Als der finale Buzzer in der American Airlines Arena ertönte, wusste Timothy Theodore Duncan zunächst nicht so recht wohin. Für den 37-Jährigen war die Situation auch mehr als ungewohnt. Zum ersten Mal in seiner Karriere verließ er eine Finalserie als Verlierer.
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Bei seinen ersten vier Endspielauftritten hatte "The Big Fundamental" am Ende stets die Larry O'Brien Trophy in die Luft stemmen dürfen.
Drei mal war er zudem als Finals MVP ausgezeichnet worden. Was tut man also als Gast auf der Party des Meisters? Duncan wusste es wohl auch nicht - und trottete unmotiviert Richtung Seitenlinie.Duncan wie in Trance
Bevor er allerdings in den Katakomben verschwinden konnte, fing Dwyane Wade ihn ab. "Ich habe ihm nur gesagt, dass er einer der größten Spieler aller Zeiten ist und dass es mir eine Ehre war, gegen ihn in die Schlacht zu ziehen," erläuterte der Heat-Star seine Worte.
Ob der vierzehnfache All-Star das an ihn gerichtete Lob überhaupt realisierte, darf jedoch mehr als bezweifelt werden. Duncan erlebte den Heat-Triumph wie in Trance und wirkte auch in der anschließenden Pressekonferenz noch kaum ansprechbar.
"Ich bin einfach nur maßlos enttäuscht," teilte er, sichtlich mitgenommen und nach Fassung ringend, der anwesenden Journalistenschar mit. "Dieses Spiel 7 wird mich wohl mein ganzes Leben lang verfolgen."
Verlegter Baby-Hook gegen Battier
Dabei lieferte "TD" nach seiner Galavorstellung in Spiel 6 (25 Punkte in Halbzeit eins) auch im alles entscheidenden Game 7 eine starke Partie (24 Punkte, 12 Rebounds) ab.
Als es jedoch in der letzten Minute darauf ankam den Ausgleich zu erzielen, versagten dem Big Man binnen weniger Sekunden gleich zwei Mal die Nerven. Vor allem sein auf dem Ring tanzender Baby-Hook gegen den wesentlich kleineren Battier wird ihm mit Sicherheit noch einige schlaflose Nächte bereiten.
Miami Heat vs. San Antonio Spurs: Hier geht's zum BOXSCORE
Unruhige Nächte werden auch auf Manu Ginobili zukommen, der durch seine Leistungsexplosion in Game 5 den Eindruck erweckt hatte, als könne er zuweilen immer noch ins helle Rampenlicht treten.
Der Argentinier machte statistisch gesehen zwar gar keine schlechte Partie (18 Punkte, 5 Assists), seine vier Ballverluste in den letzten zehn Minuten hinterlassen jedoch einen mehr als bitteren Nachgeschmack.
Ginobili: "Das ist schon brutal"
"So nah am Titel dran zu sein, die Trophäe quasi in den Händen zu halten und dann doch noch zu verlieren ist ganz schön brutal. Ich kann zwar nur für mich sprechen, aber Spiel 6 schwirrte mir schon im Kopf herum," gestattete Ginobili Einblicke in sein Seelenleben.
Angesichts des mentalen Nackenschlags vor wenigen Tagen, war es deshalb umso bemerkenswerter, welch eindrucksvolle Kollektivleistung die Spurs in Miami abriefen.
San Antonio ließ sich zu keinem Moment abschütteln, lag bis zum Endergebnis nie mehr als sechs Punkte zurück und verlor auch im Dreierregen von James und Battier selten seine spielerische Linie.
Popovich beweist wahre Größe
Eine Leistung, die auch Gregg Popovich anerkannte. Er nutzte die Gelegenheit, seiner Mannschaft ein großes Kompliment auszusprechen: "Ich weiß, dass meine Jungs alles gegeben haben, was in ihnen steckte. Ich bin mir nicht sicher, ob 'genießen' der richtige Ausdruck in diesem Kontext ist, aber um ehrlich zu sein, selbst in dieser bitteren Stunde bin ich unglaublich stolz auf das, was mein Team erreicht hat."
