tennisnet: Ist Molleker in seiner Altersgruppe der einzige Hoffnungsträger?
Uebel: Das ist mit 16 Jahren ganz schwer zu sagen. Rudi ist mit Abstand der Beste seines Jahrgangs, aus bayerischer Sicht schlägt sich Leopold Zima ganz gut, aber Langzeit-Prognose kann ich hier keine abgeben. Wir haben einen guten 2001er mit dem Justin Schlageter, zwei gute 2002er mit Max Wiskandt und Moritz Stöger. Auch der Jahrgang 2003 in Bayern ist stark.
tennisnet: Marvin Möller und Louis Wessels haben in Hamburg schon ATP-Luft geschnuppert.
Uebel: Die Beiden kenne ich jetzt nur aus der Ferne. Diesen Spielern muss man jetzt ein, zwei Jahre Zeit geben, um sich an das Herren-Tennis anzupassen. Dann darf man sich ein Urteil erlauben.
"Tennis ist ein unglaublich enger Sport"
tennisnet: Die Junioren haben sich ja im Herbst in Oberhaching oder in Ismaning gezeigt. Wie schwierig fällt denn einem Coach da die Analyse der Matches, die zum Großteil sehr knapp ausgefallen sind?
Uebel: Also, wenn ich sofort über alle Gründe für Sieg und Niederlage Bescheid wüsste, dann hätte ich ja den Weg gefunden, wie ich Spieler zu den Top 10 oder 20 führt. Tennis ist so ein enger Sport. Andy Murray hat im letzten Jahr 55 Prozent der Punkte gewonnen, die er gespielt hat. Das muss man sich mal vorstellen. Tennis ist ein unglaublich enger Sport. Murray hat nur knapp mehr als die Hälfte seiner Punkte gewonnen. Und je weiter man runtergeht, umso geringer werden die Prozentzahlen. Aber natürlich gewinnt ein Murray diese 55 Prozent über das ganze Jahr. Gerade für junge Spieler sind zwei, drei Prozent natürlich viel.
tennisnet: Wo bekommt man diese paar Prozent mehr her?
Uebel: Über die Einstellung, den Kampf, die Konstanz.
tennisnet: Der Kreis schließt sich. Wir haben mit Alexander Zverev begonnen. Zverev hat in Rotterdam in der ersten Runde verloren, davor in Montpellier das Turnier gewonnen. Wo sehen Sie denn seine größte Stärke?
Uebel: Alex hat erstens ein außergewöhnliches Spiel, beginnend mit seinem unglaublichen Aufschlag. Das Grundlinienspiel ist deutlich besser geworden, er bewegt sich viel besser. Aber für mich war bei ihm schon als Junge dieser unbedingte Glauben an sich selbst beeindruckend. Dass er daran hundertprozentig glaubt, seine Ziele erreichen zu können, egal, wie er die nun definiert. Und die sind wohl sehr hoch einstellig. Und man hat das Gefühl, dass diese Zielerreichung für ihn alternativlos ist, auch schon, als er noch 18 Jahre alt war. Das vermittelt er Tag für Tag auf dem Platz.
tennisnet: Wie steht Zverev im Vergleich zu den beinahe Gleichaltrigen da?
Uebel: Wenn ich ihn mit einem Borna Coric vergleiche, dann sind das vom Auftreten her zwei komplett verschiedene Menschen. Der eine strahlt "Weltstar" aus, der andere nur Star. Ich glaube, dass Sascha ganz klar "Weltstar" auf seinem Rücken stehen haben möchte, wobei ihm wahrscheinlich wichtiger ist, dass er einmal Nummer eins der Welt wird.
tennisnet: Heißt das, dass Alexander Zverev schon reif für einen Grand-Slam-Sieg ist?
Uebel: Das ist sehr schwierig, sich hier ein Urteil zu bilden. Möglich ist alles. Ich glaube aber, dass die Konstanz über sieben Best-of-Five-Matches, jeden zweiten Tag an seine Grenzen zu gehen, dass es vielleicht noch ein, zwei Jahre dauern wird, bis Sascha die Konstitution dafür hat. Mental und physisch. Aber ich würde mich nicht dagegen wehren, wenn es dieses Jahr schon passieren sollte.
tennisnet: Herr Uebel, wir danken für das Gespräch.
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