Vierter Versuch: Messi und der Kampf gegen das WM-Trauma
Lionel Messi, der Überflieger, der schon so ziemlich alles gewonnen hat, was es im Weltfußball zu gewinnen gibt, weiß: Nur mit dem heiligen Gral, dem Titelgewinn am 15. Juli 2018 in Moskau, stünde er endgültig auf einer Stufe mit Diego Maradona, dessen Hand Gottes die Gauchos 1986 in Mexiko zum zweiten WM-Titel geführt hatte.
Dreimal war Messi bei Weltmeisterschaften bislang dabei, dreimal verlor er mit Argentinien in der K.o.-Runde gegen Deutschland. 2006 und 2010 war jeweils im Viertelfinale Endstation; doch am meisten schmerzt bis heute das 0:1 nach Verlängerung im Endspiel von Maracana.
Der Stellenwert des fünfmaligen Weltfußballers vom FC Barcelona für die Nationalmannschaft seines Landes steht außer Frage. Kaum ein Team ist so abhängig von einem einzigen Spieler wie die Albiceleste. Messi ist Argentinien. Argentinien ist Messi.
La Pulga, der Floh, war es, der Argentinien überhaupt erst vom dritten Titel nach 1978 und 1986 träumen lässt. Mit einem Dreierpack beim 3:1 in Ecuador verhinderte der Kapitän im Oktober ein historisches Debakel. Als Tabellensechster hatte vor dem Finalissimo der südamerikanischen WM-Qualifikation erstmals seit 47 Jahren das Verpassen einer Endrunde gedroht.
"Die Seleccion wird sich steigern, wird eine andere sein", versprach Messi mit Blick auf das Turnier im kommenden Sommer. Das muss sie auch. Denn die Leistungen in der Quali geben kaum Anlass für gesteigerte Titel-Hoffnungen. 19 Tore in 18 Spielen: Von den zehn Teams in Südamerika erzielte nur Bolivien (16) weniger Treffer als die Albiceleste.
"Wir haben das getan, was wir tun mussten. Für Argentinien ist die Qualifikation Pflicht - immer. Jetzt müssen wir uns vorbereiten, um die WM zu gewinnen", sagte Messi. Und meinte damit wahrscheinlich vor allem sich selbst.
Bei Portugal hängt alles an Ronaldo
Beim EM-Finale musste Cristiano Ronaldo am Spielfeldrand tatenlos zuschauen, als die Portugiesen auch für ihn den Titel gewannen. In der WM-Qualifikation war alles wieder normal: Der Superstar rettete den Europameister im Alleingang vor dem Aus.
Eigentlich hatte Nationaltrainer Fernando Santos den Weltfußballer in der vorletzten Partie auf dem Kunstrasen in Andorra schonen wollen. Doch ohne ihn drohte gegen den Fußballzwerg ein Unentschieden und damit der Gang in die Playoffs.
Nach seiner Einwechselung führte Ronaldo sein Team mit seinem 15. Tor in der Qualifikation doch noch zum Sieg und zum Finale um das Direktticket gegen die Schweiz. "Er lässt uns nie im Stich", titelte die Sportzeitung A Bola. Beim entscheidenden 2:0 gegen die Eidgenossen schossen zwar die anderen die Tore, doch allen war klar: Ohne CR7 hätte der Europameister die WM verpasst.
Dabei schien sich Portugal bei der EURO in Frankreich ein wenig von Ronaldo emanzipiert zu haben. Von fünf Treffern in der K.o.-Runde erzielte er nur einen. Im Finale von Paris gelang der größte Triumph nach der frühen Verletzung sogar ohne ihn.
Doch davon war nach der EM nichts mehr zu spüren. 15 der 30 portugiesischen Tore erzielte der Star von Real Madrid und schraubte seine Ausbeute in der Selecao auf 79 Treffer - Platz vier in der ewigen Rangliste.
Die extreme Abhängigkeit von ihrem Superstar ist die größte Schwäche des Europameisters. Dennoch meinte beispielsweise Luis Figo: "Portugal kann Weltmeister werden. Wir haben ein eingespieltes Team mit starker individueller Klasse."
Die kommt, abgesehen von Ronaldo, aber eher selten zum Tragen. Denn Trainer Santos setzt wie bei der EURO in Frankreich auf defensive Stabilität und gute Organisation. Die Kreativität ist begrenzt.