"Der innere Schweinehund ist immer dabei"

Von Interview: Matthias Kohlmaier
Amtierender Olympiasieger von Peking 2008 und Laureus-Botschafter: Jan Frodeno
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SPOX: Sprechen wir noch ein bisschen über ihre Sportart. Sie sind jetzt seit elf Jahren professioneller Triathlet. Wie sind sie überhaupt dazu gekommen?

Frodeno: Ich war früher Schwimmer. Ich bin in Kapstadt aufgewachsen und dort findet eins der größten Radrennen der Welt statt, wo sich quasi die gesamte Stadt einmal im Jahr trifft. Dort bin ich irgendwie mit jemandem ins Gespräch gekommen und der hat dann gemeint: "Probiers doch einfach mal mit Triathlon!" So kam es dann, dass ich an einem Jedermann-Sprint-Triathlon teilgenommen habe und plötzlich nichts anderes mehr machen wollte.

SPOX: Ist Triathlon für Sie noch ein Sport oder schon eher eine Lebenseinstellung?

Frodeno: Auf jeden Fall eine Lebenseinstellung. Zumindest im Profibereich ist es so, dass man gar nicht anders kann, als diesen Sport tagein, tagaus zu leben. Ich denke, im Amateurbereich wären viele gut damit beraten, wenn sie es etwas mehr als Hobby sehen würden, es vielleicht weniger verbissen und eher der Freude wegen betreiben würden.

SPOX: Um da mal ein Gefühl dafür zu bekommen: Wie sehen jetzt in der Wettkampfphase ihre Trainingsumfänge aus?

Frodeno: Aktuell habe ich eine Schwimmbelastungswoche, da bin ich mit 36 Schwimmkilometern unterwegs. Dafür sind die anderen Umfänge mit 410 Kilometer auf dem Rad und 110 Kilometern zu Fuß etwas geringer. Außerhalb der Wettkampfphase sind die Umfänge dann teilweise deutlich höher, natürlich bei geringerer Intensität. Da kommt dann auch mal eine Woche vor mit 600 Kilometer auf dem Rad, 150 zu Fuß und vielleicht 28 Schwimmkilometern.

SPOX: Beeindruckende Zahlen für einen Breitensportler.

Frodeno: Was dabei auf jeden Fall unterschätzt wird, ist, dass die Langstreckler ja normalerweise so eingeschätzt werden, dass sie viel mehr trainieren. Aber das nimmt sich eigentlich gar nicht so viel. Insofern ist gerade im Profibereich der Wechsel auf die Langstrecke irgendwann recht naheliegend, weil man gar nicht so viel mehr machen muss. Man muss das Training einfach nur ein bisschen anders strukturieren.

SPOX: Bleibt bei dem immensen Trainingsaufwand noch Zeit für eine Ausgleichssportart?

Frodeno: Ich würde sehr gern Fußball spielen, habe aber leider zwei linke Füße. Ballsportart beschränkt sich bei mir eigentlich auf Beachvolleyball. Sonst würde mir nur das Mountainbiken als Ausgleich einfallen, aber das ist ja such nicht wirklich eine andere Sportart.

SPOX: Sie landen also immer wieder beim Triathlon. In welcher der drei Disziplinen haben Sie noch am meisten Luft nach oben?

Frodeno: Allgemein würde ich mich als sehr ausgeglichen beschreiben. Wo ich noch am ehesten was rausholen könnte - wenn ich mich dazu motivieren könnte - wäre sicherlich im Schwimmen. Das ist wohl die Disziplin, die mir am wenigsten Spaß macht, zumindest im Alltagstraining.

SPOX: Das ist relativ überraschend, da sie ja ursprünglich vom Schwimmen gekommen sind.

Frodeno: Vielleicht auch nicht. Ich habe hauptsächlich damit aufgehört, weil ich eigentlich das Kachelnzählen leid war. Natürlich kann Schwimmen auch Spaß machen, aber gerade wenn ich im Hallenbad sechs oder sieben Mal pro Woche schwimmen gehe, ist das einfach die Disziplin, wo ich am wenigsten Endorphine ausschütte.

SPOX: Wenn das Training derart fest in den Tagesablauf integriert ist, gibt es dann auch bei Ihnen noch so was wie einen inneren Schweinehund?

Frodeno: Klar, der innere Schweinehund ist immer dabei. Das gehört bei uns genauso dazu wie bei jedem Hobbysportler. Wenn man den Nachbarn beim Grillen sieht und man selbst muss noch mal für eine oder zwei Stunden laufen gehen, dann hat man dazu nicht immer Bock.

SPOX: Abschließend noch ein paar Fragen zu ihren Zukunftsplanungen: Olympia 2012 ist Ihr großes Ziel. Denken Sie schon in irgendeiner Form darüber hinaus?

Frodeno: Gelegentlich schon. Aber je näher ich an 2012 komme, desto unwichtiger wird das. Ich würde natürlich gerne bis 2016 weitermachen und habe auch immer gesagt, dass ich bei den Olympischen Spielen in Rio meine Karriere beenden möchte. Vor meinem Karriereende werde ich aber mit Sicherheit noch einige Sachen ausprobieren. Zum Beispiel ein paar der amerikanischen Klassiker oder mal eine längere Strecke.

SPOX: Hängt ihre weitere Karriereplanung von dem Ergebnis in London 2012 ab?

Frodeno: Nein, das hängt nur davon ab, ob ich noch Spaß habe und konkurrenzfähig bin. Ich werde mir sicherlich nicht das tägliche Trainingspensum antun, wenn ich einmal sehe, dass ich sowieso nicht mehr ganz vorne mithalten kann.

SPOX: Wollen Sie dem Sport nach ihrer aktiven Karriere verbunden bleiben, beispielsweise als Trainer?

Frodeno: Also eine Trainerkarriere kann ich mir ehrlicherweise gar nicht vorstellen. Hobbymäßig vielleicht - ich begleite auch jetzt einmal pro Jahr für eine Woche eine Hobbytrainingsgruppe in einem Robinson Club, das macht mir schon Spaß. Ich möchte dem Sport eher verbunden bleiben, indem ich in die Events reingehe oder mit meinen aktuellen Partnern vielleicht in der Produktentwicklung arbeite. Das macht mir unheimlich Spaß.

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