"Sag die Wahrheit". Das hat Andrej Pavel, der rumänische Davis-Cup-Kapitän Dominic Thiem noch schnell souffliert, als dieser nach seinem entscheidenden Erfolg gegen Nicolae Frunza auf dem Platz in Wels Rede und Antwort gestanden war. Nun, die österreichische Nummer eins wird sich womöglich gar nicht so leicht getan haben, die Wahrheit zu finden, über sich, sein Spiel, seine augenblickliche Form.
Thiem hat von zwei Pflichtsiegen gesprochen, die sind es gegen Bogdan Borza und eben Frunza dann auch geworden, standen zu keinem Zeitpunkt in Frage. Der Auftritt im Doppel war einer, der sich nicht unbedingt für das Familienalbum empfohlen hat, wiewohl mit Horia Tecau auf der anderen Seite des Netzes der regierende US-Open-Champion gefuhrwerkt hat.
Dass das Werkl des 24-jährigen Niederösterreichers indes nicht ganz rund gelaufen ist, das ist den meisten Zuschauern nicht verborgen geblieben. Zumal am Sonntag, als der Dauerregen eine Verschiebung um zwei und eine halbe Stunde hinter den ursprünglichen Starttermin bedingte. Die Verhältnisse waren durchaus gefährlich auf der Anlage des TC Union Wels, der Rumäne etwa rutschte gleich in der Anfangsphase mehrmals über den Court.
Highlight in Prag
Wels allerdings ist Geschichte. Die Österreicher haben ihren Platz in der Europa/Afrika-Zone 1 gehalten, alles andere wäre auch angesichts der Vorzeichen - Rumänien war ohne seinen einzigen Top-100-Spieler, Marius Copil, nach Oberösterreich gereist - nicht vermittelbar gewesen. Thiem hat sich den Montag freigenommen, in erster Linie, um sich aufzuwärmen, wie sein coach Günter Bresnik sagt.
Am heutigen Dienstag war eine ordentliche Trainingseinheit angesagt, dann begibt sich der Reisetross, dem diesmal auch Bruder Moritz angehören wird, gen Prag.
Thiem wird die europäischen Farben bei der Premiere des Laver Cups vertreten, die Rolle, die der Lichtenwörther in der tschechischen Hauptstadt einnehmen wird, könnte nicht unterschiedlicher zu jener im Davis Cup sein: sportlicher Leithammel hier, in Prag hingegen gemeinsam mit Alexander Zverev in der Rolle der Youngster, die Roger Federer und Rafael Nadal zur Hand gehen sollen. Ein Highlight, keine Frage, auch wenn Thiem die anwesenden Herrschaften unter Wettkampf- und Trainingsbedingungen kennt. Teamkapitän der Europäer ist Björn Borg, Vorbild vieler Spieler, für einen Mittzwanziger als Aktiver natürlich schon fast nicht mehr wahr.
London praktisch sicher
Nach dem Laver Cup ruft Asien, Thiem wird sich auch heuer die Turniere in Chengdu, Tokio und Shanghai geben. Mit auf die Reise geht Joakim Nyström, der alte Schwede, erstmals in diesem Jahr. Wien und Paris runden die reguläre Saison ab, die Qualifikation für das ATP-Finale in London steht auf dem Papier noch nicht fest, es müssten allerdings einige Katastrophen spielerischer Natur zusammenkommen, dass Thiem zu keinem Da Capo in der O2-Arena kommt.
Er habe keine Wahrheit, das hat Thiem übrigens Andrej Pavel nachgerufen. Dabei sollte der ausgewiesene Fußball-Fan doch wissen, wo diese zu finden ist. Auch wenn die Weisheit von Otto Rehhagel schon vor etlichen Jahren ihren Zenit überschritten hat: Die Wahrheit, nämlich, sie liegt auf dem Platz. Manchmal auch auf einem schwer bespielbaren in Wels.