"Für mich ist das beinahe ein Wunder", sagte Nerlinger der Augsburger Allgemeinen über die Tatsache, dass der deutsche Rekordmeister seinen Umsatz in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat.
"Der Klub hat in puncto Kontinuität schwierige Phasen gehabt. Sich im Trainer- und Führungsbereich ständig neu aufzustellen, ist eigentlich nicht Bayern-like. Dennoch zu den Top-Five in Europa zu zählen und die Champions League als berechtigtes Ziel ausgeben zu können, ist eine herausragende Leistung", meinte der 50-Jährige.
Der frühere Mittelfeldspieler war zwischen 2008 und 2012 zunächst Teammanager und dann Sportdirektor beim FC Bayern. Mit seinem Wirken in München ist der gebürtige Dortmunder auch rückblickend sehr zufrieden.
"Wenn ich mir die Mannschaft ansehe, die 0:4 im Camp Nou in Barcelona verloren hat und wie die Mannschaft ausgesehen hat, als ich gegangen bin - darauf bin ich sehr stolz", sagte Nerlinger mit Blick auf das Desaster im Champions-League-Viertelfinale 2009 unter Trainer Jürgen Klinsmann.
In dieser Phase seien Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, David Alaba, Thomas Müller und Toni Kroos zu absoluten Führungsspielern, Identifikationsfiguren und sogar Weltstars gereift, meinte der ehemalige deutsche Nationalspieler.
Und Nerlinger weiter: "Wir haben im Verein eine klare Philosophie entwickelt, die für die Erfolge ein Fundament war. Unsere Trainer Louis van Gaal und Jupp Heynckes haben eigene Spieler gestärkt, haben Schweinsteiger und Lahm zu Kapitänen gemacht, eine Achse aufgebaut mit Neuer, Boateng und Kroos. Dazu noch die herausragenden Ribéry und Robben. Ich verfolge die Strategie, Mannschaften wachsen zu lassen und punktuell zu ergänzen - und nicht wie im Manager-Game zusammenzukaufen."
Nerlinger: "Der FC Bayern war eine andere Dimension"
Trotzdem hörte Nerlinger nach dem so dramatisch im Elfmeterschießen verlorenen Champions-League-Endspiel 2012 im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea auf.
"Sportliche Inhalte als Sportdirektor haben mir wahnsinnig Spaß gemacht, aber der Fußball ist ein Konstrukt, mit dem viel Geld, viel Öffentlichkeit und damit auch sehr viele Eitelkeiten verbunden sind. Ich habe viel Energie in Dinge gesteckt, in die ich keine Energie mehr stecken wollte. Der FC Bayern saugt dich mit Haut und Haaren auf", erklärte er.
Mittlerweile arbeitet Nerlinger als Spielerberater und genießt das zumindest etwas ruhigere Leben: "Auch als Berater musst du sieben Tage die Woche arbeiten, immer erreichbar oder vor Ort sein. Aber der FC Bayern war eine andere Dimension - inklusive der Gemengelage. Die vier Jahre waren eine top Zeit, aber auch genug."