Mehr als der übliche Ballast

Von Jochen Tittmar und Stefan Rommel
Manuel Neuer ärgert sich nach dem ersten Gegentor gegen Polen
© getty
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Das schwache Gegenpressing:

Bei der U 21 gab es einen Tag vor dem Spiel in Warschau eine schöne Szene. Moritz Leitner kam in der gefährlichen Zone gegen die Ukraine zu Fall. Aber er beschwerte sich nicht beim Unparteiischen, sondern stocherte nach dem Ball und konnte den zu Jonas Hofmann leiten.

Der bediente sofort Philipp Hofmann und Deutschland führte in den Playoffs zur EM-Endrunde 1:0. Die deutsche Mannschaft holte dank des frühen, energischen Nachsetzens tief in der gegnerischen Hälfte noch das Optimum aus einem fast schon versandeten Angriff heraus.

In Warschau passierte das exakte Gegenteil. Mario Götze kam 25 Meter vor dem gegnerischen Tor zu Fall. Götze reklamierte ein Foulspiel, Schürrle wandte sich ebenfalls dem Schiedsrichter zu. Nach dem überflüssigen Monolog trabte Schürrle dann auf den ballführenden Gegner zu, um abzubrechen und sich alibimäßig nach hinten zu orientieren.

Die Polen konnten sich spielend einfach befreien, obwohl Deutschland in Ballnähe in Überzahl war. Drei Stationen und mindestens genauso viele deutsche Fehler später lag der Ball dann im deutschen Tor. Ausgangspunkt dafür war ein Fehlverhalten zweier deutscher Spieler 80 Meter entfernt.

Es war das negative Highlight vieler halbherzig durchgeführter Defensivaktionen im eigenen Angriffsdrittel. Deutschland hatte genug Chancen, sich des Stilmittels der frühen Balleroberung zu bedienen, es ließ die meisten davon aber fahrlässig liegen.

An der Zusammensetzung des Personals kann es in diesem Fall nicht gelegen haben, Müller, Schürrle und Götze spielten schon oft miteinander und kennen die Abläufe. Dass Karim Bellarabi der auffälligste Spieler war, wenn es darum ging, dem Gegner permanent zuzusetzen, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Rest in dem Bereich geschlampt hat.

Bellarabi wurde dafür gelobt, den Gegner auch über 40, 50 Meter bis tief in die eigene Hälfte verfolgt zu haben. Das wiederum spricht nicht für ein einwandfreies gruppentaktisches Verhalten.

Es blieb auch deshalb das alte Leid, dass die deutsche Mannschaft anfällig ist für schnelle Gegenattacken des Gegners - weil man selbst in vorderster Linie nicht sauber und konsequent gegen den Ball arbeitet. Eine gewisse Zufriedenheit als Weltmeister sollte sich besser gar nicht erst breitmachen.

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