Ein durchaus ambitioniertes Projekt, das 2017 in die Tat umgesetzt werden soll - und Zündstoff birgt.
Der Antrag stammt von den Vertretern der DOSB-Athletenkommission. Die Eigenständigkeit, so heißt es darin weiter, solle eine vernünftige Professionalisierung der Interessenvertretung der Athletinnen und Athleten der Spitzenverbände für die Zukunft sichern und ein nachhaltiges und wirksames Netzwerk untereinander dauerhaft etablieren.
Dieses Ziel, mit dem sich die Athleten im erheblichen Maße vom Dachverband emanzipieren würden, solle "unter Berücksichtigung der bisherigen DOSB-internen Rahmenbedingungen, "aber auch unter den Möglichkeiten einer eigenständigen Konstellation mit unabhängiger Satzung geprüft werden".
DOSB gelassen
Der DOSB reagierte gelassen auf den Freiheitsdrang seiner Sportlervertreter, dessen Vorsitzender Christian Schreiber qua Amt sogar im Präsidium des Dachverbandes sitzt.
"Wir empfinden die Zusammenarbeit mit der Athletenkommission als wertvoll und gut. Auch wenn wir der Meinung sind, dass beide Seiten von einer intensiven Einbindung in den organisierten Sport profitieren, steht es den Athleten selbstverständlich frei, ihre Zukunft eigenständig zu organisieren", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann auf SID-Anfrage:
"Seitens des DOSB werden wir unbenommen vom Ausgang dieser Diskussionen auch weiterhin alles dafür tun, die Interessen unserer Sportler bestmöglich zu vertreten."
Derzeit werden Deutschlands Leistungssportler innerhalb des DOSB von einer siebenköpfigen Athletenkommission unter dem Vorsitz des Ruderers Schreiber repräsentiert. Alle Spitzenverbände haben zudem ihre eigenen Athletensprecher, die derzeit aber übergreifend kaum abgestimmt agieren. Das soll sich in Zukunft ändern.
Professioneller, freier, unabhängiger
Zudem fühlt sich das DOSB-Athletengremium in der jetzigen Konstellation "überfordert". "In den vergangenen zwei Jahren hatten wir viele wichtige Themen, das Anti-Doping-Gesetz, den Dopingskandal mit Russland, nun steht die Strukturreform an. Wir haben gemerkt, dass uns die Themenvielfalt als ehrenamtlich gewählte Gruppe überfordert", sagte Athletenkommissionsmitglied Max Hartung dem SID:
"Die Themen sind zu komplex, der Arbeitsaufwand einfach zu hoch. Wir vertreten als Athletenkommission an die 10.000 Sportler in Deutschland, und wir würden gerne professioneller, aber auch freier und unabhängiger vom DOSB die Athleten unterstützen."
Die Ausgestaltung der Pläne, so der ehemalige Fecht-Weltmeister Hartung, seien noch "total offen", ebenso eine mögliche Finanzierung.
"Werden mit dem DOSB sprechen"
"Am liebsten wäre mir persönlich eine komplette Unabhängigkeit, das ginge aber nur über ein Mitgliedschaftsmodell. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir bei den Einkommen, die die olympischen und paralympischen Sportler erzielen, eine Zahlungsbereitschaft zustande bringen würden, um eine funktionierende hauptamtliche Struktur auf die Beine stellen zu können", sagte Hartung: "Das heißt: Wir werden mit dem DOSB sprechen, mit der Sporthilfe, mit dem Sportausschuss und dem Bundesinnenministerium."
Hartung betont, dass man "nichts aus dem DOSB herausbrechen" wolle. Nur am Anfang seiner mittlerweile zweijährigen Arbeit in dem Gremium habe es "zu viele Versuche der Beeinflussung" gegeben. Mittlerweile bezeichnet er die Zusammenarbeit mit den DOSB-Bossen, allen voran mit Sportvorstand Dirk Schimmelpfennig, als "gut".
Entsprechend soll auch die DOSB-Athletenkommission in der derzeitigen Form beibehalten werden. "Aber wir sollten noch einen Schritt weiter gehen", sagte Hartung. Ein Gedankenspiel sei, dass die DOSB-Athletenkommission von einer "wie auch immer gearteten Athletengewerkschaft der Aufsichtsrat ist."