SPOX: Sie waren einer der wenigen Gewinner einer am Ende geglückten, trotzdem enttäuschenden EM-Qualifikationsrunde. Man hatte den Eindruck, dass Sie unbedingt die Chance nutzen wollten, die sich durch das anfängliche Fehlen der Summer-League-Teilnehmer ergab.
Tadda: Ich will niemandem einen Vorwurf machen, ganz im Gegenteil. Jeder muss seine Karrierechancen wahrnehmen und alles versuchen, um sich den Traum von der NBA zu verwirklichen. Das hatte für mich den positiven Effekt, dass ich in der ersten Phase der Vorbereitung viel mehr im Fokus der Trainer stand und das Augenmerk nicht auf die Summer-League-Spieler gerichtet war. Ich konnte mich dabei offenbar anbieten und ich nahm den Schwung mit in die EM-Quali.
SPOX: Nun übernimmt Ihr Ex-Trainer Chris Fleiming das DBB-Team. Sehen Sie dem zwiespältig entgegen, weil Sie unter ihm deutlich weniger Spielzeit hatten als unter Trinchieri?
Tadda: Ganz und gar nicht, ich freue mich eher. Ich würde Chris nie etwas vorwerfen, geschweige denn ihn als schlechten Trainer bezeichnen. Ganz im Gegenteil: Chris ist ein Coach, der gut mit deutschen Spielern arbeiten kann. Ich bin überzeugt, dass wir einen guten EM-Sommer 2015 haben werden.
SPOX: Nach den vergangenen Misserfolgen der Nationalmannschaft gibt es gewisse Spannungen. Man hat das Gefühl, dass sich die Spieler von der Öffentlichkeit missverstanden fühlen. Bastian Doreths deftige Twitter-Replik auf Frank Buschmanns Kritik steht stellvertretend dafür. Doreth schrieb: "Du bist ein unfassbarer Selbstdarsteller!" Wie sehen Sie das?
Tadda: Ich verstehe beide Seiten. Die Erwartungen waren viel größer, auch von uns selbst. Wir wollten uns eigentlich als Erster souverän für die EM qualifizieren und nicht so zittern. Wegen dem verspäteten Einstieg der Summer-League-Teilnehmer hatten wir allerdings Probleme, uns als Mannschaft zu finden. Da hätten wir uns von der Öffentlichkeit mehr Verständnis gewünscht. Dass dann aus der Enttäuschung heraus Frustaktionen entstehen, ist nachvollziehbar. Basti und Buschi haben jetzt alles geklärt und der Streit ist vom Tisch, Kapitel beendet.
SPOX: Womöglich wäre die EM-Quali missglückt, wenn Dennis Schröder in seinem ersten Nationalmannschafts-Sommer nicht derart überzeugt hätte. Sie haben ihn im Training häufig verteidigt: Wie gut ist er?
Tadda: Seine Schnelligkeit ist wirklich erstaunlich und er besitzt sehr viele Waffen. Er spielt nicht umsonst in der NBA und legt richtig starke Zahlen auf. Aber mir ist dabei wichtig zu sagen, dass ich ihn im Training häufig sehr gut verteidigt habe. (lacht)
SPOX: Anders als Schröder oder aus Ihrer Generation Robin Benzing, Lucca Staiger und Nicolai Simon gehörten Sie nie zu den Supertalenten des deutschen Basketballs. Hätten Sie sich das gewünscht?
Tadda: Nein, ich sehe es sogar als Vorteil, dass ich nie zu den Supertalenten gezählt habe. Ich konnte mich so in Ruhe verbessern, ohne die großen Erwartungen zu spüren. Daher war ich nie einem Druck ausgeliefert und lief Schritt für Schritt durch das Bamberger Jugendkonzept, bis ich bereit war für die Profis.
SPOX: Ist Ihnen daher der Weg von Alba Berlin sympathisch? Mit Akeem Vargas, Alex King und Jonas Wohlfahrt-Bottermann sind Nationalspieler im Kader, die früher ebenfalls in der zweiten Reihe standen.
Tadda: Na klar! Alba ist zwar ein Konkurrent, trotzdem kann man vor Ihrem Konzept den Hut ziehen. Berlin spielt sehr stark, sowohl defensiv als auch offensiv, und man merkt ihnen an, dass sie eine Einheit sind. Es hat Coach Sasa Obradovic schon immer ausgezeichnet, dass er eine Mannschaft formen kann und dabei den deutschen Spielern viele Anteile verschafft. Ich bin sicher, dass sie weiter erfolgreich bleiben.
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Karsten Tadda im Steckbrief