Erst wenige Wochen zuvor nahm Eric Bischoff über Mittelsmann Diamond Dallas Page, seines Zeichens WCW-Wrestler und enger Vertrauter und Nachbar des WCW-Präsidenten, Kontakt zum ehemaligen Razor Ramon in der WWE auf. Hall trat bereits von 1989 bis 1992 in der WCW als Diamond Studd auf.
Sein Wechsel 1992 zur WWE in der Rolle des Razor Ramon, welche direkt an Tony Montana aus Scarface angelehnt war, brachte ihm jedoch erst den großen Durchbruch. Anfang des Jahres 1996 äußerte er jedoch Bedenken nach einer TV-Geschichte mit Goldust und lehnte ein neues Vertragsangebot der WWE ab.
Ted Turner mit einem Herz für die WCW
Die WCW wurde von Medienmogul Ted Turner geleitet. In den neunziger Jahren hatte er seine Kabelfernsehgesellschaft Turner Broadcasting Systems (TBS) an Time Warner verkauft und wurde damit zu einem Großaktionär des Medien-Branchenführers. Noch nie zuvor gelang es einem Verantwortlichen, mit der WCW Profit zu erwirtschaften. Aufgrund des Wohlwollens Turners wurde diese geduldet.
Eric Bischoff stand im Sommer 1995 nach einer zwei Jahre andauernden Umstrukturierung vor seinem großen Ziel, zum ersten Mal Gewinn mit der WCW zu erwirtschaften. Dafür hatte er ein neues Unternehmensfeld ins Auge geschlossen: die internationale Vermarktung in China.
Das berühmte Meeting zwischen Eric Bischoff und Ted Turner
Hierfür lag ihm ein lukratives sechsstelliges Angebot für die Ausstrahlungsrechte der Fernsehshow WCW Saturday Night vor. Das einzige Problem stellte jedoch der Besitzer von Star TV dar: Rupert Murdoch - der größte Konkurrent Ted Turners.
Knapp zwei Monate legte sich Bischoff eine Strategie zurecht, wie er Turner diesen Schritt schmackhaft machen wolle.
Zum ersten Mal trat Bischoff dem Medienmogul Angesicht zu Angesicht gegenüber, um ihm ein Geschäftsprojekt vorzustellen. Bevor er jedoch seine Ideen vortragen konnte, unterbrach ihn Turner mit der Frage, was notwendig sei, um mit der WWE konkurrieren zu können. Spontan entgegnete er, dass die WCW eine Show zur Hauptsendezeit benötige.
Die Revolution: WCW Monday Nitro
Schlussendlich handelte es sich um ein Geschäftsfeld, in dem die WWE seit Jahren erfolgreich vertreten war. Zur großen Verwunderung Bischoffs segnete Turner diesen Vorschlag ab und gab ihm einen Sendeplatz auf dem TV-Sender TNT.
TNT (Turner Network Television) richtete sein Programm an die werbewirksame Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen, während die WCW unternehmensintern als zweitrangiges Programm die ältere Zielgruppe aus dem Süden der USA bediente, und auf TBS ausgestrahlt wurde. Ursprünglich bis August 1995 erhielt der WCW-Präsident die Aufgabe, ein fertiges Konzept für die neue Show auszuarbeiten. Der potentielle Vertrag mit Star TV fand keine Erwähnung mehr.
In den kommenden Wochen wurden die Vorbereitungen für die neue Show mit dem Titel WCW Monday Night Nitro getroffen. Bischoff verfolgte das Ziel, die Show realitätsnah und überraschend zu gestalten.
Lex Luger: Die erste große Sensation
Zu diesem Zeitraum spielte der auslaufende WWE-Vertrag Lex Lugers Eric Bischoff in die Karten. Der WCW-Wrestler und enge Luger-Freund Sting erklärte Bischoff, dass Luger gerne wieder zur WCW zurückkehren möchte. In seiner Zeit von 1987 bis 1991 konnte sich Luger bereits den WCW-Champion-Titel sichern. In der WWE hingegen konnte er nie an diese Erfolge anknüpfen.
