Maria Riesch hatte ihre Goldmedaille gerade erst erhalten, da wollte sie ihr Karl-Theodor zu Guttenberg schon wieder wegnehmen.
Doch die Olympiasiegerin widerstand der Charme-Offensive des Freiherrn im Deutschen Haus von Whistler, stürzte sich in ihre Party und ließ ihr funkelndes Edelmetall nicht mehr los.
"Ich wohne ja in einem Einzelzimmer. Da werde ich sie einsperren - und den Schlüssel mitnehmen", sagte die "Gold-Marie". Der Angriff des Bundesverteidigungsministers war nicht die erste gefährliche Situation für Rieschs Medaille.
Riesch: "Der große Druck ist jetzt weg"
Bereits als sie nach der Siegerehrung auf der Medal Plaza ihren Blumenstrauß ins Publikum warf, rutschte ihr das wertvolle Stück fast vom Hals. Die Gewinnerin der Super-Kombination stand offenbar noch zu sehr unter dem überwältigenden Eindruck des Augenblicks.
"Das war sehr emotional. Man steht da oben und die Hymne wird gespielt - wer weiß, ob ich sowas nochmal erleben darf. Das ist der schönste Moment, der Sportlern vergönnt ist. Am liebsten würde ich alles aufsaugen, abspeichern und festhalten. Aber das ist auch ein Ansporn, noch einmal da oben zu stehen", sagte Maria Riesch, die zehn Minuten vor Mitternacht das Deutsche Haus verließ.
Schon am Samstag beim Super-G könnte sie mit etwas Glück erneut aufs Podium fahren - und Riesch hat offenbar Geschmack an Edelmetall gefunden. "Der Hunger, eine Medaille zu gewinnen, wird nie gestillt. Der große Druck ist jetzt weg. Das hilft mir sicher für die weiteren Rennen. Und ich habe ja noch drei Chancen", sagte sie mit Blick auf die kommenden Rennen mit Super-G, Riesenslalom und Slalom.
"Für mich war Maria schon vorher eine der Größten"
Doch schon mit ihrem Erfolg in der Super-Kombi hat Maria Riesch alles erreicht, "was ich immer wollte. Ich gehöre jetzt zur Liga der Olympiasiegerinnen. Ich bin stolz und fühle mich geehrt, dass ich zu diesem elitären Kreis gehöre. Es kribbelt schon ein bisschen."
Noch am Mittwoch vor der Spezialabfahrt verspürte sie anstatt eines Kribbeln schlimmes Nervenflattern, Riesch fuhr völlig fertig auf Rang acht. Nur 24 Stunden später kam sie in alter Stärke zurück und krönte sich zur ersten deutschen Olympiasiegerin seit Hilde Gerg 1998 beim Slalom von Nagano.
"Sensationell, was Maria geleistet hat. Das war phänomenal", sagte Gerg, die das Rennen im "ZDF" kommentierte. Auch Rieschs Team staunte über die Qualitäten des Comeback Kid. "Ich kenne nicht viele Athleten, die sich von einem auf den anderen Tag wieder so aufbauen können. Das hat man oder hat man nicht. Aber für mich war Maria schon vorher eine der Größten", sagte Cheftrainer Mathias Berthold, der bei einer harten Aussprache nach der Abfahrt die letzten Prozente Leistung aus Riesch herausgekitzelt hatte.
Vonn: "Ich bin stolz auf Maria"
Riesch meinte zwar, dass ihr Bertholds "Holzhammer" auch "ein bisschen weh getan" habe. Doch der Coach erreichte damit sein Ziel. Mit Wut im Bauch und "supercool" (DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier) raste Riesch zu Kombi-Gold, wie vor ihr die Legenden Christl Cranz 1936 und Katja Seizinger 1998.
"Ich bin stolz und fühle mich geehrt, dass ich jetzt zu diesem elitären Kreis dazugehöre", sagte sie. Mit dem Olympiasieg hat sie ihre großartige Karriere gekrönt - lange, bevor das Ende absehbar ist. Dem ersten Weltcupsieg 2004 mit 19 folgten zwölf weitere, auch von zwei Kreuzbandrissen und der so verpassten Olympia-Premiere 2006 ließ sie sich nicht zurückwerfen.
Vor einem Jahr folgte der vorläufige Höhepunkt mit dem WM-Titel im Slalom - nach zuvor vier "Niederlagen", wie sie es selbst umschrieb. Sogar die große Lindsey Vonn (USA), die Riesch in der Abfahrt noch klar bezwungen und Gold geholt hatte, verneigte sich vor ihrer Freundin: "Ich bin stolz auf Maria. Sie hatte großen Druck, auch aus ihrem Heimatland. Sie hat unglaublich hart gearbeitet und sich diese Medaille verdient, weil sie eine tolle Sportlerin ist".
Berthold hofft auf Aufschung fürs ganze Team
Im Super-G will Vonn, die bei der Kombi im Slalom als Führende stürzte und Riesch so den Weg ebnete, wieder zurückschlagen. "Jetzt steht es 1:1, wie so viele gerne schreiben", meinte Riesch, "und am Samstag geht es dann weiter."
In der zweitschnellsten Disziplin war Riesch seit einem Jahr nicht mehr unter den Top 3, Berthold dämpfte deshalb die Erwartungen. "Man muss jetzt am Boden bleiben", sagte er, betonte aber: "Mit Gold um den Hals fährt es sich leichter."
Berthold erhofft sich von Rieschs Coup einen "Aufschwung für die gesamte Mannschaft", die mit Riesenslalom-Weltmeisterin Kathy Hölzl, Viki Rebensburg, Susanne Riesch und Felix Neureuther weitere heiße Eisen im Feuer hat.
"Zwei Medaillen waren unser Ziel. Jetzt müssen wir nur noch einmal aufs Podium ...", sagte Alpinchef Maier. Die Vorgabe würde Riesch am liebsten selbst erfüllen. "Ich will jetzt mit den Trainern und allen anderen anstoßen und werde sicher ein, zwei Gläschen trinken. Aber dann konzentriere ich mich auf die nächsten Rennen, ich habe hier noch viel vor", sagte sie. Spätestens nach dem nächsten Coup soll dann aus Gold Geld werden. "Mein Manager ist hier irgendwo", sagte Riesch.