Lückenkemper lief bereits am Morgen als erste deutsche Sprinterin seit 26 Jahren die 100 m unter elf Sekunden. Im Siebenkampf liegt Carolin Schäfer nach vier Disziplinen an der Spitze und damit auf Medaillenkurs.
Vor 60.000 Fans und unter Gänsehautstimmung im Londoner Olympiastadion musste sich Bolt in seinem letzten 100-m-Finale erstmals geschlagen geben. In 9,95 Sekunden lag der elfmalige Weltmeister knapp hinter dem bereits 35 Jahre alten Gatlin (9,92) und dessen jungem US-Landsmann Christian Coleman (9,94).
"Es war mir eine Ehre. Natürlich hätte ich gerne gewonnen, aber ich bin glücklich", sagte Bolt, der mit minutenlangen Ovationen gefeiert wurde. Gatlin, der zwölf Jahre nach seinem Triumph von Helsinki wieder WM-Gold über 100 m holte, wurde derweil auf seiner Ehrenrunde gnadenlos ausgebuht. Der mehrfach als Dopingsünder überführte Sprinter bleibt der unbeliebteste Leichtathlet der Welt.
Hartin belegt nur Platz sechs
Kein Happyend gab es wie für Bolt auch für den dreimaligen Diskus-Weltmeister Harting beim Abschied von der WM-Bühne. Vor den Augen seines Bruders Christoph, der sich ein Jahr nach seinem Olympiasieg nicht für die Titelkämpfe qualifizierte hatte, blieb Robert Harting mit 65,10 m im Rahmen seiner Möglichkeiten, der Rückstand auf die Medaillen war am Ende gewaltig. "Ich hatte technische Probleme, und wenn man im WM-Finale damit anfängt, die zu lösen, dann kann man nicht mehr richtig werfen", sagte Harting in der ARD.
Gold sicherte sich überraschend der Litauer Andrius Gudzius (69,21) vor dem Schweden Daniel Stahl (69,19) und Mason Finley aus den USA (68,03). Stahl war mit einer Jahresbestleistung von 71,29 m als Topfavorit angereist, musste sich aber in der knappsten Diskus-Entscheidung der WM-Geschichte mit Silber begnügen.
Lückenkemper: "Einfach geil!"
Völlig aus dem Häuschen war derweil die 20 Jahre alte Lückenkemper nach ihrem Vorlauf-Coup über 100 m. Grandiose 10,95 Sekunden legte die Dortmunderin hin, als zuvor letzte Deutsche war Kathrin Krabbe mit 10,91 bei ihrem WM-Titel 1991 in Tokio unter elf Sekunden geblieben.
"Einfach geil! Ich wusste, dass es in mir steckt, mein Coach wusste, dass es in mir steckt. Es ist unbeschreiblich schön, dass es jetzt geklappt hat", sagte Lückenkemper, die ihre Bestzeit von den deutschen Meisterschaften Anfang Juli um sechs Hundertstel drückte: "Wir haben damit ein Zeichen gesetzt, nämlich dass deutscher Sprint geil ist, deutscher Sprint einfach was kann."
Lückenkemper zog als Vorlaufsschnellste ins Halbfinale (Sonntag, 20.10 Uhr) ein, in dieser Form ist Lückenkemper sogar eine Kandidatin für das große Finale (Sonntag/22.50).
Schäfer im Siebenkampf an der Spitze
Mehrkämpferin Schäfer fordert auf dem Weg zum Titel Olympiasiegerin Nafissatou Thiam heraus. Schäfer zeigte am ersten Tag des Mehrkampfes eine ganz starke Vorstellung und liegt nach vier Disziplinen mit 4036 Punkten an der Spitze. Topfavoritin Thiam folgt mit 22 Zählern Rückstand, die 22-Jährige hat unter normalen Umständen aber den etwas besseren zweiten Tag.
Um eine Medaille kämpft am Sonntag auch Kugelstoßer David Storl. Der zweimalige Weltmeister stieß in der Qualifikation 21,41 m und zog als Zweitbester ins Finale (21.35) ein. "Ich bin echt gut reingekommen, das gibt Selbstvertrauen", sagte der 27 Jahre alte Leipziger, der deutlich über der geforderten Marke von 20,75 blieb. Den stärksten Eindruck im am Samstagmorgen schon sehr gut gefüllten Olympiastadion hinterließ Hallen-Weltmeister Tom Walsh (Neuseeland), der im ersten Versuch auf 22,14 m kam.
Gold im Weitsprung sicherte sich als erster Afrikaner Luvo Manyonga aus Südafrika mit 8,48 m. Über 10.000 m war Äthiopiens Weltrekordlerin und Olympiasiegerin Almaz Ayana (30:16,32) eine Klasse für sich.