Bischoff entgegnete wiederum Sting, dass er keinerlei Interesse habe, Luger unter Vertrag zu nehmen, gestand diesem jedoch zu, ein geheimes Treffen mit Luger abzuhalten - eher als Gefallen für Sting. Um die Loyalität des potentiellen Rückkehrers zu testen, liefen die Treffen meist so ab, dass Luger bereits ein halbe Stunde vor dem vereinbarten Termin an verabredeten Orten wie Stings Garage eintraf, und Bischoff erst danach folgte.
Um die Ernsthaftigkeit Lugers weiter auf die Probe zu stellen, bot er ihm einen niedrig dotierten Vertrag an. Verdiente Luger vor seinem Abgang zur WWE noch zwischen 500.000 US-Dollar und 750.000 US-Dollar jährlich in der WCW, bot er ihm für einen Einjahresvertrag lediglich 150.000 US-Dollar an.
Luger verschweigt Abgang gegenüber Vince McMahon
In der Zwischenzeit wurde der 4. September 1995 als Startdatum für Monday Nitro festgelegt. Nicht zufällig, da an diesem Tag WWE Monday Night RAW ausfiel. Zufälligerweise lief der Vertrag Lex Lugers bei der WWE genau einen Tag vorher aus. Dem WWE-Chef Vince McMahon hatte Luger mündlich eine Zusage zur Vertragsverlängerung gegeben.
Luger absolvierte sein letztes Match bei der WWE und arrangierte selbstständig einen Flug nach Minneapolis, Minnesota, wo Nitro zum ersten Mal in der Mall of America stattfinden sollte. Er quartierte sich abseits vom Hotel der WCW-Wrestler ein und betrat erst eine halbe Stunde nach Showbeginn die Arena. Seinen überraschenden Auftritt machte er kurz vor dem Match zwischen Sting und Ric Flair.
Bischoff fährt schwere und fragwürdige Geschütze auf
Eric Bischoff entschied sich, WCW Monday Nitro live auszustrahlen, während WWE RAW zur damaligen Zeit im Vorfeld aufgezeichnet wurde. Darüber hinaus begann Nitro einige Minuten vor RAW, und Bischoff höchst persönlich gab als neuer Kommentator seiner Show die Ergebnisse der Konkurrenz bekannt, noch bevor diese überhaupt auf Sendung war.
Bei einigen Nitro-Shows hatte er wiederum einen Monitor unter seinem Kommentatoren-Pult installieren lassen, um RAW parallel mitzuverfolgen, um gegebenenfalls kurzfristig in seiner Show im Kommentar reagieren zu können. Zusätzlich konnte er durchsetzen, dass Nitro teilweise fünf bis zehn Minuten länger lief.
In einer weiteren kontroversen Szene trat Madusa als amtierende WWE-Damen-Championesse bei Nitro auf, und schmiss den Champion-Gürtel in eine Mülltonne.
Die feindliche Übernahme der Outsiders
Die Verpflichtung Scott Halls erweiterte die reale Konkurrenzsituation zwischen der WCW und WWE um eine weitere Dimension. Bei seiner Rückkehr am 27. Mai 1996 unterbrach Hall ein Match zwischen dem Mauler und Steve Doll.
Nitro wurde an diesem Abend zum ersten Mal zwei Stunden lang ausgestrahlt. Eine Stunde vor dem Beginn von WWE RAW diente diese zusätzliche Stunde als Werbeplattform für die zweite Stunde von Nitro. Dafür wurde die erfolglose Sendung Thunder in Paradise mit WCW-Wrestler Hulk Hogan in der Hauptrolle abgesetzt.
Zwar war im Gegensatz zur Verpflichtung Lex Lugers die Personalie Scott Halls bereits im Vorfeld bekannt. Jedoch produzierte die zeitnahe Verpflichtung von Kevin Nash - besser bekannt als Diesel in der WWE - wiederum einen bleibenden Eindruck beim Publikum.
Diesel hielt den WWE-Champion-Titel vom November 1994 bis November 1995 und arbeitete wie Hall bereits vor seiner Zeit bei der WWE von 1990 bis 1993 bei der WCW. Zwei Wochen nach Halls überraschendem Auftritt trat Nash schlussendlich bei Nitro auf.
