SPOX: Gerüchten zufolge soll die Mannschaft in der Olympia-Pause auf Sundblad eingewirkt haben, das Trainingspensum zu drosseln, da sich die Spieler bei den Partien schlapp und müde fühlten. Können Sie eine derartige "Intervention" in dieser "Krisenzeit" bestätigen?
Greilinger: Nein, das kann ich nicht. Abgesehen davon bin ich überzeugt, dass "Sunny" eben seine eigene Philosophie hat, diese verfolgt und sich auch nicht davon abbringen lassen würde. Dass sich die Mannschaft bei ihm beschwert oder beklagt hätte, davon ist mir jedenfalls nichts bekannt.
SPOX: Apropos Krise: Wenn es sportlich bei einem Verein nicht läuft, neigt das Umfeld in der Regel dazu, sich "Sündenböcke" zu suchen. Auch beim ERC Ingolstadt wurde man diesbezüglich fündig. Vor allem der Name Thomas Greilinger tauchte dabei immer wieder ganz vorne auf. Hat Sie das - vor allem auch in dieser Schärfe - überrascht?
Greilinger: Grundsätzlich ist Kritik ja absolut in Ordnung! Das gehört zu unserem Geschäft dazu und damit muss man als Profi schlichtweg umgehen können. Ich habe in den vergangenen Jahren, als es für mich persönlich sehr gut lief und ich entsprechend gelobt wurde, immer gesagt, dass ich das genieße, weil ich auch weiß, dass wieder andere Zeiten kommen können. Diesbezüglich habe ich in meiner Karriere schon viel erlebt. In dieser Saison kamen dann allerdings von Fanseite Dinge hinzu, die den privaten Bereich von uns Spielern betreffen. Da wurden Sachen diskutiert, behauptet und in den Raum gestellt, die nicht stimmen und die die Leute auch gar nicht wissen können. Derartige Gerüchte in die Welt zu setzen, ist der größte Schwachsinn. So etwas gehört sich meiner Meinung nach einfach nicht.
SPOX: Sie haben in der Zeit von 2008 bis 2013 insgesamt 243 Begegnungen für den ERC Ingolstadt absolviert und dabei sagenhafte 257 Punkte erzielt. Zudem wurden Sie 2010 zum "DEL-Spieler des Jahres" gekürt. Sind Sie letztlich - so hart es vielleicht klingen mag - quasi das Opfer Ihrer eigenen Taten?
Greilinger: Das ist sehr gut möglich. Die Leute erwarten von mir in jeder Spielzeit 20 oder 30 Tore. Man muss das allerdings auch einmal realistisch sehen: Wenn das tatsächlich der Fall wäre und ich sogar jedes Jahr rund 40 Treffer wie in meiner "Spieler des Jahres"-Saison erzielen würde, dann würde ich heute sicherlich nicht mehr in Ingolstadt, sondern für das zehnfache Gehalt woanders spielen. Ich denke, dass jeder Hobbysportler weiß, dass es eben auch mal Spielzeiten gibt, in denen es nicht so gut läuft - gerade auch dann, wenn es eine Verletzungs-Vorgeschichte gibt. Aber wie bereits gesagt, ich kann mit dieser Kritik, wenn sie sich auf das Sportliche bezieht, gut umgehen. Alles andere ist für mich nicht nachvollziehbar.
SPOX: Im Forum des ERCI-Fanprojekts, deren Website auf der offiziellen Homepage des ERC Ingolstadt verlinkt ist, als auch im Stadion selbst tauchten die abenteuerlichsten Begründungen für Ihre - wie Sie selbst gesagt haben - sehr durchwachsenen Leistungenin den ersten Monaten auf. Von gestiegenem Alkoholkonsum über private Probleme bis hin zur Trennung von der Familie war dabei die Rede. Wie sind Sie mit diesen Diffamierungen umgegangen?
Greilinger: Ich bin glücklicherweise jemand, der so etwas einigermaßen wegstecken kann. Warum diese Leute solche Gerüchte und Behauptungen in die Welt setzen, ist mir absolut schleierhaft. Bei mir persönlich ging es ja schon während meiner Mittelfuß-Operation im Juli 2013 los. Da gab es einen großen Aufstand, warum ich vor dieser OP noch ein Inlinehockey-Spiel bestreite. Dabei war damals alles mit den behandelnden Ärzten bis ins Detail abgesprochen.
SPOX: Hinter dem Profisportler Thomas Greilinger steht auch ein Mensch - und hinter diesem eine Familie! Wie sehr haben Ihre Ehefrau und auch Eltern diese persönlichen Anschuldigungen Ihnen gegenüber getroffen?
