In einem packenden Endspiel verpasste Deutschland seinen vierten EM-Triumph und musste den insgesamt besser spielenden Spaniern ihren zweiten Titel gewähren.
Vor 51.428 Zuschauern im natürlich restlos ausverkauften Wiener Ernst-Happel-Stadion wirkten die Spanier fast über die gesamte Spielzeit gedanklich frischer und vor allem um einiges ballsicherer als die DFB-Elf.
Ausgerechnet Philipp Lahm, im Halbfinale gegen die Türkei noch der umjubelte Matchwinner, leistete sich in der 33. Minute den entscheidenden Fehler, als er den Ball gegen Fernando Torres nicht energisch genug abschirmte und dem Stürmer vom FC Liverpool somit das Tor des Tages erst ermöglichte.
Damit wartet Deutschland weiter auf den ersten Gewinn eines großen internationalen Titels seit 1996, während die Iberer den ersten Triumph nach sage und schreibe 44 Jahren feiern konnten.
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Michael Ballack kann trotz Wadenproblemen auflaufen. Frings spielt für Rolfes, Spanien mit Fabregas für den verletzten Villa.
4.: Ramos mit einem Fehlpass auf Klose. Der zögert jedoch zu lange, Puyol drängt ihn ab. Abstoß.
9.: Klose lässt Ramos aussteigen und legt auf Hitzlsperger ab. Der kommt aus 16 Metern frei zum Schuss - Casillas ohne Probleme.
14.: Ballverlust Hitzlsperger im Mittelfeld. Xavi in die Gasse auf Iniesta. Dessen Flanke lenkt Metzelder aufs eigene Tor, Lehmann dreht die Kugel um den Pfosten.
23.: Glück für Deutschland! Ramos bringt die Flanke von rechts. Torres überspringt Mertesacker und köpft die Kugel an den linken Pfosten.
33., 0:1, Torres: Xavi spielt den Ball rechts in die Tiefe auf Torres. Lahm ist eigentlich vor dem Spanier, der windet sich aber vorbei und lupft den Ball über den herausstürzenden Lehmann ins Tor.
54.: Lehmann lenkt einen Xavi-Schuss zur Ecke. Den Eckball verlängert Ballack zu Silva, der freistehend abzieht. Ramos springt in der Mitte vorbei, der Ball geht knapp daneben.
60.: Jansen mit dem Ballgewinn an der Eckfahne gegen Puyol. Über Schweinsteiger kommt der Ball zu Ballack, der schießt aus 15 Metern volley ans Außennetz.
67.: Freistoß Xavi von halbrechts. In der Mitte hebt Jansen das Abseits auf, Lehmann hält den Kopfball des freistehenden Ramos glänzend. Nach der Ecke klärt Frings einen Iniesta-Schuss auf der Linie!
81.: Konter Spanien. Cazorla über rechts, flankt auf Güiza. Dessen Kopfballablage in der Mitte verpasst Senna völlig frei um Millimeter.
So lief das Spiel: Deutschland in den ersten Minuten sehr entschlossen, ganz anders als noch gegen die Türkei. Spanien etwas nervös, brauchte 15 Minuten bis der Ball gewohnt sicher durch die Reihen lief. Nach und nach häuften sich dann jedoch die Ballverluste im deutschen Aufbauspiel, Espana übernahm das Ruder. Folgerichtig kamen die Spanier zu Chancen und gingen verdient in Führung. Das DFB-Team danach merklich angeschlagen, rettet sich aber in die Halbzeit.
Nach der Pause dauerte es 15 bange Minuten, bis Deutschland einen Gang zulegte und Spanien endlich unter Druck setzen konnte. Über den aggressiven Jansen wurden die Angriffe meist über links vorgetragen, während sich Spanien mehr und mehr im Kurzpassspiel verfranste. Ab der 60. Minute wogte das Spiel hin und her. Deutschland bei Spaniens Kontern mehrmals im Glück, vorne jedoch ohne die letzte Durchschlagskraft. Auch die Hereinnahmen von Kuranyi und Gomez brachten nichts mehr. In den letzten Minuten fehlte dem DFB-Team dann zudem die Kraft, das Ruder rumzureißen.
Der Star des Spiels: Fernando Torres. Ging unglaubliche Wege, strahlte stets Torgefahr aus und beschäftigte Metzelder und Mertesacker gleichermaßen. Achja, und natürlich schoss er noch das Siegtor in einem EM-Finale.
Die Gurke des Spiels: Die vielen Abspielfehler der Deutschen im Spielaufbau. Diese hievten die zunächst etwas ängstlich agierenden Spanier erst ins Spiel und ließen das DFB-Team immer wieder hinterherrennen.
Die Lehren des Spiels: Deutschland hatte die um ein vielfaches höhere Fehlerquote - das machte auf diesem Niveau den Unterschied aus. Spanien leistete sich so gut wie keine Ballverluste in der Vorwärtsbewegung, war zudem laufstärker und ballsicherer. So war die "Furia Roja" im Mittelfeld Herr im Haus. Frings und Hitzlsperger konnten die Zuspiele von Xavi und Iniesta zudem nur bedingt unterbinden. Außerdem augenscheinlich: Die wichtigen Zweikämpfe und zweiten Bälle gingen alle an den neuen Europameister.