Bei der Großveranstaltung The Great American Bash 1996 forderten sie als Outsiders die WCW in Form von Eric Bischoff in einem Interview auf, drei Gegner für sie bei der Großveranstaltung Bash at the Beach zu benennen. Nachdem Bischoff Kevin Nash auf eine spätere Antwort vertröstete, beförderte dieser ihn durch die Kulisse.
Wer ist der dritte Mann? Sting oder Hogan
Die Fans beschäftigten sich intensiv mit der Frage, wer der dritte angekündigte Mann der Outsiders sei. Zu diesem Zeitpunkt fiel intern die Entscheidung auf Sting. Der Publikumsliebling der WCW war bereits seit Jahren das hauseigene Aushängeschild des Unternehmens. Eric Bischoff hielt den Anschluss des Stingers für eine weitere überraschende Wende im Kampf gegen die WWE.
Inmitten dieser Planungen meldete sich Hulk Hogan bei Eric Bischoff. Hogan wechselte im Sommer 1994 zur WCW, konnte jedoch nicht an seine alten Erfolge bei der WWE anknüpfen. Zu diesem Zeitpunkt war Hogan bereits einige Monate nicht in den TV-Shows der WCW zu sehen, da er sich zurückzog, um den Film Santa Claus mit Muckis zu drehen.
Bereits einige Monate vorher trafen sich Bischoff und Hogan um über eine mögliche Vertragsverlängerung und eine Neuausrichtung von Hogans TV-Charakter zu sprechen. Bischoff schlug Hogan vor, in Zukunft als Bösewicht aufzutreten, was Hogan jedoch nicht nur konsequent ablehnte, sondern den WCW-Präsidenten kurzerhand vor die Tür seines Hauses setzte.
Unter den neuen Umständen sah jedoch der Hulkster die Gelegenheit, die attraktive Position des dritten Mannes der Outsider einzunehmen. Trotz Hogans Willen diesen einschneidenden Schritt in seiner Karriere einzugehen, hielt Bischoff bis zum entscheidenden Abend am 7. Juli 1996 an Sting als potentiellen Ersatz für Hogan fest.
Letzte Zweifel an Hogans Wort blieben bis zum Schluss
Erst eine Stunde vor dem Bash at the Beach betrat Hulk Hogan durch einen Hintereingang das Ocean Center in Daytona Beach, Florida. Selbst seine zukünftigen Partner Hall und Nash wurden nicht in die Planungen eingeweiht.
Während eines letzten Gespräches in Hogans Umkleidekabine schlug Bischoff einige Namen für die neue Gruppierung vor. Dabei entstand der Begriff nWo: new World order, den US-Präsident George Bush 1990 nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen wieder populär gemacht hatte.
Während Ringesprecher Michael Buffer die Ankündigung für den Main Event machte, betraten Scott Hall und Kevin Nash zunächst alleine den Ring. Ihre drei Gegner Sting, Lex Luger und Macho Man Randy Savage folgten ihnen.
Der entscheidende Schritt
Kurz nach Start des Matches wurde Lex Luger nach einer Aktion Stings in den Backstage-Bereich abtransportiert. Spekulationen wurden somit offen gelassen, dass eventuell Luger der dritte Outsider sein könne. Diese Pläne dienten jedoch nur zur Ablenkung..
Nach über zwanzig Minuten Matchzeit machte sich Hogan auf den Weg zum Ring, um allem Anschein nach den WCW-Wrestlern zu helfen. Obwohl die Kommentatoren ebenfalls nicht die Identität des dritten Mannes übermittelt bekamen, fragte der erfahrene Bobby Heenan vorausschauend, auf wessen Seite Hogan stehe.
Hogan betrat daraufhin den Ring, vertrieb die Outsiders und positionierte sich in der Ringecke. Von dort nahm er Anlauf und zeigte seinen bekannten Leg Drop auf den am Boden liegenden Macho Man Randy Savage. Die nWo war geboren.
Erfahrt im nächsten Teil des WWE Gimmick Effekts die komplette Geschichte der nWo-Invasion, das große Aufeinandertreffen mit Sting, das in einem Desaster endete, dem Split und dem Ende der Gruppierung.
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