Eine ganze Woche ohne Fußball mit Beteiligung der deutschen Topteams geht zu Ende, doch die Vorfreude auf den 6. Bundesliga-Spieltag hält sich dennoch in Grenzen.
Zu ernüchternd waren die vergangenen Runden, zu unattraktiv die meisten Paarungen und die gezeigten Leistungen und vor allem zu dominant der Dauer-Dominator FC Bayern.
11:1 Tore holte die Mannschaft von Julian Nagelsmann in den letzten zwei Spielen, verdrängte den VfL Wolfsburg von der Tabellenspitze und wird dort nach Ansicht nahezu aller Experten auch am Saisonende stehen.
"Zurzeit wird immer wieder kritisch angemerkt, dass der Ausgang des Titelrennens in der Bundesliga noch vorhersehbarer sei als der Ausgang eines Rosamunde-Pilcher-Films, bei dem man auch spätestens in der fünften Spielminute weiß, wer am Ende gewinnt", fasste es die Süddeutsche Zeitung diese Woche süffisant zusammen.
Die Monopolstellung des Rekordmeisters sorgt allerdings für nachhaltigen Schaden. Denn wenn ein Produkt auf Dauer langweilig wird, sinkt der Wert.
DFL-Boss Seifert: Drei Erfolgskriterien
So hat der scheidende DFL-Boss Christian Seifert kürzlich erklärt, Medienpartner würden nur dann mehr investieren, wenn drei Bedingungen erfüllt seien:
- ein spannender Meisterkampf
- regelmäßige internationale Erfolge
- global attraktive Spieler
Die ersten zwei Parameter kann man also schon mal streichen - mit Ausnahme natürlich des FC Bayern - und bei Punkt drei sieht es ebenfalls nicht besonders rosig aus. In der Regel war gegen die Marktmacht der Topklubs aus England nichts zu machen, wie unter anderem die jüngsten Abgänge von Jadon Sancho (85 Millionen Ablöse zu Manchester United), Kai Havertz (80 Mio. zu Chelsea) oder Timo Werner (53 Mio. zu Chelsea) gezeigt haben.
Haaland: Die größte Attraktion steht vor dem Abschied
Außer den Bayern kann praktisch kein Verein seine Stars halten, im kommenden Sommer wird daher auch fest mit einem Abschied der aktuell vielleicht größten Bundesliga-Attraktion gerechnet: Erling Haaland.
"Mir hat ein internationaler Medienmanager kürzlich gesagt: 'Ich gebe euch einen guten Tipp: Legt alle zusammen und haltet Haaland'", berichtete Seifert. Realistisch ist das nicht.
So stellen sich Fans und Experten einmal mehr die Frage, mit welchen Maßnahmen die Bundesliga wieder die drei oben genannten Erfolgskriterien erfüllen kann. Hier sind fünf Vorschläge.
1. Andere Verteilung der Einnahmen
Ein relativ einfacher Hebel für mehr Chancengleichheit wäre eine gerechtere Verteilung der TV-Gelder. Gerade hier kann die Premier League tatsächlich als Vorbild dienen.
Dort liegt der Unterschied zwischen den Zahlungen an den besten und den schlechtesten Klub nur beim Faktor 1,8, weil zumindest die Hälfte der nationalen wie der internationalen Vermarktungseinnahmen gleichmäßig unter allen Teams aufgeteilt wird.
Schere zwischen arm und reich immer größer
In der Bundesliga geht es dagegen weit ungleicher zu, der FC Bayern erhält 3,5 mal mehr als der Tabellenletzte - und das aufgrund seines Meister-Abos permanent. Dadurch geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.
"Die DFL und die Vereine hatten die Möglichkeit, bei der letzten Vergabe der TV-Rechte eine andere Verteilung zu beschließen. Allerdings ergaben sich daraus nur minimale Veränderungen. Es ist nicht so ausgeglichen, wie es vielleicht dargestellt wurde", erklärte Helen Breit, Sprecherin der Fan-Vereinigung "Unsere Kurve" im Gespräch mit SPOX und Goal.
Bislang jedoch sind sämtliche Forderungen von ihrer Gruppe als auch im Vorjahr von vier Bundes- und zehn Zweitligisten für eine gerechtere Verteilung und damit eine Erhöhung der Chancengleichheit erfolglos geblieben - weil die DFL nicht reglementieren und die besten Mannschaften, allen voran der FC Bayern, erwartbar nichts ändern wollen.
Dauerhaft drohen deutlich geringere Medienerlöse
Dabei schneiden sich die Vereine mit dieser Raffzahn-Mentalität letztlich ins eigene Fleisch, denn durch eine zementierte Tabelle werden dauerhaft vor allem die internationalen Medienerlöse sinken. Schon vor Corona generierte die Liga gerade mal 15 Prozent der Einnahmen der Premier League von 1,7 Milliarden Euro.
Englische Verhältnisse - bei der Einnahmenverteilung würden sie der Bundesliga gut tun. Ansonsten könnte die Abwärtsspirale noch mehr Klubs mit großem Fanpotenzial wie zuletzt Schalke und Werder Bremen erwischen. "Wenn immer mehr Traditionsvereine absteigen, haben wir keine Argumente, um bei unseren Partnern einen Mehrerlös zu erzielen", brachte es Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann auf den Punkt.
2. Europaweites Salary Cap
Ein Dauerthema, das immer wieder mit der Begründung abgelehnt wurde, dass eine Gehaltsobergrenze in der EU-Rechtsprechung nicht durchsetzbar sei. Tatsächlich findet man allerdings zahlreiche renommierte Sportjuristen, die einen Salary Cap für möglich halten - wenn denn der Wille auch tatsächlich vorhanden wäre.
"Immer, wenn die Diskussion aufkam, sagten alle, es sei rechtlich nicht machbar, ohne ernsthaft mögliche Wege zu definieren", sagte der ehemalige DFL-Boss Wolfgang Holzhäuser zu SPOX und Goal. "Mittlerweile gibt es offenbar auch von der Politik Druck, dieses Thema anzugehen."
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der als Mitglied der DFL Taskforce Zukunft diese Beschränkungen in dessen Abschlussbericht vorschlug, meinte dazu: "Ein Salary Cap muss europäisch kommen, es geht da um den Wettbewerb. Das ist eine Debatte, die auch das Europäische Parlament führen könnte."
Gemeinsame Initiative für echtes Financial Fairplay
Der Weg zum Ziel wäre also eine gemeinsame Initiative von EU, UEFA und der Klubvereinigung ECA. Eine entsprechende Regelung könnte dann europaweit zu einem Financial Fairplay führen, der im Gegensatz zum aktuellen den Namen auch verdient hätte.
Für eine Umsetzung wären neben der Politik allerdings die DFL als eine der mächtigsten Ligen Europas und vor allem der FC Bayern gefordert, schließlich sitzt der ehemalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge im Exekutivkomitee der UEFA und sein Nachfolger Oliver Kahn wird in Kürze in den ECA-Vorstand einziehen.
Sein direkter Vorgesetzter, FCB-Aufsichtsratschef und Präsident Herbert Hainer, will das anscheinend tatsächlich angehen: "Man muss das Problem an der Wurzel packen und nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Deswegen braucht es eine gewisse Reglementierung bei Spielergehältern, Transfersumme und Spielerberater-Provision."