Greilinger: Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich diesen Unsinn in diesen Foren überhaupt nicht lese. Aber klar, man wird natürlich von vielen Seiten darauf angesprochen und muss beziehungsweise soll sich entsprechend rechtfertigen. Nachdem mich meine Familie und auch besten Freunde sehr gut kennen, wissen sie, dass an diesem ganzen Mist schlichtweg nichts dran ist. Abgesehen davon wurde ja vorher auch schon bei anderen Spielern aus unserem Team behauptet, dass sie sich hätten scheiden lassen - was auch gelogen ist. Ich habe absolut keine Ahnung, was Leute davon haben, wenn sie solche Unwahrheiten verbreiten. Das einzig Gute ist, dass unsere Kinder noch so klein sind und von dieser ganzen Sache nichts mitbekommen. Das wäre für uns sicherlich das Schlimmste.
SPOX: Hätten Sie sich während dieser Zeit vonseiten des Vereins mehr Unterstützung gewünscht?
Greilinger: Ja, definitiv! Ich bin schon etwas enttäuscht darüber, dass das überhaupt nicht der Fall war. Nachdem dieses Forum ja auf der offiziellen Homepage des Klubs verlinkt ist, hätte ich eigentlich schon erwartet beziehungsweise gehofft, dass man hier in irgendeiner Form tätig wird oder sich davon distanziert. Leider gab es keine Reaktion darauf.
SPOX: Wie intensiv sind diese Vorkommnisse auch heute noch in Ihrem Hinterkopf?
Greilinger: Auch wenn es jetzt in den vergangenen Wochen bei uns sportlich hervorragend gelaufen ist und die Stimmung sehr positiv war - so etwas vergisst man nicht! Ich kann mich nur noch einmal wiederholen: Sportlicher Kritik stelle ich mich jederzeit und sie war sicherlich auch des Öfteren in dieser Saison gerechtfertigt. Wenn die Fans beispielsweise sagen: Der Greilinger spielt einen Mist, den will ich nächste Saison hier nicht mehr sehen, dann habe ich damit kein Problem. Nur hat eben meiner Meinung nach niemand das Recht, private Dinge und Unwahrheiten über Spieler in der Öffentlichkeit zu streuen. Das ist für mich ein absolutes Unding.
SPOX: Ihr Vertrag beim ERC Ingolstadt läuft bis 2015 mit Klub-Option auf eine weitere Saison. Konkret gefragt: Haben Sie sich aufgrund dieser Geschehnisse in den vergangenen Monaten Gedanken darüber gemacht, vorzeitig einen Schlussstrich zu ziehen?
Greilinger: Mit Sicherheit überlegt man sich, ob es noch Sinn macht, unter diesen Voraussetzungen weiter hier zu spielen. Fakt ist, wie Sie ja auch gesagt haben, dass ich noch einen laufenden Kontrakt beim ERC Ingolstadt habe. Wenn ich in den nächsten Tagen und Wochen zur Ruhe bekommen bin, werde ich mich mit Sicherheit mit meiner Familie über dieses Thema unterhalten und mir alles durch den Kopf gehen lassen. Danach wird es möglicherweise auch ein Gespräch mit unserem Sportdirektor Jiri Ehrenberger geben und man sehen, wie es weitergeht.
SPOX: "Weitergeht" ist ein gutes Stichwort! Nachdem die Erwartungshaltung im Ingolstädter Umfeld seit Jahren traditionell doch recht anspruchsvoll ist: Befürchten Sie, dass diese durch die nun gewonnene deutsche Meisterschaft künftig in "unerreichbare" Höhen steigt?
Greilinger: Genau über dieses Thema habe ich erst kürzlich mit einigen meiner Teamkollegen diskutiert. Ich bin sogar der Meinung, dass die kommende Saison die mit Abstand schwierigste wird, seitdem ich in Ingolstadt bin (Greilinger kam 2008 zum ERCI, Anm. d. Red.). Natürlich freut sich jetzt jeder über den Meistertitel und behauptet, dass es egal sei, wie es in der neuen Spielzeit läuft. Aber nach meinen Erfahrungen bin ich überzeugt, dass es an Weihnachten herum die gleichen Probleme geben würde wie in diesem Jahr, sollte es ähnlich schlecht laufen. Die Erwartungshaltung in Ingolstadt ist immer riesig - was mir ehrlich gesagt schon ein bisschen ein Rätsel ist, da bis zu unserer jetzigen Meisterschaft noch nie etwas Großes gewonnen wurde. Wenn man das Ganze jedoch realistisch betrachtet, dann wird man auch in der Saison 2014/2015 wieder um den zehnten Platz spielen. Die aktuelle Mannschaft wird ziemlich auseinanderfallen. Und ob das neue Team dann besser oder schlechter ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Davon abgesehen werden die Kontrahenten wie Mannheim, Berlin, Köln, München oder Hamburg mit Sicherheit auch wieder kräftig investieren.
SPOX: Das heißt also, Sie beneiden den neuen ERCI-Sportdirektor Jiri Ehrenberger nicht wirklich um seine Aufgabe?
Greilinger: (lacht) So kann man es ausdrücken. Im Grunde hat ja sein Vorgänger Jim Boni unsere Meistermannschaft zusammengestellt. Und daran wird Herr Ehrenberger künftig mit Sicherheit gemessen werden.
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