Überhaupt fiel auf, dass die Spurs, allen voran ihr Head Coach, wahre Größe in der Niederlage bewiesen. Sekundenlang umarmte Pop die beiden Heat-Superstars James und Wade, bevor er sich auch noch Erik Spoelstra herzlich zur Brust nahm und ihm einige, sichtlich ehrlich gemeinte Worte ins Ohr sprach.
Von einer Zepterübergabe zu sprechen, grenzt angesichts von Popovichs Errungenschaften fast an Blasphemie, es war jedoch nicht zu übersehen, geschweige denn zu überhören, dass der 64-Jährige eine hohe Meinung von Spoelstra hat: "Es macht nie Spaß zu verlieren, aber wir mussten uns einem besseren Team geschlagen geben. Pat Riley, Erik Spoelstra, der gesamte Coaching Staff, alle erledigen einen wundervollen Job. Das ist eine tolle Crew. Ich freue mich für sie."
Letzte Titelchance verspielt?
Trotz aller Fairness und sportlichen Anerkennung wurde man dennoch das Gefühl nicht los, als wüssten die Spurs ganz genau, dass sie für einige Zeit die vielleicht letzte große Titelchance verspielt hatten.
San Antonio hat zwar unlängst bewiesen, dass man niemals den Fehler begehen sollte sie abzuschreiben, irgendwann wird der Zahn der Zeit allerdings auch an den Spurs nachhaltig nagen. Bereits in diesem Sommer könnte es zu einem namhaften Abgang im Roster des viermaligen Meisters kommen.
Ginobili liebäugelt mit Karriereende
Manu Ginobili wird in einigen Wochen ein 36-jähriger Free Agent sein und der in den letzten beiden Jahren so unbeständige Argentinier hat bereits angekündigt, dass ein Karriereende durchaus eine ernsthafte Option für ihn darstellt. Hinzu kommt, dass auch Duncan nicht bis in alle Ewigkeit All-Star-Zahlen auflegen wird.
Es bleibt zu wünschen, dass der 37-Jährige noch ein, zwei Spielzeiten auf höchstem Niveau abliefern kann. Angesprochen auf ein mögliches Karriereende reagierte Duncan sauer: "Seit fünf, sechs Jahren gelten wir bei Euch schon als zu alt. Ich fasse es nicht, diese Frage beantworte ich nicht."
Ob einer der erfolgreichsten Power Forwards der NBA-Geschichte sein Niveau der jetzt abgelaufenen Saison noch lange halten kann, ist allerdings eine berechtigte Frage.
Natürlich werden die Texaner aber auch im nächsten Jahr über eine schlagkräftige Truppe verfügen und ziemlich sicher zum 17. Mal in Folge in die Playoffs einziehen. Damit San Antonio in den nächsten drei, vier Jahren erneut in die Finals einziehen wird, muss jedoch einiges zusammenkommen.
Leonard scharrt mit den Hufen
Der ohnehin unglaublich ausgeglichene Westen birgt einige Teams, die den diesjährigen Finalsspot der Spurs einnehmen wollen: Oklahoma City, die beiden LA-Franchises, Memphis, Golden State, um nur einige der heißeren Kandidaten zu nennen.
Die Spurs wären allerdings nicht die Spurs, wenn sie nicht bereits seit einiger Zeit einen langsamen Rebuild vorantreiben würden und dieser Neuaufbau wird vielleicht früher als erwartet sichtbar.
Kawhi Leonard hat in diesen Finals eindrucksvoll bewiesen, dass er nicht nur das Talent, sondern auch die nötige Clutchness besitzt, um das zukünftige Gesicht der Franchise zu sein.
Ende einer Ära, nicht der Spurs
Bevor der 21-Jährige bei den Sporen das Kommando übernimmt, werden jedoch noch einige Spielzeiten ins Land ziehen. Bis dato sind die Spurs weiterhin Parkers Team, und obwohl dem quirligen Franzosen gegen Ende der Finalserie etwas die Luft ausging, hat der Point Guard sicherlich noch einige gute Jahre als Anführer im Tank.
Von einem Ende der Spurs zu sprechen wäre deshalb mehr als vermessen und würde dem Potenzial einiger junger Spieler wie Danny Green oder Cory Joseph in keinster Weise gerecht werden.
Viel eher war Spiel 7 dieser Finalserie der wohl letzte gemeinsame Auftritt auf großer Bühne eines der erfolgreichsten Trios aller Zeiten.