Hannover: Alles ganz anders

Von SPOX
Mirko Slomkas Zukunft bei Hannover 96 ist noch immer nicht geklärt
© Getty

Durch den Sieg bei Eintracht Frankfurt ist Hannover 96 plötzlich Zweiter und straft damit den eigenen Präsident Lügen. Trainer Mirko Slomka lässt den Klub weiter zappeln und macht es, wie einst auf Schalke. Die Mannschaft folgt ihm bedingungslos.

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Der Start ist eigentlicht nicht die Stärke von Mirko Slomka. Als der 43-Jährige fast auf den Tag genau vor einem Jahr bei Hannover 96 begann, kassierten die Roten um ihren neuen Cheftrainer erstmal sechs Niederlagen in Folge.

Nach einer turbulenten Rückrunde sicherten sich die 96er allerdings am letzten Spieltag den Klassenerhalt, und Slomka durfte noch mal von Null beginnen. Doch auch der zweite Start ging total daneben. Im ersten Pflichtspiel der neuen Saison flog Hannover beim Viertligisten SV Elversberg aus dem DFB-Pokal.

Im dritten Versuch war Slomka nun allerdings erfolgreich: Zum Auftakt der Rückrunde gewann Hannover in Frankfurt 3:0. Und weil Slomka und seine Mannschaft schon in der Hinserie richtig erfolgreich waren, ist 96 nach 18 Spieltagen Zweiter. Vor Leverkusen, vor Bayern, vor Hamburg und vor Schalke 04.

Gegenbeweis zu Kinds Meinung

Das Absurde daran: Die Slomka-Elf straft damit quasi gerade den eigenen Präsidenten Lügen. Martin Kind ist überzeugter Gegner der 50+1-Regel, die verhindert, dass Investoren die Anteilsmehrheit bei einem deutschen Profi-Klub übernehmen. Ohne deren Hilfe, so Kinds Auffassung, seien Klubs wie Hannover allerdings nicht in der Lage, sich mit Vereinen wie eben Leverkusen, Hamburg oder Schalke zu messen.

Ausgerechnet Hannover tritt aktuell allerdings den Gegenbeweis an. Mit 34 Punkten stehen die 96er so gut da wie nie zuvor. "Sollten wir tatsächlich auf einem der internationalen Plätze landen, wäre das überirdisch", sagt Slomka zwar, doch: So ausgeschlossen ist das mittlerweile gar nicht mehr.

Der Abstand auf die sechstplatzierten Freiburger beträgt momentan fünf Punkte, der Vorsprung auf ambitionierte Mannschaften wie Hamburg (7 Punkte), Schalke oder Bremen (je 12) ist sogar noch deutlich größer. Und der Auswärtssieg in Frankfurt unterstreicht, dass Hannover auch im neuen Jahr gut drauf ist.

Slomka bat um Freigabe

Alles scheint also möglich. Das allerdings gilt derzeit nicht nur für Hannovers sportliches Abschneiden. Denn während sich die Mannschaft in der Spitzengruppe der Bundesliga festgesetzt hat, ist die Zukunft des Trainers noch immer nicht geklärt.

Schon seit über einem Monat ziehen sich die Gespräche über eine Verlängerung von Slomkas im Sommer auslaufenden Vertrag hin. Während kurz vor Weihnachten bereits alles perfekt schien, soll Slomka Anfang letzter Woche sogar um seine Freigabe gebeten haben.

Kind mochte dies zwar nicht direkt bestätigen, sagte der "Neuen Presse" allerdings: "Es hat gewisse Signale in diese Richtung gegeben." Ein vorzeitiger Abgang seines Trainers kommt für Hannovers Präsident aber nicht in Frage, stattdessen soll Slomkas Vertrag um zwei Jahre verlängert werden.

"Slomka ist einer der Erfolgstrainer der Saison. Er kann diese Spielzeit erfolgreich abschließen und dann sogar international spielen. Es bietet sich eine unglaubliche Perspektive für ihn. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir zügig abschließen können", sagt Kind.

Probleme mit Schmadtke?

Nach dem Sieg in Frankfurt äußerte sich auch Slomka wieder optimistisch: "Wir arbeiten sehr gut zusammen. Bei uns passt es zurzeit sehr gut. Ich würde die begonnene Arbeit gern weiterführen." Unterschrieben ist allerdings noch immer nichts. Aber warum eigentlich?

"Es sind Kleinigkeiten. Um Geld oder Macht geht es jedenfalls nicht", sagte Slomka der "Bild". Dennoch glauben die einen, Slomka pokere um einen besseren Vertrag. Andere meinen, der ehemalige Schalke-Coach kokettiere mit einem Wechsel zu einem ambitionierten Klub. Zudem soll das Verhältnis zu Sportdirektor Jörg Schmadtke nach wie vor nicht einwandfrei sein.

Wie damals auf Schalke

Ins Bild passt diesbezüglich auch, dass Slomka Schmadtke vorab nicht davon unterrichtete, gegen Frankfurt Ron-Robert Zieler statt Stammkeeper Florian Fromlowitz zwischen die Pfosten zu stellen. "Ich habe von der Entscheidung am Abend vor dem Spiel erfahren - von Zielers Berater", sagte Schmadtke, der allerdings mit der Leistung des 21-Jährigen ebenso zufrieden war wie Slomka.

"Er hat Ruhe und Gelassenheit ausgestrahlt und seine Sache sehr gut gemacht", sagte der 96-Coach und machte Zieler auch gleich zur neuen Nummer eins: "Wenn nichts passiert, wird er gegen Schalke im Tor stehen."

Zielers Beförderung kommt auf den ersten Blick durchaus überraschend, erinnert allerdings an Slomkas Zeit auf Schalke. Damals verbannte er die unumstrittene Nummer eins Frank Rost auf die Bank und stellte stattdessen den jungen Manuel Neuer ins Tor.

Ähnlich wie Neuer gilt Zieler als mitspielender Torwart, lernte er in seiner Zeit in England doch direkt von Edwin van der Sar, dem Prototypen des modernen Keepers. Im Sommer entschied sich Zieler dann für einen Wechsel nach Deutschland. Nach einem halben Jahr Anlaufzeit hat er nun den Sprung zur Nummer eins vollzogen.

Wandel in Transferpolitik

Zieler ist allerdings nicht der einzige Neue, der in Hannover eingeschlagen hat. Auch die Sommer-Zugänge Lars Stindl, Emmanuel Pogatetz, Moritz Stoppelkamp und Mohammed Abdellaoue sind allesamt Leistungsträger.

Während in der Vergangenheit namhafte Spieler verpflichtet wurden, die den Ansprüchen dann nur bedingt gerecht wurden (z.B. Hanke, Ismael, Eggimann), hat sich die Transferpolitik im letzten Jahr - wenn auch aus finanziellen Gründen - gewandelt.

"Der Verein hat sicher den einen oder anderen Fehler gemacht und ist zu großes finanzielles Risiko eingegangen", sagt Slomka, der nun auf junge, entwicklungsfähige Spieler setzt. "Junge Leute sind sehr wissbegierig und leistungsbereit. Sie saugen auf, was man ihnen erzählt." Und: Sie folgen Slomkas Weg bedingungslos. Mal sehen, wohin dieser Weg Hannover noch führt.

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