im Training erlernte auf den Platz bringt. Wird dieser Charakter bei all der körperlichen und technischen Arbeit vernachlässigt, kann die Leistung auf dem Platz niemals stimmen.

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